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RADIOlogie: Schlaf und Träume

Lesezeit: 6 Minuten

Alle tun es. Manchen fällt es schwer, anderen weniger. Manche können es bewusst steuern, manchmal lässt es auch die schlimmsten Albträume real erscheinen. Wir verbringen etwa ein Drittel unseres Lebens mit ihnen: Schlaf und Träume.

In jeder Ausgabe der Radiologie, der Wissenschaftssendung bei bonnFM, durchleuchten wir ein spannendes Thema. Hier haben wir für euch die Inhalte, Quellen und Statistiken zu unseren Beiträgen aufbereitet.

Lust auf mehr Radiologie? Hier findet ihr alle bisherigen Ausgaben.

Warum brauchen wir Schlaf und wie viel ist gesund?

Wir verschlafen circa ein Drittel unseres Lebens – doch warum eigentlich? Und was macht guten Schlaf aus? Diese und andere Fragen hat uns Herr Dr. Sebastian Zaremba, Neurologe und stellvertretender Leiter des Neurologischen Schlaflabors am Universitätsklinikum Bonn, im persönlichen Interview beantwortet.

Schlaf benötigen wir einerseits, um Energie zu sparen und andererseits, damit unser Gehirn gelernte Informationen einordnen kann. Während wir schlummern, wird Gelerntes entweder im Kurzzeit- oder Langzeitgedächtnis gespeichert. Früher ins Bett gehen und zwei Stunden länger schlafen unterstützt demzufolge die erfolgreiche Vorbereitung auf eine Prüfung. Doch was passiert, wenn wir zu wenig schlafen? Schlafmangel führt zu Stimmungsschwankungen, verringerter kognitiver Leistungsfähigkeit, vermehrtem Hungergefühl und langfristig sogar zu einem erhöhten Schlaganfallrisiko und Entzündungen in unseren Arterien. Das Nachholen des verpassten Schlafs ist kurzfristig durchaus möglich, sollte jedoch nicht zur Gewohnheit werden.

Die Schlafqualität wird primär durch das Individuum bestimmt, doch auch medizinisch kann sie bewertet werden: neben Schlafmenge und -dauer ist ein ununterbrochener Schlaf entscheidend. Die individuell ausreichende Schlafmenge unterscheidet sich, eine durchschnittliche Schlafdauer von 7 Stunden wird jedoch empfohlen.

Was ist eigentlich ein Schlaflabor?

Dr. Sebastian Zaremba ist Neurologe und stellvertretender Leiter des Neurologischen Schlaflabors der Uniklinik Bonn. Ein Großteil der Patienten schläft jedoch gar nicht dort, sondern kann bereits mit ambulanten Terminen ausreichend versorgt werden. Wer doch stationär bleiben muss, schläft dann in einem der insgesamt drei Betten. Währenddessen ist man mit verschiedenen Messinstrumenten unter anderem für Hirnströme und Muskelaktivität verbunden. Die Messergebnisse dienen vorrangig der Diagnose und weniger der Behandlung selbst, diese übernimmt nämlich im Regelfall der Hausarzt. Es können übrigens fast alle Patienten mit Schlaferkrankungen geheilt werden, müssen dafür allerdings selbst an der Behandlung mitwirken und zum Beispiel diszipliniert eine Schlafmaske tragen.

Tiere schlafen anders

Wir Menschen sind natürlich nicht die Einzigen, die gern schlafen. Manche Tiere schlafen sogar viel länger als wir. Sie nutzen Langzeitschlaf nämlich zur Regulation in Zeiten von Knappheit an Nahrung, Wasser oder Wärme. Dazu haben sie viele verschiedene Methoden entwickelt.
Im Winter gibt es für Tiere in nördlichen Breiten nicht genug Nahrung. Die Wärmeproduktion in den kalten Monaten würde sie außerdem zu viel Energie kosten. Deshalb legen sich viele über mehrere Monate schlafen, um diese Energie einzusparen.

Die wohl bekannteste Form ist der Winterschlaf. Dabei setzen die Tiere ihre Stoffwechselaktivitäten herab und überdauern so den Winter schlafend. Das macht zum Beispiel die Fledermaus. Der Winterschlaf muss auch bei ihr lange vorbereitet werden. Dafür legen sie braunes Fettgewebe an und gehen auf Wanderungen, um ein geeignetes Quartier zu finden. Das sind zum Beispiel Höhlen oder Felsspalten. Dort hängen sie sich für den Schlaf an die Decke. Wenn es soweit ist, verfallen die Tiere in einen Zustand, der sich Torpor oder auch Lethargie nennt. Dabei laufen alle Körperfunktionen auf Sparflamme: Die Körpertemperatur und die Stoffwechselaktivitäten werden herabgesetzt . Dieser Zustand kann auch nur einige Tage oder Wochen anhalten, wenn es spontan zu Knappheiten kommt. Der Extremfall ist der Winterschlaf. Dieser kann bis zu fünf Monaten andauern. Der Winterschlaf wird aber auch durch Wachphasen unterbrochen, in denen die Fledermäuse zum Beispiel ihren Hangplatz ändern oder sogar herausfliegen, um Nahrung zu suchen. Sie schlafen maximal 80 Tage am Stück. Die Länge der Schlafperiode hängt von der Umgebungstemperatur ab.

Aufwachen muss auch sein

Der Winterschlaf ist dann endgültig vorbei, wenn die Umgebungstemperatur steigt. Das Aufwachen der Fledermäuse teilt sich dabei in zwei Phasen, in denen sie wieder zur normalen Körpertemperatur gelangt. In der ersten Phase heizen sie sich auf, indem sie 80 Prozent der Energie aus dem braunen Fettgewebe gewinnen. Darauf folgt die zweite Phase, in der sie sich zusätzlich durch zittern aufheizen. Ende des Winterschlafs haben die Tiere oft mehr als ein Drittel ihres Körpergewichts verbraucht.

Wovon träumst du nachts?

Der Wecker klingelt, man schreckt hoch und hat meist schon in der ersten Sekunde vergessen, was man geträumt hat. Dabei haben Studien ergeben, dass wir mehrmals pro Nacht träumen. Und was noch viel erstaunlicher ist. Es gibt Menschen, die sich nicht nur erinnern, dass sie geträumt haben, sondern sich während des Träumens über ihren Zustand bewusst sind und ihren Traum zu gewissen Zügen kontrollieren können. Was zunächst nach Fantasy und Science Fiction klingt, hat sogar einen wissenschaftlichen Namen: Luzides Träumen. Und es kommt noch besser: Luzides Träumen ist erlernbar.

Daher hat sich unserer Reporterin Maike mit Judith Koppehele-Gossel, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institution für Psychologie der Universität Bonn, getroffen, die ihr erklärt hat, wie man luzides Träumen erlernen kann.
Dabei ist das wichtigste, sich an drei Schritte zu halten: Schritt eins: Ein Traumtagebuch führen, Schritt zwei: wiederkehrende Elemente in seinen Träumen erkennen und Schritt drei: Sich aktiv vornehmen auf diese Hinweisreize zu achten und die Traumrealität hinterfragen. Außerdem genug Schlafen und sich auch im Alltag immer wieder bewusst werden, ob es sich gerade um die Realität oder einen Traum handelt.

Und hat das geklappt? Erstaunlich gut! Zwar darf man sich das nicht so vorstellen, dass man sich ein komplettes Setting aufbauen und so zum Beispiel nachts auf einem grünen Einhorn über den Hofgarten fliegen kann, aber in kleinen Schritten kann man seinem Ziel immer näher kommen. Ausprobieren lohnt sich also.

Es gibt nicht nur den Winterschlaf

Der Winterschlaf mag die bekannste Form des Langzeitschlafs bei Tieren sein, es gibt aber noch andere:

Winterruhe

Bären und Dachse halten zum Beispiel nur Winterruhe. Der Unterschied zum Winterschlaf ist, dass bei der Winterruhe keine Stoffwechselaktivitäten verändert werden. Als Vorbereitung auf die Winterruhe sammelt der Bär Nahrung und bunkert sie in seiner Höhle. Wenn es dann kalt wird, zieht sich der Bär für die Winterruhe zurück. Er kann im Gegensatz zu wechselwarmen Tieren, die eigene Körpertemperatur regulieren. In der Winterruhe wird diese um ein bis zwei Grad herabgesetzt, um Energie zu sparen. Der Schlaf wird oft unterbrochen, um von den Vorräten zu fressen und das Geschäft zu verrichten. Das Ganze kommt aber natürlich viel seltener vor als im Rest des Jahres. Wie beim Winterschlaf wachen die Tiere auf, wenn es wieder warm wird.

Winterstarre

Da Amphibien und Reptilien als wechselwarme Tiere keine Möglichkeit haben, ihre Körpertemperatur zu regulieren, entspricht diese immer der Umgebungstemperatur. Im Winter der nördlichen Breiten verfallen sie dann zwangsläufig in eine Winterstarre. Dabei können sogar Körperteile einfrieren. Um das zu verhindern graben sich viele Tiere ein. Der Frosch hat dazu eine ganz besondere Methode entwickelt: er produziert nämlich eine Art Frostschutzmittel, welches die überlebenswichtigen Organe wie Herz oder Lunge vor dem Einfrieren schützt.

Sommerschlaf

Schlaf ist aber nicht nur eine Lösung für Überwinterung, sondern auch für besonders heiße Sommer. Bei Trockenheit und Nahrungsknappheit fallen manche Tiere auch in einen Sommer- oder Trockenschlaf. Der Lemur fällt dabei zum Beispiel in den Zustand des bereits erwähnten Torpors, um dadurch Energie zu sparen.

Es gibt also eine ganze Reihe an Anpassungen im Tierreich. Schlaf scheint dort die Lösung für alles zu sein. Uns Studenten würde es sicherlich auch nicht schaden, bei Geldmangel einfach mal schlafen zu gehen.

Schlafstörungen – Volkskrankheit  oder Seltenheit?

Etwa 30 Prozent der Deutschen Bevölkerung leidet unter atmungsbezogenen Schlafstörungen wie Schnarchen und Schlafapnoe (Atmungspausen während der Nacht). Doch nur die Hälfte der Betroffenen ist sich dessen bewusst. Desweiteren sind die Insomnie, also Schlafmangel, und die Hypersomnie, die vermehrte Schlafneigung, zu nennen. Beide Formen äußern sich durch zerrütteten Schlaf und einen verschlechterten Allgemeinzustand. Das bekannte Phänomen des Schlafwandelns tritt gehäuft bei Kindern auf, kann jedoch bis in das Erwachsenenalter fortbestehen. Ursache ist, dass Teile des Gehirns in diesem Zustand wach sind, andere Teile jedoch schlafen. Schlafwandler sollte man, wie landläufig angenommen, nicht wecken, sondern vorsichtig ins Bett geleiten.
Bei jeder Form von Schlafstörung sollten Patienten sich nicht scheuen, einen Mediziner konsultieren.

Schlafparalyse

Das Nachtmahr: Ein Albtraum bei vollem Bewusstsein. Historisch betrachtet taucht es immer wieder auf, sei es in Henry Fuselis Gemälden, in persischen Überlieferungen oder bei den antiken Griechen. Gründlich erforscht ist es allerdings bis heute noch nicht. Mittlerweile benennen wir dieses Phänomen aber immerhin etwas konkreter mit „Schlafparalyse“.

Sich morgens kraftlos zu fühlen, ist normal. Schlafparalyse hingegen ist eine Extremform dieses Gefühls – jede Bewegung ist schlichtweg unmöglich. Das Problem rührt von chemischen Stoffen im Gehirn her, die während des Schlafs die Bewegung unterbinden. Ansonsten würden wir die Bewegungen, die wir im Traum machen, auch im echten Leben durchführen und uns dabei gefährden. Eigentlich ist eine Paralyse während des Schlafs also sehr sinnvoll! Die Schlafparalyse, beziehungsweise das Nachtmahr, tritt hingegen dann ein, wenn das Gehirn die bewusste Kontrolle der Muskulatur auch nach dem Aufwachen nicht wieder einschaltet. Was folgt, ist ein Albtraum bei vollem Bewusstsein. Die Hiflosigkeit der Betroffenen führt zu Panik und oft sogar zu Halluzinationen. Zahlreiche künstlerische Interpretationen zeigen monsterhafte Gestalten direkt über, auf oder neben dem Bett, die zum Beispiel auf die Brust des Betroffenen eindrücken.

So auch Fuselis Gemälde, das jetzt aber schon mehr als zwei Jahrhunderte alt ist. Haben wir seitdem medizinisch etwas erreicht, um der Schlafparalyse vorzubeugen? Nur bedingt. Stress und psychische Krankheiten sind den Experten zufolge oft der Grund für die nächtlichen Episoden und daher wird meist Psychotherapie vorgeschlagen. Die langen Wartezeiten für eine solche sind aber berüchtigt und so bekommt man nicht unbedingt sofortige Abhilfe.

Gut, dass es da auch noch das Internet gibt: Auf Reddit gibt es eine Selbsthilfegruppe, bei der Betroffene ihre Erfahrungen teilen können. Bei der Schlafparalyse soll diesen Berichten zufolge akut helfen, auf der Seite zu schlafen, während der Paralyse nach Möglichkeit mit den Fingern, Zehen oder dem Kopf zu wackeln und Hintergrundgeräusche beim Schlafen zu haben, wie zum Beispiel einen laufenden Ventilator.

Das Schlaflabor der Uniklinik behandelt nicht nur, sondern forscht auch

Das Schlaflabor der Uni Bonn ist auch in der Forschung aktiv und dort sogar international führend. Überhaupt sind deutsche Schlaflabore von zentraler Bedeutung für die internationale Schlafmedizin, bereits in den 1960er Jahren wurden hier grundlegende Erkenntnisse gemacht. Dr. Zaremba vom Neurologischen Schlaflabor der Uniklinik forscht vor allem an Schlaferkrankungen bei Patienten auf der Intensivstation, aber auch am Zusammenhang zwischen Schlaferkrankungen und OP-Komplikationen. Das Bonner Schlaflabor insgesamt forscht derzeit außerdem noch an der Wirkung eines bestimmten Medikaments auf die Tagesschläfrigkeit bei der Nervenerkrankung Parkinson. Dazu werden momentan Studien mit deutschlandweiten und sogar internationalen Partner-Zentren durchgeführt.