Das Studierendenparlament hat über einen Antrag des Kulturreferats diskutiert in dem gefordert wird, dass die Hochschulgruppe “Bornewasser” nicht mehr vom AStA unterstützt werden soll. Die Gruppe soll in Verbindung mit rechtspopulistischen Organisationen stehen.
Vor rund drei Wochen lud das Kulturforum “Bornewasser” den rechtspopulistischen Redner Alexander Tschugguel ein, der über seine Arbeit bei der „Demo für alle“ referieren sollte. Die Initiative setzt sich unter anderem gegen die „Ehe für alle“ und gegen sexuelle Aufklärung im Schulunterricht ein. Tschugguel ist außerdem Mitorganisator des “Marschs für das Leben”, einer Anti-Abtreibungsbewegung, die von fundamentalistisch christlichen Initiativen unterstützt wird.
Als Protestaktion gegen den Vortrag versammelten sich 200 Studierende und störten seinen Vortrag lautstark, sodass dieser nicht öffentlich stattfinden konnte.
Prüfung der Förderfähigkeit
Bislang wurde das Kulturforum “Bornewasser”, wie andere studentische Gruppen, vom AStA der Uni Bonn finanziell unterstützt. Das Kulturreferat hat nun als Reaktion der Proteste einen Antrag vorgelegt, der die Förderfähigkeit des „studentischen Kulturforums Bornewasser“ als nicht gegeben einstuft.
Der Antrag fordert die Hochschulgruppe nicht mehr durch den AStA zu finanzieren. Ein Verbot der Gruppe und eine Streichung aus der Liste der Hochschulgruppen fordert der Antrag nicht. Als Hochschulgruppe kann “Bornewasser” weiterhin Räume der Uni Bonn für Veranstaltungen mieten. Das Kulturreferat listet in dem Antrag auf, wie die Hochschulgruppe gegen die internen Vorschriften verstößt. Diese Richtlinien wurden vom AStA entwickelt und vom Studierendenparlament beschlossen. Dort heißt es unter anderem:
Insbesondere werden keine Tätigkeiten oder Veranstaltungen geduldet, bei denen die Gleichberechtigung von Geschlechtern, Ethnien, Sexualitäten, Toleranz vor Religionen und Weltanschauungen gefährdet wird / wurde.“
Richtlinien zur Förderung von Kulturgruppen
Verstoß durch Redner und die Hochschulgruppe
Laut des Kulturreferats verstoße zum einen die Kulturgruppe “Bornewasser” an sich gegen die Richtlinien, als auch Redner, die für Veranstaltungen eingeladen wurden.
In dem Antrag wird deutliche, dass eingeladene Redner in direkte und indirekte Verbindung zur Identitären Bewegung, AfD und zu ihrer Jugendorganisation, der Jungen Alternative sowie weiteren Organisationen stehen. Die Junge Alternative und die Identitäre Bewegung werden vom Verfassungsschutz teilweise als rechtsextrem eingestuft. Die „studentische Kulturgruppe Bornewasser“ bekennt sich außerdem zu der Pariser Erklärung, in der unter anderem muslimische Migrant*innen als Kolonisten bezeichnet werden und die universellen Menschenrechte infrage gestellt werden.
Emotionsgeladene Diskussion
Am Mittwochabend wurde im Studierendenparlament darüber abgestimmt, ob der AStA dem Antrag des Kulturreferats nachgeht, und die “studentische Kulturgruppe Borwasser” nicht weiter vom Allgemeinen Studierendenausschuss mit finanziellen Mitteln unterstützt wird. Vor der Abstimmung konnten sich verschiedene Vertreter zu Wort melden, woraus sich eine hitzige Diskussion entwickelte.
Auf der einen Seite wurde argumentiert, die Begründung reiche nicht aus und die Hochschulgruppe und die Mitglieder teilen nicht jede Meinung der Redner. Dagegen wurde eingewandt, es hätte sich viel mehr von diesen Positionen distanziert werden müssen. Die diskriminierenden Zusammenhänge wurden durch den Antrag zu Genüge dargestellt. Zahllose Beispiele aus dem Antrag und weitere Äußerungen der eingeladenen Redner – wie zum Beispiel ein Zitat, in dem Homosexualität mit Pädophilie gleichgesetzt wird – trafen einige Mitglieder des Parlaments sehr und machten die Debatte stellenweise sehr emotional.
Es wurde auch argumentiert, dass es schon ähnliche Fälle gab, in denen linke Redner nicht eingeladen und gefördert wurden.
Ein Problem mit Rechtsextremismus?
Der Gründer der Hochschulgruppe „studentisches Kulturforum Bornewasser“, Raphael Schlimbach, ist selbst auch Mitglied der politische Hochschulgruppe “Ring Christlich-Demokratischer Studenten an der Universität Bonn” (RCDS) und hat einen Sitz im Studierendenparlament. Er konnte bei der Debatte nicht anwesend sein, ließ aber zu Beginn einen Vertreter seinen Diskussionsbeitrag vorlesen.
Auf personelle Überschneidungen des Kulturforums mit dem RCDS und rechten Organisationen wiesen die anderen Hochschulgruppen wiederholt hin. Dagegen wandte der RCDS ein, dass eine Kooperation mit dem Kulturforum nicht offiziell stattfindet. Während der Diskussion wurden mehrfach Aufforderungen ausgesprochen, der RCDS solle sich von dem Kulturforum und explizit von Rechtsextremismus abgrenzen. Beispielsweise hätte der RCDS schon in der Vergangenheit, wie alle anderen politischen Hochschulgruppen, an internen Workshops zum Thema Rechtsextremismus teilnehmen sollen. Der RCDS wies diese Vorwürfe zurück, da die Teilnehmer durch Krankheit verhindert gewesen seien.
Diskutiert wurde auch über die Listung des AfD-Abgeordnete Felix Cassel auf der Wahlliste des RCDS, wovon sich die Partei aber nach dem internen Bekanntwerden distanziert hatte. Einige Mitglieder sollen jedoch zuvor schon von der Parteimitgliedschaft und dem Eintrag in der Liste gewusst haben. Laut RCDS handelte es sich um ein Versehen bei der Verabschiedung der Liste, bei der die Anwesenden nicht von der AfD-Mitgliedschaft Cassels gewusst haben sollen. Felix Cassel war selbst auch bei der Sitzung des Studierendenparlaments anwesend, allerdings als Vertreter des Kulturforums: er ist der Referent der nächsten Veranstaltung. Es wurde argumentiert, eine Abgrenzung mit Mitgliedern der AfD sei für den RCDS bereits möglich gewesen und solle auch in dem Antrag zur Förderung indirekt möglich sein.
In einer Stellungnahme des RCDS an bonnFM distanziert sich die politische Hochschulgruppe von Rechtsextremismus und Homophobie:
“Meinungen, die Homosexualität diffamieren oder das Adoptionsrecht für gleichgeschlechtliche Partnerschaften mit Pädophilie vergleichen, lehnen wir mit aller Nachdrücklichkeit ab. Ein derartiges Menschenbild ist mit unseren christlichen Werten und Grundeinstellungen in keiner Weise vereinbar. Wir stehen als politische Gruppe für Toleranz und Offenheit. Rechtsextremismus hat in unserer Gruppe keinen Platz und wird diesen auch künftig nicht einnehmen”
Stellungnahme des RCDS vom 10. Juni 2019
Bei der finalen Abstimmung stimmten 25 Mitglieder dafür, die Förderung der Kulturgruppe einzustellen, drei stimmen dagegen und zehn Mitglieder enthielten sich. Damit wird das “studentische Kulturforum Bornewasser” in Zukunft nicht mehr finanziell durch den AStA unterstützt.
Die Diskussion war auf allen Seiten jedoch so aufwühlend, dass nach dem Antrag die Sitzung des Studierendenparlaments unterbrochen werden musste, um eine weitere Pause einzulegen.
Das Kulturforum “Bornewasser” wird den nächsten Vortrag zum Thema „Was ist deutsch? Mythen, Sagen und Märchen von 1800 bis heute“ in einem „geschlossenem und kontrollierten Rahmen“ abhalten, wie es auf bei der Facebookveranstaltung heißt. Da die Hochschulgruppe weiter als solche gelistet ist, darf sie weiterhin Räume der Uni Bonn für Veranstaltungen mieten. Der Ort wird wieder Hörsaal 8 der Universität sein.