Schon der Trailer zum Film verrät: Hundreds of Beavers ist anders als alles, was man bisher im Kino gesehen hat. Regisseur Mike Cheslik besticht mit einer Stummfilm-Slapstick-Komödie, die vor Kreativität sprüht – und schießt damit etwas übers Ziel hinaus.
Die Story ist eigentlich ganz simpel: Nachdem seine Farm explodiert, beschließt der Apfelbauer Jean Kayak (Ryland Tews) es fortan als Pelzjäger zu versuchen. Im verschneiten Wald baut er diverse Fallen, um Hasen, Waschbären und Biber zu fangen. Die sind jedoch sehr viel intelligenter als gedacht und schaffen es immer wieder, Jean auszutricksen. Als er sich schließlich in die Tochter eines Pelzhändlers verliebt, fordert dieser einen hohen Preis: Jean soll ihm die titelgebenden Hundreds of Beavers, also hunderte von Bibern bringen, wenn er um die Hand seiner Tochter anhalten will.
Der Inhalt ist dabei gar nicht das Besondere am Film. Es geht vielmehr um den außergewöhnlichen Stil, angefangen bei der Tatsache, dass die tierischen Waldbewohner von Menschen in Tierkostümen gespielt werden.
Der Stoff, aus dem (Alb-)Träume geschaffen sind
Auffallend sind besonders zwei Sachen: es ist ein Stummfilm und er ist komplett in Schwarzweiß gehalten. Damit passt er auf den ersten Blick gar nicht in die heutige Zeit, sind dies doch Merkmale der frühen Filmgeschichte. Aber gerade das hat mein Interesse für diesen Independent-Film geweckt, denn er weicht damit von dem konventionellen Schema des Mainstream-Kinos ab. Und damit nicht genug: der Film nutzt unterschiedliche visuelle Darstellungsformen und integriert zum Beispiel Bilder, die aussehen, als wären sie aus einem Comic ausgeschnitten, in eine wirklichkeitsgetreue Umgebung. Hundreds of Beavers vermischt phantastische und traumhafte Elemente mit der Realität, was ihn zu einem Paradebeispiel surrealistischer Filmkunst macht. Alles daran ist so absurd, was nicht zuletzt an den menschengroßen Bibern liegt, die im Kampf gegen den Pelzjäger auch ziemlich brutal agieren. Als Kind hätte ich vor diesem Film Angst gehabt, denn er erinnert mich an damalige Super RTL-Serien wie Blue’s Clues und Angela Anaconda, die jede meiner Freundinnen irgendwie gruselig fand, aber dennoch geguckt hat. Denn auch wenn dieser Film einem Fiebertraum nahekommt, finde ich es faszinierend, wie viele kreative Ideen hierin verarbeitet sind. Bei einem Budget von nur 150.000 US-Dollar ist dies umso beeindruckender.

Realfilm und Cartoon zugleich
Wenn Ryland Tews vom Baum fällt, tut er dies nicht einfach so, sondern er fällt viel zu lange und natürlich genau in einen stacheligen Busch hinein, der weit und breit der einzige zu sein scheint. Solch einer physikalisch unmöglichen Logik, wie man sie aus Cartoons kennt, folgt der Film
durchgehend. Um zu symbolisieren, dass ein Tier tot ist, werden seine Augen mit zwei Kreuzen dargestellt. So hat es schließlich jedes Kind in alten Zeichentrickfilmen gelernt. Simpel und für alle verständlich – aber teilweise fand ich es dann doch zu überspitzt. Wenn der Protagonist
immer wieder denselben Fehler begeht, erwartet man auch dasselbe Resultat. Und so ist es auch hier der Fall, dass Handlungsmotive mehrmals hintereinander wiederholt werden und Jean immer auf die gleiche Weise vom Baum fällt. Auch wenn sowas natürlich Teil des Cartoon-haften
Stils ist, war für mich schon nach wenigen Wiederholungen der Witz verloren.
Gute Kenntnisse in After Effects – Ein Arbeitsnachweis
In einem Interview mit Variety (https://variety.com/2024/film/news/hundreds-of-beavers-movie- indie-black-and-white-1235989123/) erzählt der Regisseur Mike Cheslik, dass er mit dem Film drei Elemente verbinden wollte: sein Wissen über Schnee, Tews‘ unheimlich gute Fähigkeit, umzufallen und seine Skills mit Adobe After Effects. So viel muss man dem Mann lassen, dass er kreativ mit der Software umgehen kann, merkt man auf jeden Fall. Beispielsweise suggeriert der Film manchmal den Eindruck, als ob man gerade ein Videospiel spielt, wenn der Protagonist seine nächste Waffe aussucht, als würde er dies mit einem Controller vor einem Computerbildschirm tun. Und auch die vermenschlichten Biber holen mich immer wieder ab, wenn sie als Persönlichkeiten auftreten, die wir aus unserem realen Leben kennen. Angelehnt an Slapstick-Komödien aus den 1920er Jahren liegt der Fokus hier auf körperbezogenen, visuellen Formen der Komik, die mir am Ende leider doch zu viel wurden.

Zu absurd, um bis zum Schluss durchzuhalten?
Hundreds of Beavers ist anders als alles, was man kennt. Er ist total skurril und das will er ja auch sein – trotzdem war es mir am Ende etwas too much. Der Film lief in Deutschland schon 2024 auf den Fantasy Filmfest White Nights an. Daher habe ich im Vorhinein viel Gutes über ihn gehört, vor allem, dass er extrem lustig sein soll. Witzig fand ich ihn auch, allerdings habe ich nicht so viel gelacht, wie durch die positiven Kritiken erwartet. Das hat sich dann in einem Lächeln mit anschließendem Kopfschütteln geäußert, weil ich eher darüber amüsiert war, wie albern und absurd dieser Film ist. Für mich waren es etwas zu viele überspitzte Gags, aber vielleicht ist der Slapstick-Witz auch einfach nicht mein Fall. Auch die Laufzeit von 108 Minuten hätte deutlich kürzer sein können, um den Film besser zu tragen. Denn die letzten zwanzig Minuten haben sich dann doch repetitiv angefühlt, statt mit neuen Ideen zu glänzen. Nichtsdestotrotz lohnt es sich, den Film zu schauen, da es wirklich eine besondere Erfahrung ist.
Langweile kommt nicht auf, es gibt immer etwas Neues zu entdecken. Wenn ihr Fans von unkonventionellem Independent-Kino seid, kommt ihr hier auf jeden Fall auf eure Kosten! In Bonn läuft Hundreds of Beavers seit dem 13. Februar in der Brotfabrik und in der Neuen Filmbühne.