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Eine königliche Angelegenheit: Sind Monarchien noch zeitgemäß?

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Dieser Kommentar gibt die subjektive Meinung der Autorin wieder.

Am 23. Februar feiert Prinzessin Estelle von Schweden ihren 10. Geburtstag. Die Medienpräsenz um Ereignisse wie diese – um große und um kleine Royals – heizt immer wieder die Debatte darüber an, wie zeitgemäß die Monarchien heute noch sind. Denn: An Monarchien scheiden sich die Geister, und ihre Befürwortung oder Ablehnung ist oft ebenso emotional wie rational begründet. Im Vordergrund der meisten Debatten stehen wirtschaftliche Erwägungen, was nützlich sein, aber die Kluft nicht überbrücken kann.

Ein anachronistisches Relikt der feudalen Gesellschaften, in denen wir früher gelebt haben, oder eine wohlwollende Verbindung zur Tradition und der Vergangenheit eines Landes? An Monarchien scheiden sich die Geister, und ihre Befürwortung oder Ablehnung ist oft ebenso emotional wie rational begründet. Dennoch lohnt sich ein Blick in Zahlen und Argumente, ob Länder mit König*innen einen Vorteil gegenüber Monarchie-losen Ländern haben.

Comeback der Königshäuser

Derzeit gibt es 29 Monarchien auf der Welt (wenn man den Papst als Monarch der Vatikanstadt betrachtet), die das Geschehen an so unterschiedlichen Orten wie Thailand, Bhutan, Belgien, Marokko oder Saudi-Arabien mitprägen. Ihre politische Macht in diesen Ländern reicht von absoluten Monarchien, in denen die Herrschenden die oberste Autorität besitzen, bis hin zu konstitutionellen Monarchien, in denen König*innen eine weitgehend rein repräsentative Rolle spielen. In Saudi-Arabien beispielsweise hat das derzeitige Staatsoberhaupt, König Salman bin Abdulaziz Al Saud, auch das Premierminister*innen-Amt inne, was ihm eine weitgehend uneingeschränkte Machtbefugnis verschafft. Als Beweis für die Kontrolle der königlichen Familie ratifizierte Salman im April 2019 ein königliches Dekret, das die Enthauptung von 37 saudischen Bürger*innen wegen angeblicher Terrorvergehen anordnete. Der zerstückelte Körper und Kopf eines der Verurteilten wurde als Warnung für andere zur Schau gestellt.

Für die meisten Monarchien sind solche Machtdemonstrationen jedoch auf die Geschichtsbücher beschränkt. In Europa sind sie meist Teil eines konstitutionellen Systems und verfassungsmäßigen Rahmens. Damit haben sie keinen Einfluss auf die Politik des Staates. Tatsächlich wissen viele Königshäuser, dass ihre Position von der Unterstützung der Öffentlichkeit abhängt. Exekutionen sind out, pflichtbewusste Bekundungen der Zuneigung zum Volk in. Königliche Skandale, wie etwa 2020 in Belgien – wo der ehemalige König zugab, eine Tochter aus einer Affäre in den 1960er Jahren gezeugt zu haben – oder auch die Verwicklungen des britischen Prince Andrews in den Missbrauchsskandal um Hollywood-Regisseur Jeffrey Epstein, können zu existenziellen Krisen werden, wenn sie nicht aufgearbeitet werden.

Dennoch sind viele monarchische Länder im Großen und Ganzen zufrieden mit ihren De-facto-Herrscher*innen. Laut einer Umfrage von Ipsos MORI aus dem Jahr 2018 ist Spanien das Land mit dem höchsten Anteil an antiköniglichen Gefühlen: 37 Prozent der Befragten wünschen sich die Abschaffung der Monarchie. Schweden liegt mit 23 Prozent an zweiter Stelle. Im Gegensatz dazu wollen einige Länder, die keine Monarchie haben, diese wieder einführen.

Rumänien ist so ein Land, seit der letzte König, Michael I., 1947 abdankte. Hier diskutierte das Parlament des Landes kürzlich darüber, die Wiedereinführung der Monarchie zur Abstimmung zu stellen. In Brasilien, wo die Monarchie 1889 abgeschafft wurde, sind die Royalist*innen durch die Wahl des rechtsextremen Präsidenten Jair Bolsonaro gestärkt worden. Ihrer Meinung nach teilt Bolsonaro viele ihrer Werte. Die wachsende Unterstützung für die Monarchisten ist nicht nur der Nostalgie geschuldet: Politische Missstände in den Republiken (insbesondere Korruption) veranlassen die Bürger*innen ebenfalls dazu, die Monarchie zu unterstützen.

Die Vorzüge von Monarchien in Demokratien

Die Sehnsucht vieler Bürger*innen nach einer Monarchie kann in Anbetracht einiger Vorteile, die Königshäuser für moderne Gesellschaften bringen können, verständlicher werden. In multiethnischen Ländern wie Thailand oder Belgien, spielen Monarch*innen eine wichtige Rolle bei der Förderung der Einheit. Auch verhindert die Anwesenheit von Monarchien oft das Aufkommen extremer Regierungsformen und Fraktionen in ihren Ländern, etwa in Kambodscha, Jordanien und Marokko. Zudem müssen alle politischen Führer*innen als Premierminister*innen oder Minister*innen der Herrschenden fungieren. Auch wenn die tatsächliche Macht bei diesen Personen liegt, erschwert die Existenz eines Monarchen oder einer Monarchin eine radikale oder vollständige Veränderung der Politik eines Landes.

Außerdem besitzen viele Monarchien das Ansehen, um in letzter Instanz harte und notwendige Entscheidungen zu treffen – Entscheidungen, die sonst niemand treffen kann. So stellte der von 1975 bis 2014 regierende König Juan Carlos von Spanien persönlich den Übergang seines Landes zu einer konstitutionellen Monarchie mit parlamentarischen Institutionen sicher und wehrte einen versuchten Militärputsch ab. Am Ende des Zweiten Weltkriegs widersetzte sich der japanische Kaiser Hirohito dem Wunsch seines Militärs, weiterzukämpfen, und schützte so das Leben unzähliger Menschen, indem er sich für die Kapitulation Japans einsetzte.

Und schließlich können Monarchien ein Staatsoberhaupt auf demokratischere und vielfältigere Weise stellen als die eigentliche demokratische Politik. Da jede*r, unabhängig von Persönlichkeit oder Interessen, durch Zufall Monarch*in werden kann, können in einem solchen System alle Arten von Menschen Herrscher*innen werden. Zwar kann selbst eine gute Monarchie unwürdige Nachfolger*innen haben. Dennoch können Mitglieder der Monarchie Interesse an Themen wecken, die sonst eine geringere Rolle spielen würden – etwa Prinz William, der sich öffentlich für mehr Aufmerksamkeit gegenüber psychischer Gesundheitsbelange einsetzt. Politiker*innen haben hingegen meist eine bestimmte Persönlichkeit – extrovertiert, sie können Geld auftreiben und neigen dazu, zumindest öffentlich vordefinierte Ansichten zu vertreten.

Geld ist Macht

Einer der strittigsten Punkte in der Debatte um Monarchien betrifft die finanzielle Belastung, die die Öffentlichkeit tragen muss, um diese zu stützen. Die Kosten für Paläste, Kutschen und Unterhalt der königlichen Familie belaufen sich in der Regel auf viele Millionen – auch wenn die Königshäuser natürlich auch Geld einbringen, insbesondere durch den Tourismus.

Laut einer Studie der niederländischen Zeitung de Volkskrant aus dem Jahr 2016 variieren die jährlichen Kosten für einen königlichen Haushalt in Europa erheblich: Die norwegischen Steuerzahler*innen zahlen etwa 9,70 Euro pro Jahr, während die spanischen Bürger*innen nur 0,16 Euro zahlen. Ein erheblicher Unterschied, der jedoch keinen großen Unterschied machen dürfte, wenn man die Monarchie aus Prinzip ablehnt.

Schwieriger ist es zu bestimmen, wie viel Geld eine Monarchie der Wirtschaft einbringt, da selbst in Republiken ehemalige königliche Residenzen als historische Stätten weiterhin Einnahmen generieren. Erschwerend kommt hinzu, dass viele königliche Familien nicht ganz offen über ihre Finanzen sprechen. Eine frühere Untersuchung von de Volkskrant stufte die Monarchien von Belgien, Dänemark, Luxemburg und Spanien als “nicht transparent” ein.

Einer Schätzung zufolge hat das britische Königshaus zwischen 2014 und 2018 2,76 Milliarden Pfund (3,3 Milliarden Euro) für die Volkswirtschaft erwirtschaftet, was einem Nettogewinn von knapp über 2 Milliarden Pfund (2,4 Milliarden Euro) entspricht. In Belgien wurde der Nettogewinn im selben Zeitraum auf 131 Millionen Euro geschätzt, in Spanien auf 83 Millionen Euro. Alles in allem ein gutes Geschäft, was jedoch nicht alle davon überzeugt, dass ein nicht gewähltes Staatsoberhaupt gerechtfertigt ist.

Mit der Zeit gehen

Der Grund, warum vor allem konstitutionelle Monarchien bis heute überlebt haben, ist, dass sie sich weiterentwickelt und angepasst haben. Das göttliche Recht der König*innen mag im 16. Jahrhundert akzeptiert worden sein, ist heute allerdings mehr als nur ein bisschen veraltet. Stattdessen wissen die meisten Monarch*innen, dass sie auf wackligem Boden residieren.

Wirtschaftsstatistiken bringen etwas mehr Klarheit in die Debatte (und in der Regel Unterstützung für die Royalist*innen), müssen aber immer mit Vorsicht genossen werden. Abgesehen von Fragen der Transparenz bedeutet die kleine Stichprobe von Staaten mit einer königlichen Familie, dass jede wirtschaftliche Rechtfertigung für ihre Existenz begrenzt ist.

Außerdem bedeutet Korrelation nicht unbedingt Kausalität. Länder mit Monarchie wie Dänemark, Japan, Belgien und Kanada rangieren in Bezug auf Wohlstand und finanzieller Stabilität ganz oben, während Länder ohne Monarchie wie die USA, Frankreich und Deutschland ebenfalls ganz oben auf der Liste der stabilsten Länder stehen. So ist es nicht möglich herauszufinden, inwieweit die wirtschaftliche Stärke und Stabilität eines Landes direkt von seinem Staatsoberhaupt abhängt. Auch wenn die Frage nach der Relevanz einer Monarchie schwierig zu beantworten ist, werden sich die von Monarchien geführten Staaten nie einig darüber sein, ob der Thron abgeschafft werden sollte oder nicht. Unabhängig davon, ob Argumente an die Vernunft oder an die Emotionen appellieren, ist es vielleicht besser, sich einfach darauf zu einigen, dass man sich nicht einig ist.