Feine Sahne Fischfilet ist im Moment die Band der Stunde im deutschen Punkrock. Platz drei in den Charts, Auftritte mit den Toten Hosen, bei Rock am Ring und ausverkaufte Konzerte in riesigen Hallen. Es könnte kaum besser laufen für die sechs Rostocker. Über all das, aber auch eine ganze Menge anderer Themen haben wir mit Trompeter Max vor dem Konzert in Köln gesprochen. Das Interview könnt ihr euch oben in diesem Beitrag anhören.
Das Konzert im Palladium
Der Abend wurde von der Band Alarmsignal eröffnet. Eine coole Punkband mit rotzigen Texten, Songs die im Ohr bleiben und die ersten Moshpits des Abends anzettelten. Danach wurde umgebaut und man merkte, wie heiß das Publikum auf die Hauptband war. Vom Band liefen Songs von den Broilers, den Dead Kennedys oder Knochenfabrik und die Stimmung war schon euphorischer als bei den meisten anderen Bands, die es im Moment gibt.
Alles auf Rausch
Als das Licht ausging und der Vorhang fiel, gab es kein Halten mehr. „Zurück in unserer Stadt“, „Für diese eine Nacht“ und „Alles auf Rausch“ bildeten den Anfang. Es ist eigentlich kaum zu beschreiben, wie heftig die Stimmung war – so etwas sieht man wirklich selten. Auch die Band konnte es scheinbar kaum glauben und blickte voller Glück in über viertausend feiernden Gesichter.
Die Setlist ließ keine Wünsche übrig. Es wurde das komplette neue Album Sturm & Dreck gespielt, was wirklich gut war, da es wohl das beste der Band ist. Aber auch die Lieder von den beiden Vorgängern kamen nicht zu kurz, wobei die großen Hits wie „Geschichten aus Jarmen“, „Mit dir“ und natürlich „Komplett im Arsch“ am meisten knallten.
Nicht nur prolliges Partymachen
Zwischen den Liedern gab es eine Menge Ansagen. Viele davon darüber, dass man es kaum glauben kann, jetzt in sochen Hallen zu spielen, die meisten waren jedoch politischer Natur, die sich von Durchschnittsansagen anderer Bands abhoben. Sänger Monchi ist kein großer Fan davon, wenn auf seinen Konzerten Parolen gegen Nazis gerufen werden. Er möchte, dass die Leute auf die Straße gehen und dort laut sind, wo es wirklich nötig ist: beim Protest gegen Nazi- und AfD-Demonstrationen. Ansonsten erzählt er Geschichten, die er selber erlebt hat, wie einen Selbstmordanschlag in der kurdischen Region Suruc, als er dort Hilfsgüter hintransportierte. Eine sehr bewegende Story, die das gleichnamige Lied umso besser macht.
Das große Finale
Nachdem die Band nach „Komplett im Arsch“ von der Bühne ging, ließ sie sich nicht lange bitten, um mit einer großen Zugabe zurück zu kommen. Sechs weitere Songs, darunter z.B. „Dreck der Zeit“ und „Warten auf das Meer“, ließen das Publikum nochmal durchdrehen. Als es dann beim letzten Song „Weit hinaus“ noch Konfetti gab, war es wohl um jeden im Palladium geschehen. Ein toller Auftritt von einer tollen Band, an dem es nichts zu kritisieren gibt.
Die einzige Kritik gilt an diesem Abend dem Palladium. Die Organisation war allgemein leider nicht besonders gut. Zwar war das Konzert ausverkauft, jedoch war es so unfassbar voll, dass man keinen einzigen Ort finden konnte, um mal in Ruhe ein Bier zu trinken. In den meisten anderen Hallen ist das auch bei den noch so wildesten Konzerten problemlos möglich. Vielleicht sollte das Palladium darüber nachdenken, das nächste mal 200-300 weniger Karten zu verkaufen, um so ein wenig Platz zu schaffen – es wäre dann immernoch top besucht. Der Fakt, dass es so unglaublich voll war, ließ viele Leute das Konzert nicht genießen, was wirklich schade war. Abgesehen davon war es ein wunderbarer Abend mit Feine Sahne Fischfilet.
Im Interview mit Trompeter Max wurde über die Tour, das aktuelle Album, aber auch über politische Themen, darüber wie es ist, mit allen Anfragen und Nachrichten klarzukommen und eine ganze Menge mehr gesprochen. Die wichtigsten Fragen könnt ihr hier nachlesen, das volle Interview könnt ihr im Podcast hören.
bonnFM: Die „Alles auf Rausch“-Tour ist im Moment eine riesige Eskalation, geht jetzt aber auch langsam zu Ende. Wie war es bisher?
Max: Wir sind komplett baff die ganz Zeit. Wir haben jahrelang an diesem Album gearbeitet, waren das gesamte letzte Jahr im Studio eingeschlossen und sind total froh, dass es nun endlich rauskam und man diese Lieder, die man im Kämmerlein vor sich hin musiziert hat, nun den Leuten zeigen kann. Da war die Aufregung am Anfang riesengroß, aber es funktioniert. Die Konzerte sind soweit richtig geil und die Stimmung ist überragend. Es ist auf jeden Fall gestört.
bonnFM: Als ihr vor drei Jahren das Album „Bleiben oder gehen“ rausgebracht hattet, war das ein wichtiger Schritt für euch. Es folgten Konzerte mit den Toten Hosen und ihr habt wichtige Slots bei Festivals wie Rock am Ring oder Rock im Park gespielt. Besonders der neue Song „Alles auf Rausch“ scheint diese Zeit sehr gut zu beschreiben. War dieser Erfolg eine Motivation, jetzt „Sturm & Dreck“ rauszuhauen?
Max: Ja klar! Die Zeit war richtig geil und wir haben einiges erlebt. „Bleiben oder gehen“ war genau richtig zu diesem Zeitpunkt, „Sturm & Dreck“ ist aber jetzt genauso goldrichtig. Wir kennen die neuen Songs ja schon etwas länger, aber erst letztes Wochenende hatte ich zum ersten Mal den Eindruck, dass sie jetzt Routine sind. Sonst hatte man sich immer noch gefreut, endlich die neuen Sachen wieder zu spielen. Man merkt aber auch, dass die neuen Sachen live besser funktionieren als die alten. Bei alten Liedern denkt ich oft, dass man sie halt auch noch spielen muss, am liebsten würde ich aber nur noch das ganze neue Album spielen, weil ich das so geil finde.
bonnFM: Ich finde, dass das Album deutlich fetter und besser produziert ist als die Vorgänger. Wolltet ihr euch da auch nochmal weiter entwickeln?
Max: Natürlich. Bei uns ist immer der Ansatz, dass wir uns in allen Bereichen weiter verbessern wollen. Wir haben immer gesagt, dass wir so viel es geht aus dieser Band machen, da es von uns allen die einzige Karte ist, auf die wir setzten – die einzige Zukunftsperspektive, die wir haben. Da wollen wir alles reinstecken und da ist uns keine Mühe zu viel und dazu gehört auch, sich nach guten Leuten umzusehen. Dazu gehört auch Tobias Kuhn unser Produzent, der da echt eine ganz Menge aus uns raus geholt hat. Wir hatten die Songs zwar schon fertig und er hat da gar nicht viel dran geschraubt, aber er hat den Moment sehr gut eingefangen. Er hat uns quasi so genommen, wie wir im Studio waren und hat daraus einen mega fetten Sound gebaut.
bonnFM: Inhaltlich ist das Album das, was man von euch gewohnt ist. Ihr habt Partysongs drauf, aber auch eine Menge politische Lieder. Da ihr in eurer Heimatregion viel mit rechter Gewalt zu tun habt, frag ich mich, wie es da im Moment aussieht? Als Außenstehender aus der Großstadt ist das ja schwerer zu beurteilen, wie die politische Lage, besonders im Bezug auf den Rechtsruck, wirklich auf dem Land ist.
Max: Ich neige immer zu so einer leichten Relativierung. Ich glaube, in Baden-Würtemberg haben mehr Leute die AfD gewählt als in Mecklenburg-Vorpommern. Dieses Märchen, dass im Nord-Osten die ganzen Nazis sind, stimmt also nicht unbedingt. Das findet auch im Westen statt. Es wäre zu einfach gedacht, dass es nur da oben ist. Da oben ist es halt so, dass man in den Kleinstädten halt sofort auf dem Schirm ist, wenn man etwas gegen Nazis macht. Da kannst du dich auch nicht, wie in der Großstadt, in der Anonymität verstecken. Unser Proberaum wurde uns mehrfach eingeschmissen, es gab Buttersäure- und versuchte Brandanschläge, uns wurde manchmal hinterher gegangen und aufgelauert. Aber da hat man über die Jahre einen ganz gesunden Umgang mit gefunden, ohne paranoid zu werden.
bonnFM: Ich kann mir aber vorstellen, dass wenn man zum ersten mal Morddrohungen bekommt, sich Gedanken macht, dass da wirklich Menschen sind, die einen töten wollen. Du sagst, dass man sich mit der Zeit damit arangiert. Wie war das am Anfang?
Max: Es ist krass. Es ist auch komplett richtig, sich um seine Sicherheit und körperliche Unversehrtheit Gedanken zu machen. Aber mich schockiert das nicht, da das zu Nazis gehört. Die morden nunmal und das steckt in deren Ideologie und das unterscheidet uns von Grund auf an. Wie sind nicht die einzigen, die von Faschos bedroht werden, da gibt es noch eine ganze Menge anderer Leute. Ich nenne da als Beispiel ganz gern Katharina König-Preuß [Thüringer Landtagsabgeordnete, saß im NSU-Untersuchungsausschuss, Anm.d.Red.] für die wir das Lied „Angst frisst Seele auf“ geschrieben haben. Das ist eine unangenehme Situation, aber darauf setzen die Nazis ja auch. Die wollen dich über diese Machtebene klein halten. Da darf man nicht klein beigeben. Man geht mit Morddrohungen von rechts besser um, wenn man sich klarmacht, dass man nicht alleine ist.
bonnFM: Ihr thematisiert regelmäßig die coolen Leute, die sich auf dem Dorf gegen Nazis engagieren. Denkst du, es gibt da genaug Widerstand im Vergleich zu großen Städten wie Hamburg oder Berlin?
Max: Es trauen sich natürlich weniger Leute, ein zivil-gesellschaftliches Engagement zu betreiben. Jeder könnte sich aber dem Rechtsruck entgegen stellen, egal welcher Herkunft, Beruf oder welchen Stand. Das ist auch die Message, die wir immer versuchen, zu vermitteln. Es ist komplett egal. Du kannst auf deiner Arbeit oder in deinem Sportverein die Klappe aufmachen. Man muss sich halt mit den Leuten connecten, die auch deine Meinung vertreten.
bonnFM: Bei eurer Größe erreicht ihr natürlich mehr Leute. Ihr erreicht aber auch Leute, mit denen ihr nicht unbedingt etwas zu tun haben wollt. Ich spiele da konkret auf die Situation an, als Heiko Maas euren Auftritt in Anklam mit Campino und Marteria so gelobt hat und ihr ihn im Anschluss dafür hart kritisiert habt. Arrangiert man sich damit, das man mittlerweile auch Leute erreicht, die man jetzt nicht so cool findet?
Max: Man muss da natürlich von Fall zu Fall gucken. Das Heiko Maas-Ding war nachher für uns ein richtig krasser Shitstorm. Letzte Woche gab es bei Twitter irgendeine Diskussion um Julian Reichelt, dem Chefredakteur der Bild, der irgendwas schlechtes gegen uns gesagt hat. Da ist dieser Shitstorm aber ausgeblieben und so war es letzten Endes gut für uns, da wir im Gespräch sind und so kostenlose Promo bekommen. Von denen will ich aber auch gar nicht gut gefunden werden. Es ist ja ganz nett, dass Heiko Maas so etwas schreibt, am Ende trennt mich dann aber eine ganze Menge an politischen Inhalten.
bonnFM: Ihr seid seit je her beim hamburger Label Audiolith unter Vertrag, kriegt aber in der letzten Zeit viel Unterstützung von JKP, dem Label der Toten Hosen. Was genau machen die für euch?
Max: Die machen das Management für uns. Patrick Orth ist unser Manager seit einem halben Jahr. Das haben wir noch gar nicht so groß verkündet, aber werden wir bestimmt noch was zu posten. Wir hatten sonst nie einen Manager, haben das immer selbst gemacht. Das natürlich eine riesengroße Erleichterung, wenn du da bei dieser Größe jemanden hast, der genau weiß, wie es geht. Bei uns ist so viel immer hinten runter gefallen, wir haben von so vielen Sachen keinen Plan. Da freust du dich schon, wenn jemand mit großer Erfahrung an der Hand ist und hilft. Das ist eine große Unterstützung, auch für Audiolith.
bonnFM: Ist Musik für euch schon zum Beruf geworden?
Max: Der einzige, der von uns noch einen richtigen Job hat, ist Kai, der Bassist. Der hört aber bald auch auf. Wir können davon gerade leben und wenn das in zwei Jahren immer noch so ist, dann ist das geil. Wenn nicht, muss man sich mal anders umschauen, aber wie gesagt, die Band ist die einzige Karte auf die wir setzten. Ich hab sonst keinen Plan B.