Die Sticky Fingers sind einer der vielen musikalischen Exportschlager aus Australien. Schon das Debütalbum „Caress Your Soul“ (2013) war ein Meisterwerk. Nur sechs Jahre später touren sie mit ihrem vierten Studioalbum „Yours To Keep“ durch Nordamerika und Europa und statteten auch Köln am vergangenen Wochenende einen Besuch in der Live Music Hall ab.
Angefangen haben die Sticky Fingers wie so viele andere Australische Künstler mit Straßenmusik. Nachdem Bassist Paddy Cornwall und Drummer Beaker Best den jetzigen Leadsänger, Gitarristen und Frontman Dylan Frost beim Musizieren auf den Straßen Sydneys begegneten, formierten sich wenig später die Sticky Fingers. 2009 spielten sie ihre ersten Konzerte in kleineren Pubs ihres Sydney Suburbs Newtown. Doch schon bald suchten sie die große Bühne und fragten beim Newtown Festival einen Line-up Platz an. Nachdem sie abgelehnt wurden entschlossen sie sich kurzerhand selber eine Bühne in der Nähe des Festivals aufzubauen und trotzdem zu spielen. Der Mut zahlte sich aus, denn von diesem Tag an ging es steil bergauf. Es folgten drei EP‘s und dann das Debütalbum Caress Your Soul, welches endgültig den Erfolg der Band besiegelte.
Die Musik der Sticky Fingers ist eine bunte Mischung aus Rock, Ska, Reggae, Psychadelic und Indie Rock. Oder wie sie selbst sagen: „a melting pot of psych, rock, reggae & bourbon“. Oft auch als „Surf Music“ bezeichnet, singen die Sticky Fingers von den schönen Seiten des Lebens. Vom Leben am Strand, Musik, Partys und Frauen. Ihr Song „Australia Street“ fängt beispielsweise an mit: „It was a real sunny day, we were chillin in the land“ oder in „Kiss the Breeze“: „In a daze, because I‘m doing what I love and I won‘t leave the stage until you motherfuckers jump“. Die schönen Dinge des Lebens über die Dylan Frost singt stehen allerdings im krassen Kontrast zu seiner jüngsten Vergangenheit.
Full of self-destructiveness
Skandal folgte auf Skandal, bis die Band sich entschied im Interview bei dem australischen Radiosender Triple J mit den Vorwürfen aufzuräumen und sich zu entschuldigen. Doch das Interview ging nach hinten los und verselbstständigte sich selbst zum Skandal der schließlich dazu führte, dass die Band auf der schwarzen Liste von Triple J landete und bis heute nicht mehr gespielt wird. Doch was ist passiert? Dylan Frost wurde unter anderem vorgeworfen die Band „Dispossessed“ beleidigt und die Sängerin Thelma Plum belästigt zu haben. Seither hat sich Dylan dazu bekannt sich unter Alkoholeinfluss öfter falsch verhalten zu haben und Besserung gelobt. Auf Facebook äußerte er sich dazu wie folgt:
„In recent times my behaviour for a large part has been unacceptable – I’m writing here and now with a heavy heart admitting this, and wish I had faced my issues earlier.[…] I have been dealing with alcohol addiction and mental health issues. Last year I was diagnosed with bipolar schizophrenia and have struggled to deal with that. This is not an excuse, but it hopefully means I can get better.“
Daraufhin entschied sich die Band für eine Pause, in der Frost sich in eine Entzugsklinik begab, um seine Alkoholsucht und seine psychischen Probleme in den Griff zu bekommen.
Knapp zwei Jahre später kündigten die Sticky Fingers ihr Comeback an und gingen zu Triple J, um mit den Vorwürfen aufzuräumen. Sie entschuldigten sich für vergangene Vorfälle und bei jedem, der sich durch ihr Verhalten angegriffen gefühlt hat. Den Großteil des Interviews führte jedoch Paddy Cornwall. Dylan Frost selber schien durch das ganze Interview hinweg nicht richtig auf der Höhe gewesen zu sein und konnte sich kaum artikulieren. Die Band sagte im Interview außerdem, dass sie jetzt clean seien und vorhaben auch auf der Tour nüchtern zu bleiben.
Frost is lost
Man könnte meinen das neue Album spiegelt die Erfahrungen der vergangenen Jahre wieder. In der zweiten Singleauskopplung „Cool & Calm“ singt Frost zum Beispiel: „Back when it was darknessfull of self-destructiveness“ und im selben Song die Zeilen: „See sometimes it might seem hard but you gotta push on to the next frame of mind“.
Auf dem Konzert spielten die Sticky Fingers jedoch über zwei Stunden lang nicht nur Neues, sondern auch viel Altbekanntes. Mit Support der Brass Band „True Vibenation“ haben sie den Schweiß förmlich von der Decke tropfen lassen. Mal eskalative moshpits und mal melancholisch schön mit Feuerzeugwedelei. Die Studioaufnahmen wurden dabei nicht nur stumpf live performt, sondern teilweise auch neu interpretiert.
Doch so gut das Konzert auch war, nüchtern war die Band auf jeden Fall nicht. Als ich an der Bar stand habe ich noch gesehen wie Dylan ein Bier bestellte und in einem Zug weg trank. Und auch sonst haben, trotz der tadellosen Performance, alle ein bisschen betrunken gewirkt. Dazu kommt noch, dass Dylan Frost am nächsten Morgen spurlos verschwunden zu sein schien. Die Sticky Fingers posteten auf Instagram ein Bild ihres Frontmanns mit der Bildunterschrift: „LAST SEEN IN COLOGNE – Has anyone seen Dylan Frost if you have, please DM the band […]. We have a show in Berlin tonite.“
Inzwischen ist er wohl wieder aufgetaucht, da die Show in Berlin bereits gespielt und der Post wieder von Instagram gelöscht wurde. Jetzt bleibt nur noch zu hoffen, dass Dylan seine Sucht und seine psychischen Probleme in den Griff bekommt. Auch, damit es in Zukunft noch einiges mehr von den Sticky Fingers zu hören geben wird und sie noch viele dieser grandiosen Liveshows spielen können, aber vor allem für ihn selbst und sein Umfeld.