Die Adidas Samba stehen an angewinkelten Beinen auf der Parkbank. In der Hand der Wein vom Späti, der unter Freund*innen rumgereicht wird. Kaum ein anderes Album gibt dieses Lebensgefühl wider, wie „Blaue Stunden“ von 01099, das im November 2023 erschienen ist.
Genau dieses Bild von Freunden, die einfach befreundet sind, weil sie es schon immer waren und auf diesen Parkbänken groß geworden sind, verkörpern Zachi, Paul und Gustav von 01099 als wir sie in Köln zum Interview treffen. Sie tragen bereits ihr Outfit für ihren später stattfindenden Auftritt im Palladium – rote Sambas, 2000er Jeans und ein besonderer Hingucker das metallische Nageldesign von Paul. Spuren von dem Tetra-Pak Wein oder Sterni sind allerdings nicht zu sehen, denn, so erklären uns die Jungs: dieses Mal wird nüchtern getourt. Die Stimmung kurz vor dem Auftritt ist gut. Das ganze Team wirkt eingespielt und die Atmosphäre ist wertschätzend. Freche Kommentare werden dennoch gezischt.
bonnFM: Herzlich Willkommen im Rheinland! Als kleine Einstiegsfrage: Was haltet ihr davon, dass man hier Flunkyball sagt und nicht Bierball?
Paul: Flunky? Mit U?
Zachi: Vor allem das Schlimme daran ist, dass nicht Flunky [engl.], sondern Flunki [dt.] gesagt wird.
Gustav: Flunkiball [dt.] hat noch ein bisschen mehr Klasse als Flunkyball [engl.].
Paul: Flunki, das klingt, wie so ein Gummiball. Flunki Punki. Also ich würde sagen: Cringe!
bonnFM: Ihr habt schon wahnsinnig viel erreicht – zuletzt habt ihr ja erst die 1Live Krone geholt. Herzlichen Glückwunsch dazu! Was wollt ihr noch erreichen?
Paul: Dankeschön, das war cool! Ja, das habe ich mich auch schon gefragt, was ist da jetzt noch drin an Steigerungspotential.
Gustav: Ich glaube das Steigerungspotential besteht gerade darin, Spaß zu haben an dem, was wir machen und die Abläufe, die es gibt, zu optimieren. Also, so eine Tour ist sehr anstrengend und da muss man sehr viele Sachen beachten. Und da den Spaß an der Mucke zu haben, weiterhin, das ist eine Challenge. Und ich glaube, das ist die größte Challenge.
Paul: Ja, aber ich meine, das ist ja jetzt kein wirtschaftliches Wachstum.
Gustav: Naja doch.
Paul: Denkst du, dass es ein wirtschaftliches Wachstum ist, wenn wir mehr Spaß haben?
Gustav: In dem Moment, wo man viel zu tun hat, trotzdem Spaß zu haben – ich glaube das ergänzt alles andere.
Paul: Ja, aber das ist halt wirklich die Frage, was können wir denn noch gewinnen? Kann man noch irgendwas gewinnen? Einen Autorenpreis?
Zachi: Man kann halt Erfolge wiederholen: nochmal auf die 1 gehen, nochmal die Krone holen. Aber ich glaube, das größte, was wir erreichen wollen gerade, ist, dass wir wieder noch mehr Spaß an der Mucke haben.
Paul: Genau, gesund bleiben, Spaß haben, das ist unser Ziel für ’24.
bonnFM: Das ist doch ein schönes Ziel! Wenn man jeweils auf die Interpreter*innen-Angabe eurer Songs schaut, fällt auf, dass dort nicht einfach 01099 steht, sondern eure jeweiligen Namen. Wieso macht ihr das? Wollt ihr euch damit mehr künstlerische Freiräume schaffen?
Paul: Eigentlich ist das Vorbild hier BHZ. Da haben wir das ein bisschen abgeguckt. Also „Band“ ist ja irgendwie komisch über uns zu sagen. Wir haben ja keinen Schlagzeuger. 01099 – die Band – hat sich irgendwie so eingebürgert. Früher haben wir immer gesagt, „Künstlerkollektiv“ oder so. Und da haben wir nach dem Vorbild BHZ einfach gesagt, damit das jeder versteht, wer was ist und dass das halt mehrere Leute sind, haben wir diese Namen mit angefügt. Und das ist natürlich cool, weil dann kann man auch mal was Solo machen, zum Beispiel die Gustav-Noah-EP und dann kannst du einfach das gleiche Profil verwenden und so. Das hat schon viele Vorteile.
bonnFM: Wäre eine Solo-Karriere für euch denn denkbar?
Paul: Also Karriere, das ist jetzt ein großes Wort, aber mal so ein Projekt – klar, warum nicht? Aber das ist gerade irgendwie nicht so richtig dran. Also zumindest nicht so groß geplant. Vielleicht mal einen Song oder so. [Zu Zachi] Machste mal einen Song alleine, ne?
Zachi: [nickt] Unter Zachi.
bonnFM: Kommen wir mal zu eurem Album „Blaue Stunden“: Darauf habt ihr viele Features gehabt. Was habt ihr von anderen Künstler*innen gelernt?
Gustav: Ich finde es immer spannend, wenn man so ältere Kandidaten, wie so ‘nen Trettmann hat. Die haben ja jetzt schon deutlich mehr Jahre als wir auf dem Buckel und wie die so das Künstlerleben begehen. Das finde ich irgendwie cool. Weil die haben schon so ein eingegroovtes Leben, aber auch ähnliche Probleme teilweise, aber da gehen sie auch geil künstlerisch ran und haben so eine Gelassenheit und sind auch zehn Jahre weiter als wir – oder mehr.
Paul: [lacht] Manche auch zwanzig Jahre.
Gustav: Genau, auf diesen Schritten in der Karriere – halt zehn Jahre weiter als wir und das ist schon spannend, weil das ist ja schon ein wilder Prozess.
Paul: [nickt] Was kann man konkret lernen? Alltagsführung oder, dass alles nicht so wichtig ist irgendwie. Das ist glaube ich so ein Ding, was wir so von RIN und Tretti und den alten Hasen gelernt haben. Die meinten so, Leute it’s not that deep, chillt. Mal einen Song mehr, mal einen Song weniger.
bonnFM: Und was konnten die anderen Künstler*innen von euch lernen?
Paul: [lacht] Lebensfreude! Konnten die irgendwas von uns lernen?
Zachi: Ich denke, dass wir ein gutes Team haben und unser Team, inklusive uns natürlich, an Releases immer versucht, bestmöglich zu arbeiten. In dem Sinne, dass man im Studio immer alles gibt – das machen die Künstler natürlich auch – aber uns ist dann besonders wichtig, dass der Mix dann auch in der 20. Runde noch verfeinert wird und dass es perfekt aufgenommen ist und dass es irgendwie eine Struktur gibt in einem Musikvideo und, und, und. Ich glaube, da haben sich die Leute immer sehr wohlgefühlt bei uns, weil wir das gut in die Hand genommen haben, meiner Meinung nach.
bonnFM: Ihr habt ja das Image die „good guys“ der deutschen Musikszene zu sein. Seid ihr das wirklich?
Paul: Solche Komplimente nimmt man natürlich immer gerne an, klar! Also wir sind auf jeden Fall keine bad guys oder? Also ich würde mich jetzt selber nicht so nennen. Das ist irgendwie Eigenlob, aber klar, warum nicht, der Titel schmeckt schon oder?
Zachi: Ich bin ein extremer bad guy!
Paul: [lacht] Vor allem Du!
Zachi: Ich Schelm!
Paul: Wir nehmen’s an, wir freuen uns!
Im Anschluss folgte eine Schnellfragerunde, die nur mir 01099 Songtiteln beantwortet werden durfte. Die Antworten findet ihr auf Instagram!