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Die Stipendien der Begabtenförderungswerke – Studium für umme?

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Wer schon einmal versucht hat, sich über Finanzierungsmöglichkeiten für das Studium zu informieren, den hat wahrscheinlich vor allem ein Gefühl beschlichen: der Eindruck, in einem undurchdringlichen Dschungel zu stehen. Zwischen BAFöG-Regulatorien, verschiedenen Stipendien-Anbietern und Studienkredit sieht es manchmal dann doch am einfachsten aus, nebenbei zu jobben. Die vom Bildungsministerium mitfinanzierten Begabtenförderungswerke bleiben hingegen oft unter dem Radar – dabei lohnt sich ein genauerer Blick.

Begabtenförderungswerk“ ist ein sperriges Wort und welche Institutionen sich genau dahinter verbergen ist oft nicht ganz klar. Im Internet findet man zu dem Thema zuerst die Webseite des Bundesministeriums für Bildung und Forschung. Dort steht: „Begabtenförderungswerke unterstützen Studierende mit herausragenden Leistungen finanziell und ideell in ihrer akademischen Ausbildung“. So weit, so hochgestochen. Aber was sagt eigentlich eine Person dazu, die selbst bei einem solchen Werk arbeitet?

„Die Werke sind ganz grundsätzlich dazu da, die Demokratie in Deutschland zu fördern“, lautet die Antwort von Dr. Svenja Hohenstein, der Studienleiterin beim Evangelischen Studienwerk Villigst, einem der dreizehn Begabtenförderungswerke in Deutschland. „Das machen sie, indem sie Studierende durch finanzielle Stipendien, aber auch durch Bildungsangebote unterstützen“. Dabei können die Werke unterschiedliche Träger haben – bei Villigst ist das die evangelische Kirche, andere Träger kommen aus der Politik, der Wirtschaft oder anderen Konfessionen.

Die finanzielle Förderung ist bei allen Werken gleich: sie entspricht dem Betrag, der den Studierenden nach ihrem BAFöG-Satz zustehen würde – mit dem Unterschied, dass das Geld nicht zurückgezahlt werden muss. Dazu kommt bei allen Stipendiat*innen eine Pauschale von 300€ im Monat. Bei jedem der Förderwerke gibt es die Option, bis zum Ende des Masters gefördert zu werden – ob man dafür bestimmte Anforderungen erfüllen muss, unterscheidet sich je nach Werk. Aber woher kommt das ganze Geld? „Die Stipendien der dreizehn Begabtenförderungswerke werden durch Mittel des Bildungsministeriums für Bildung und Forschung finanziert. Die Unterstützung durch den Bund und somit aus Steuermitteln ist für alle Begabtenförderungswerke gleich“, so Dr. Hohenstein. „Die ideelle Förderung im Evangelischen Studienwerk wird über Mittel der Evangelischen Landeskirchen ergänzt.“ Bei anderen Werken kommt stattdessen Finanzierung über Parteien oder andere Organisationen zu den Mitteln des Bildungsministeriums dazu.

Die Bildungsangebote sind von Werk zu Werk unterschiedlich

In der finanziellen Förderung unterscheiden sich die Begabtenförderungswerke also nicht groß – in der sogenannten ideellen Förderung, also den Bildungsangeboten, welche Stipendiat*innen neben dem Studium wahrnehmen können, dafür umso mehr. Hier kommt es unter anderem auf die politische Ausrichtung an: die Heinrich-Böll-Stiftung, die den Grünen nahesteht, bietet natürlich Seminare zu anderen Themen an, als zum Beispiel die FDP-nahe Friedrich-Naumann-Stiftung. Auch die Gestaltung ist von Werk zu Werk unterschiedlich.

Wie sieht es da bei Villigst aus? „Das Herzstück der ideellen Förderung ist bei uns die sogenannte Sommeruni“, so Dr. Hohenstein. „Da können Stipendiat*innen eine Woche lang an interdisziplinären Blockseminaren zu einem selbstgewählten Jahresthema teilnehmen.“ Selbstorganisierte AGs sind ebenso Teil der ideellen Förderung.

Zusätzlich unterscheiden sich die Werke auch in Größe und Aufbau. So kann die Studienstiftung des Deutschen Volkes als größtes und überparteiliches Förderwerk mit einer weiten Bandbreite von Angeboten punkten – ist dafür aber vielleicht auch unpersönlicher. Villigst hingegen ist eins der kleineren Werke, kann dafür laut Dr. Hohenstein aber mehr auf individuelle Förderung achten. „Eine weitere Besonderheit bei Villigst ist die ausgeprägte stipendiatische Mitbestimmung. Es gibt zum Beispiel einen stipendiatischen Senat und eine Delegiertenkonferenz, an der die Stipendiat*innen teilnehmen können.“ Das liegt an dem historischen Fokus beim Evangelischen Studienwerk auf die Stärkung der Zivilgesellschaft. Bei den politischen Stiftungen liegt dieser Fokus eher auf der politischen Arbeit, weswegen diese Stiftungen zusätzlich auch als Think-tanks fungieren. Der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung hingegen geht es vor allem um die Bekämpfung sozialer Ungleichheit.

Man muss nicht hochbegabt sein, um ein Stipendium zu bekommen

Kostenloses Geld und kostenlose Bildung – das klingt alles erst einmal schön und gut. Umso abschreckender sind die Worte „herausragende Leistungen“ auf der Webseite des BMBF. Können sich also nur die Besten der Besten bei den Förderwerken bewerben? Lohnt es sich überhaupt, es zu versuchen, wenn man nicht ganz klassisch hochbegabt ist?

Auch hier gilt: Es gibt Unterschiede zwischen den Werken. Allen gemein ist, dass nicht nur akademische oder schulische Noten ins Gewicht fallen, sondern auch gesellschaftliches Engagement. Das kann ein Freiwilligendienst sein, politischer Aktivismus oder auch ein Ehrenamt im Sport oder in der Kirche. Doch während einige Förderwerke tatsächlich vor allem nach Bestnoten rekrutieren, setzen die Werke insgesamt unterschiedliche Prioritäten. „Wir suchen nach Leuten, die eine hohe Motivation für ihr Fach haben, aber gleichzeitig auch über den Tellerrand schauen und sich in der Gesellschaft einbringen“, sagt Dr. Hohenstein über Villigst. „Das heißt selbstverständlich nicht, dass man hochbegabt sein muss, um ein Stipendium zu bekommen.“ Viel Wert wird bei Villigst auch auf die Förderung von Menschen aus Nicht-Akademiker-Familien oder mit Migrationshintergrund gelegt.

Es lohnt sich also, abzuwägen, welches Förderwerk zum eigenen Profil passt – und sich dann zu trauen, einfach mal eine Bewerbung abzuschicken. Wenn alles gut läuft, muss man sich um den Dschungel der Studienfinanzierung keine Gedanken mehr machen und hat zusätzlich die Möglichkeit, sich weit über das eigene Fach hinaus zu bilden. Und falls nicht? Dann war es vielleicht immerhin eine gute Übung für die nächste Bewerbung auf einen Nebenjob.

Noch mehr Infos zu Stipendien findet ihr unter https://www.uni-bonn.de/de/studium/beratung-und-service/finanzierung-und-foerderung/stipendien