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Ein epischer Abend – Vorpremiere von Teresa Reichls Comedy-Programm „Bis Jetzt“ in Köln

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Es war ein besonderes Stand-up-Programm, das uns am 11. Mai im Senftöpfchen in Köln erwartete. Es war ein Epos, direkt aus der klassischen Literatur. Ihr Leben – eine Heldinnenreise mit Höhepunkten und temporären Rückschlägen. Damit ist Teresa Reichl vielleicht die erste Heldin der (Comedy-)Geschichte. Der Name des Werkes? – „Bis Jetzt“.

Bayern will eine Extrawurst, und die ist nicht vegan

Eigentlich hat Teresa Reichl Deutsch und Englisch auf Lehramt studiert. Statt dem Lehramt geht sie aber dann ins Kabarett. Warum? – Das wird klar, als sie vom bayerischen Staatsexamen erzählt. Diese Hürde hat sie zwar genommen, aber dann den Absprung in die Comedy geschafft. Teresa ist direkt zu Beginn schon politisch, und entzaubert besonders erzkonservative Politiker aus Bayern. Sicher ist aber auch, dass Literatur generell in ihrem Programm eine große Rolle spielt. So erfahren wir, was Thomas Mann, Fußball und Jesus gemeinsam haben (nämlich schlimmere Fans als die von Goethe). Und, was Dantons Tod von Büchner mit der FDP zu tun hat (,weil Danton der Christian Lindner der französischen Revolution ist). Teresa Reichl kritisiert scharfsinnig den alten, weißen, männlichen Literaturkanon und seine Verehrer.

Wohin die Reise geht?

All das beschreibt Teresa Reichl amüsant und natürlich unglaublich witzig. Und dabei orientiert sie sich beim Aufbau an einer klassischen Held*innenreise, samt epochalen Jubelsounds – eingespielt von einem kleinen Soundboard. Das Publikum lacht beinahe die ganze Zeit. Doch an einigen Stellen wird es ganz still im Saal. Zum Beispiel, wenn sie erzählt, wie ihre besten Freundinnen aus der Schule ihr sagten, dass sie „zu viel“ sei. Teresas Heldenreise ist auch eine Reise hin zu einem Leben mit Freundinnen, die für einen da sind – und einem im Malta-Urlaub eine Excel-Tabelle erstellen, nachdem man sich den Fuß gebrochen hat und in einer Lebenskrise steckt. Und alle, die es im Publikum hören müssen, ermutigt sie: „Es gibt da draußen Leute, die die Musik gut finden, die ihr gut findet. Es gibt Leute, die die Filme gucken, die ihr guckt.“ Für manche Sachen im Leben bräuchte man einfach länger, und das ist auch vollkommen in Ordnung. Zum Beispiel, wenn der TikTok-Algorithmus vor einem selbst merke, dass man auf Frauen steht.

Ein Leben als queere Frau

Teresa Reichl erzählt Anekdoten aus ihrem Leben, die für viele (junge) queere Frauen relatable sind. Es sind Geschichten davon, an einem Ort aufzuwachsen, an dem man sich nicht zugehörig fühlt. Es geht um Dates mit Männern (an dieser Stelle könnte man eigentlich schon einen Punkt machen) – das Publikum darf entscheiden, ab wann ein Date eine „Red Flag“ ist – und auch darum, dass Frauen zu daten nicht immer einfacher ist. Denn als Frau lernt man in unserer Gesellschaft nicht, wie man den ersten Schritt macht (Stichwort: Lesbian Sheep Syndrome). Herzerwärmend wird es, wenn sie von ihrer Freundin und ihrem dreibeinigen Kater erzählt.

Fazit: Manchmal ist es auch viel schöner, wenn das Leben nicht so läuft, wie man es geplant hat.

Das epische Finale

Bevor der Abend aber ganz zu Ende ist, spielt Teresa Reichl eine musikalische Zugabe, von der man sich eigentlich ein ganzes Musical wünscht. Zum Schluss gibt es Standing Ovations vom Publikum – und das vollkommen zurecht. Teresa Reichl ist eine Bereicherung für die deutsche Comedy-Szene, denn – surprise! – nicht nur der Literaturkanon ist zu alt, weiß und männlich. Man kann sich also nur darauf freuen, wenn Teresa Reichl im Oktober noch einmal mit „Bis Jetzt“ nach Köln kommt.