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Bundestagswahl 2025: Diese Zeitenwenden sind im Angebot

Lesezeit: 7 Minuten


Am 24. Februar 2022 überfällt Russland die Ukraine, am 7. Oktober 2023 flammt mit einem Überfall der Hamas der Konflikt im Nahen Osten wieder auf und am 20. Januar kehrt Donald Trump zurück ins Weiße Haus. Seit den letzten Bundestagswahlen hat sich außenpolitisch viel getan. Doch wie damit umgehen? Welche Partei will was in der Außen- und Sicherheitspolitik?

Bedingt abwehrbereit

Die Zahl der gewaltsamen Konflikte hat seit der letzten Bundestagswahl 2021 deutlich zugenommen. Und nicht nur das: Der Krieg ist zurück in Europa. Seit Februar 2022 blickt Deutschland deshalb wieder vermehrt auf die Bundeswehr und fragt sich: Kann die Bundesrepublik im militärischen Ernstfall überhaupt bestehen? 

Viele Parteien schauen bei dieser Frage zuerst einmal aufs Geld. Wie viele finanziellen Mittel soll die Bundeswehr überhaupt bekommen? Im Verteidigungsbündnis NATO hat sich Deutschland dazu verpflichtet, mindestens 2% des eigenen Bruttoinlandsproduktes (BIP) in die Bundeswehr zu investieren. Fast alle Parteien bekennen sich in ihren Wahlprogrammen zu diesem Ziel und wollen es auch in den kommenden Jahren erreichen. Mit dem Geld soll die Bundeswehr dann besser und vor allem auch moderner ausgestattet werden. Lediglich zwei Parteien, Die Linke und die AfD, äußern sich nicht dazu. Das BSW ist die einzige Partei, die 2% des BIP für zu viel hält und lieber weniger in die Bundeswehr investieren würde. 

Die CDU hat zudem eine Diskussion über die Wehrpflicht angestoßen. Seit 2011 ist die allgemeine Wehrpflicht ausgesetzt. Die CDU fordert jetzt, dass alle jungen Menschen in Deutschland ein verpflichtendes Gesellschaftsjahr absolvieren müssen und dafür auch zur Bundeswehr gehen können – allerdings nur so viele, wie die Bundeswehr auch aufnehmen kann. Dieser Forderung schließt sich so erstmal keine andere Partei an. Die Grünen, SPD und FDP fordern aber eine Unterstützung des freiwilligen Wehrdienstes und den Aufbau eines Rekrutierungsmechanismus, in dem alle wehrfähigen Menschen für den Ernstfall erfasst sind. Diese drei Parteien wollen auch, dass die Bundeswehr als Arbeitgeber attraktiver wird. Die Linke und das BSW sprechen sich explizit gegen eine Wehrpflicht aus. 

In Bezug auf die Bundeswehr hat die AfD noch eine weitere Forderung: Sie möchte die Bundeswehr auch „ideell revitalisier[en]“ und die „Bindung unserer Soldaten zu Deutschland“ stärken, unter anderem indem Liedgut und Brauchtum in der Bundeswehr wieder mehr gepflegt werden sollen. Die Grünen fordern im Bezug auf die gesellschaftliche Ausrichtung der Bundeswehr, dass diese die Vielfalt der Gesellschaf widerspiegeln soll.

Auch in der internationalen Zusammenarbeit im militärischen Bereich gibt es einige Differenzen. Die Linken fordern, dass die NATO, das westliche Verteidigungsbündnis, langfristig durch eine Kooperation nur auf EU-Ebene ersetzt wird. Die meisten anderen Parteien wollen zwar auch eine stärkere Zusammenarbeit auf EU-Ebene in militärischen Bereichen – und sogar eine europäische Armee (FDP) oder eine EU-Verteidigungsunion (CDU) -, aber gleichzeitig auch ein Beibehalten der NATO. Das BSW möchte generell, dass sich die NATO weniger in Konflikte einmischt und defensiver wird. Die AfD betont, dass für sie die NATO zwar akzeptabel ist, aber nur eine zeitlich begrenzte Lösung darstellt.

Ein wichtiger Faktor neben der Bundeswehr sind die Unternehmen in Deutschland und Europa, die militärische Sachen herstellen. Die Grünen, SPD, FDP und CDU wollen hier, dass die Rüstungsindustrie in Europa gestärkt und die Zusammenarbeit verbessert wird. Dabei soll es keine doppelten Strukturen geben, sondern die Unternehmen in unterschiedlichen europäischen Ländern sollen sich lieber ergänzen. Die AfD möchte nicht die ganze europäische Rüstungsindustrie, sondern lieber nur die Deutsche stärken. Das BSW ist die einzige Partei, die strengere Regeln für die Rüstungsindustrie fordert. So sollen Betriebe die Kosten für Preissteigerungen und Produktionsverzögerungen selbst bezahlen statt wie bisher die Käufer:innen, in Deutschland also die Bundeswehr. 

Und außerhalb der Bundeswehr?

Im Ernstfall, sei es ein Krieg oder eine Naturkatastrophe, kommt es aber nicht nur auf die Soldat:innen der Bundeswehr an. Auch die Zivilbevölkerung sollte vorbereitet sein, finden die meisten Parteien. Denn in Deutschland wird immer wieder kritisiert, dass es beim Bevölkerungsschutz nicht so ganz rund läuft. 

Die Grünen wollen deshalb, dass THW und Feuerwehr mehr Unterstützung bekommen. Die SPD fordert zudem einen besseren Ausbau der Warnstrukturen – genau wie die CDU. Die AfD fordert vor allem mehr Schutzräume für die Zivilbevölkerung. 

Einige Parteien wollen aber nicht nur auf der praktischen Ebene Sachen umsetzen, sondern auch auf der strukturellen Ebene etwas verändern. Die Grünen finden, dass es mehr Kompetenzen zum Thema Bevölkerungsschutz auf Bundesebene geben sollte. Die FDP möchte die Einrichtung eines nationalen Sicherheitsrates und die CDU fordert eine ausführlichere nationale Sicherheitsstrategie. 

Die Linken und das BSW äußern sich in ihren Wahlprogrammen gar nicht zum Thema Bevölkerungsschutz. 

Die lieben Nachbarn 

Der wichtigste Partner für Deutschland wohnt direkt nebenan – die EU. Die meisten Parteien sind zufrieden, dass es das Projekt Europäische Union gibt und möchten es gerne noch ausweiten und verbessern. Es gibt aber zwei Ausnahmen: Das BSW bekennt sich zwar zur EU, so wie sie jetzt gerade ist, möchte aber nicht, dass noch mehr Länder der EU beitreten oder dass die EU noch mehr Zuständigkeiten bekommt. Die AfD findet, dass die Staaten der EU wieder mehr Souveränität, also Eigenständigkeit, bekommen sollten und sich die EU wieder aus mehr Sachen raushalten sollte.

Die Grünen, SPD, FDP und CDU wollen dagegen eine Weiterentwicklung der EU, auch mit neuen Mitgliedsstaaten. So sollen die Beitrittsverhandlungen, die die EU gerade mit einigen Balkanstaaten führt, weiter vorangetrieben werden. Alle Parteien, die für eine Erweiterung der EU auf dem Balkan sind, wollen aber, dass diese Länder für ihren Beitritt die sogenannten Kopenhagener Kriterien erfüllen. Darunter fällt zum Beispiel, dass der beitretende Staat eine Demokratie und ein Rechtsstaat sein muss. Die SPD betont, dass die EU über das Instrument des Beitritts viel Macht hat, um Frieden und Demokratie in diesen Ländern zu stärken. Die CDU will zudem, dass die Beitrittskandidaten neben den Kopenhagener Kriterien auch nach ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit beurteilt werden. Die Grünen, SPD und FDP setzen sich zudem dafür ein, die Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine und Moldau aufzunehmen, wenn der Ukrainekrieg zu Ende ist. Auch wollen die Grünen und die SPD die Pro-EU- und Pro-Demokratie-Bewegung in Georgien unterstützen. 

Diese vier Parteien wollen neben der Erweiterung der EU auch eine Vertiefung der EU und fordern deswegen unterschiedliche Reformen. So soll laut Grünen, SPD und FDP das Europäische Parlament das direkte Initiativrecht bekommen, also nicht nur über Gesetze abstimmen dürfen, sondern auch welche vorschlagen können. Dieser Forderung schließt sich auch Die Linke an. Die Grünen, SPD und FDP wollen auch, dass es in bestimmten oder sogar in allen Bereichen der EU-Politik kein Einstimmigkeitsprinzip mehr gibt. Das bedeutet ein einzelner Staat kann kein Veto mehr gegen eine bestimmte Entscheidung einlegen. Die FDP will zudem, dass die Europäische Kommission kleiner wird. Die CDU möchte gerne alle Institutionen und Arbeitsweisen der EU reformieren und unter anderem ein Kontrollgremium zum Bürokratieabbau einführen.

SPD, FDP und CDU betonen zudem, dass ihnen Freundschaften innerhalb der EU sehr wichtig sind und sie das sogenannte Weimarer Dreieck, also die Beziehungen zwischen Frankreich, Polen und Deutschland, weiter stärken wollen. 

Wer ist Freund und wer ist Feind? 

Auch außerhalb der EU spielt sich natürlich einiges an interessanter Außenpolitik ab. Aber mit wem sollte sich Deutschland gut stellen? Die Parteien haben da unterschiedliche Ansichten, vor allem, da in den letzten zwei Jahren so einige Dinge passiert sind. 

Am 25. Februar 2022 hat Russland die Ukraine überfallen und seitdem gibt es zwei Lager in der deutschen Parteienlandschaft. Die Linke, das BSW und die AfD möchten die aktuelle Russland-Ukraine-Politik der Bundesrepublik verändern. Dabei fordern sie ein Ende der Sanktionen gegen Russland (BSW), mindestens aber im Energiesektor (AfD) oder Sanktionen, die die russische Zivilbevölkerung nicht treffen (Die Linke). Die Linke und das BSW sprechen sich zudem dafür aus, keine Waffen mehr an die Ukraine zu liefern und sofort in Verhandlungen mit Putin zu gehen. Die anderen Parteien wollen dagegen die Sanktionen beibehalten oder sogar ausweite. Auch sollen weiter Waffen in die Ukraine geliefert werden, die FDP will sogar, dass die Ukraine Marschflugkörper des Typs Taurus erhält.

Auch im Nahen Osten ist seit Oktober 2023 ein Konflikt wieder entflammt. Alle Parteien außer der AfD bekennen sich in ihrem Wahlprogramm zur Zwei-Staaten-Lösung. Die Parteien sind also dafür, dass es langfristig sowohl einen Staat Israel als auch einen palästinensischen Staat geben soll. Die Linke und das BSW wollen deswegen keine Waffen an Israel mehr liefern. Die anderen Parteien sehen das anders und finden, dass Israel mit Waffen unterstützt werden sollte, um sich gegen die Terrororganisation Hamas zu verteidigen. Die Grünen und die SPD betonen aber auch, dass der Fokus darauf liegen sollte, das Leiden der Zivilbevölkerung zu beenden. Die AfD äußert sich fast gar nicht zum Konflikt im Nahen Osten und fordert lediglich ein Ende des militärischen Konflikts, um Migration zu verhindern. 

Wo die Welt zusammentrifft 

So viele Konflikte, die ungelöst sind. Nach dem Zweiten Weltkrieg haben sich eigentlich ja einige Nationen ein Forum überlegt, in dem sich die Welt trifft, ihre Probleme diskutiert und im Idealfall löst: Die UN. In allen politischen Lagern gibt es Parteien, die die UN reformieren wollen, meistens um sie handlungsfähiger zu machen. So wollen die Linken mehr Macht für die UN-Generalversammlung, in der alle Länder vertreten sind. Die SPD und Grünen fordern eine Abschaffung des Vetorechts im Sicherheitsrat, in dem nur einige Länder vertreten sind, fünf davon dauerhaft. Diese haben auch das Vetorecht. Da dazu auch Russland, China und die USA zählen, kommt es recht häufig vor, dass sich diese Länder nicht einig werden und Beschlüsse mit ihrem Vetorecht verhindern. Die AfD dagegen fordert keine Reform des Systems, sondern einen ständigen Sitz in diesem Sicherheitsrat für Deutschland. Die AfD fordert zudem ähnlich wie bei der EU mehr Souveränität für Nationalstaaten und möchte den Migrations- und Flüchtlingspakt der UN aufkündigen. 

Parteien links der Mitte weisen dagegen in ihren Wahlprogrammen auf Abkommen in der UN hin, die sie besser einhalten wollen. So bekennen sich Grüne, SPD und FDP explizit zu den Menschenrechtskonventionen und der UN-Charta. Die FDP fordert sogar eine strengere Ahndung bei Verstößen. Die SPD geht auch noch einmal extra auf das Pariser Klimaabkommen ein und fordert dessen Einhaltung. Generell fordern diese drei Parteien zusammen mit Die Linke eine Stärkung der UN. Die CDU und das BSW äußern kaum konkrete Vorhaben in Bezug auf die UN in ihren Wahlprogrammen. 

Die Linken, Grünen und SPD fordern zudem auch eine Einhaltung des 0,7%-Ziel Bruttonationalprodukts für die Entwicklungshilfe. Nach diesen drei Parteien soll die Entwicklungspolitik auch vor allem wertegeleitet sein, also zum Beispiel die Gleichberechtigung durch die Entwicklungspolitik gefördert werden. Dafür ist auch die CDU. FDP und AfD sind dagegen eher für eine interessengeleitete Entwicklungspolitik. Sie wollen also vor allem dort unterstützen, wo es auch einen Nutzen für die Bundesrepublik gibt. Die AfD will außerdem auch eine generelle Kürzung der Finanzleistungen in der Entwicklungspolitik. 

Und jetzt?

In der Außen- und Sicherheitspolitik hat sich in den letzten drei Jahren einiges bewegt. Dementsprechend haben die Parteien auch mit ihren Wahlprogrammen auf die aktuelle Lage reagiert. Die häufigsten Themen in den Wahlprogrammen ist der Umgang mit den Konflikten zwischen Russland und der Ukraine sowie im Nahen Osten. Wer unterstützt und wer sanktioniert werden soll, dazu unterscheiden sich die Haltungen der verschiedenen Parteien teils deutlich. Durch diese Konflikte ist aber auch eine neue Sicherheitslage für Deutschland entstanden, weswegen sich die Parteien in den Wahlprogrammen auch viel mit der Bundeswehr und ihrem Zustand beschäftigt haben. Die meisten wollen aufrüsten, aber wie, dazu gibt es unterschiedliche Ansätze. Eine Frage, die für die Parteien der demokratischen Mitte unverhandelbar ist, die an den Rändern aber durchaus gestellt wird, ist die Frage nach der EU. Ganz generell haben die Parteien sehr unterschiedliche Meinungen, wie wichtig gute internationale Beziehungen überhaupt sind, welchen Nutzen wir aus ihnen ziehen und wie intensiv sie folglich gepflegt werden müssen und mit welchem Ziel.

Hinweis: Die Inhalte des Artikels  basierend auf den Wahlprogrammen der genannten Parteien für die Bundestagswahl 2025 und haben kein Anspruch auf Vollständigkeit.