Klausurenstress, Deadlines und Daueranspannung begegnen uns häufig im Studienalltag. Worüber aber nur selten gesprochen wird, sind die gesundheitlichen Schäden, die uns dabei häufiger begegnen, als es uns lieb wäre.
Burn-On statt Burn-Out
Das Burn-On-Syndrom bezeichnet den Zustand chronischer Daueranspannung. Dabei fühlen Betroffene sich so vereinnahmt von ihrer Arbeit, dass sie erst gar nicht bemerken, dass es ihnen nicht gut geht. Das Syndrom kennen viele vielleicht auch als Erschöpfungsdepression. Man weiß, man müsstet mal entspannen, kann es sich aber mental gar nicht erlauben mal eine Pause zu machen. In der Daueranspannung erscheinen plötzlich körperliche Symptome wie Kopfschmerzen, Verspannungen, Schlafstörungen oder auch mentale Symptome wie fehlende Begeisterungsfähigkeit, depressive Verstimmungen oder das Fehlen von eigenen Werten und Zielen.
Der Unterschied zum Burn-Out Syndrom liegt darin, dass das Burn-On als Vorstufe des Burn-Outs gesehen wird. Während man beim Burn-Out bereits im Endstadium der körperlichen und mentalen Symptome angekommen ist und nicht mehr weitermachen kann, ist das Burn-On die Warnung, dass euer Zustand auch vorher nicht in Ordnung ist.
Ihr kennt es selbst, ihr hängt in der Klausurenphase, kommt kaum hinterher und Hausarbeiten stehen auch noch an. Freunde fragen euch, ,,Und, wie läuft es bei dir?” – ,,Ja, grad bisschen viel aber krieg ich schon hin.” Und dabei bleibt es, obwohl ihr längst von Erschöpfungssymptomen heimgesucht werdet. Jede freie Minute wird zum Lernen und Arbeiten genutzt. Aus dem Gefühl heraus, dass es keine Alternativen gibt. Für Pausen hat man angeblich keine Zeit mehr. Viele geraten dabei in Denkmuster, die sie glauben lassen, dass die Belastung gar nicht so schlimm sein kann – schließlich gehöre sie zum Alltag.
Bert te Wildt und Timo Schiele, die Schöpfer des Burn-On Begriffs, sehen in diesem Verhalten nur unerkanntes Leiden.
,,Sich selbst und andere über das Ausmaß des eigenen exzessiven und selbstschädigenden Verhaltens im Unklaren zu lassen oder aktiv zu belügen, ist ein wichtiges diagnostisches Kriterium für alle Suchterkrankungen. Das gilt auch für nicht substanzbezogene Suchterkrankungen wie den Workaholism.” (Bert te Wildt, Timo Schiele, ,,Burn On – Immer kurz vorm Burnout – Das unerkannte Leiden und was dagegen hilft” )
Studierende und das Burn-On Syndrom
Im Austausch mit Studierenden hat sich gezeigt, dass dieses Verhalten und die darauf folgenden Symptome, keine Seltenheit mehr sind.
,,Das hat irgendwann Ausmaß angenommen, dass es mich bis in den Schlaf verfolgt hat und ich auch meine Freizeit nicht mehr genießen konnte, weil ich mich schlecht gefühlt habe, wenn ich mal nichts getan habe.”
,,Meistens hab ich das in der Klausurenphase oder auch wenn ich ganz viele Abgaben, sowas wie Projekte oder Vorträge vorbereiten muss und das in einem sehr kurzen Zeitraum.”
In der Klausurenphase leiden Studierende besonders unter den Symptomen, da die Anspannung sich über mehrere Wochen oder sogar Monate ziehen kann und man dabei noch unter extremen Leistungsdruck steht. Die Studierenden waren sich einig, dass es für dieses Krankheitsbild mehr Präventionshilfe und Awareness geben sollte, auch von den Universitäten selbst. Es sei zwingend notwenig, vor allem in Bezug auf die Entstigmatisierung des Themas, damit man Frühwarnzeichen bei sich und anderen besser erkennen und einordnen kann. Nur so kann man dem Verlauf der Krankheit irgendwie entgegenwirken.
Ein Krankheitsbild, das nicht auf die leichte Schulter genommen werden darf: Klausurenphasen sind oft mit erheblichem Stress verbunden, doch nichts ist im Endeffekt wichtiger als die eigene Gesundheit – selbst in Zeiten großer Arbeitsbelastung. Auch wenn der Druck hoch ist, sollte die eigene körperliche und mentale Verfassung niemals vernachlässigt werden.
Umgang mit Burn-On
Wer sich von diesen Symptomen überwältigt fühlt, sollte nicht zögern, medizinische Hilfe in Anspruch zu nehmen. Alternativ stehen auch Ansprechpersonen an der Universität zur Verfügung: Vertrauenspersonen oder Dozierende können wertvolle Unterstützung bieten. Zudem besteht die Möglichkeit, Prüfungen und Abgabetermine zu verschieben – denn die Gesundheit hat stets Vorrang. Zusätzliche Hilfe findet ihr aber auch rund um die Uhr beim Bundesverband Burnout und Depression e.V. unter der 0800 111 0 111 oder 0800 111 0 222 oder 116 123.