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Feministische Revivals im Kino – brauchen wir das wirklich?

Lesezeit: 4 Minuten

Diese Kolumne gibt die subjektive Meinung der Autorin wieder.

In der Filmwelt scheint es zur Zeit von Revivals alter Klassiker zu wimmeln. Seit ein paar Jahren zeichnet sich vor allem ein feministischer Ansatz ab. Wenn es um Neuauflagen geht, ist die erste Reaktion bei vielen Filmfans oft Skepsis. Aber ist diese erste Abneigung berechtigt und welche Rolle spielt Feminismus in Revivals?

Es kommt nicht oft vor, dass ich lineares Fernsehen konsumiere. Meistens treibe ich mich auf der Streaming-Plattform meines Vertrauens herum. In letzter Zeit habe ich mich dann doch für den klassischen Fernsehabend entschieden und da ist mir etwas aufgefallen: Von “Wetten, dass…?” bis “TV Total” scheinen ehemals erfolgreiche Formate plötzlich wieder da zu sein und ein riesiges Comeback zu feiern.

Das ist aber nicht nur in der Welt des Fernsehens so. Auch das Kino liefert in letzter Zeit ein Revival nach dem anderen. Aber sind die alten Geschichten nicht längst auserzählt oder haben Revivals auch Potential?

Das Revival-Phänomen begegnet uns öfter als vielleicht angenommen

Zunächst mal: So neu und unerwartet wie es mir vorkommt, ist das Phänomen mit den Revivals nicht. Im Showbusiness wird das schon seit geraumer Zeit betrieben. Wir alle kennen die legendäre Dark-Knight-Trilogie (2005 – 2012), durch die Batman zur Kult-Figur im DC-Universum schlechthin geworden ist. Dabei wurde “der dunkle Ritter” nicht erst von Chris Nolan erfunden. Die Comics gibt es seit 1939 und der erste Batman-Streifen ist nur vier Jahre später, also 1943 erschienen.

Gerade die Welt der Comicverfilmungen lebt von Revivals und das macht durchaus Sinn. Schließlich gibt es unzählig viele Comics allein über Batman. Daraus ergibt sich für die Filmindustrie ein riesiges Potential, weitere Filme zu drehen. Verbunden mit der Hoffnung am kommerziellen Erfolg des Franchise anzuknüpfen.

Nostalgie “sells”

Und aus Sicht der Konsument*innen? Seien wir mal ehrlich, ein bisschen Nostalgie mögen wir doch alle. Wer sieht nicht gerne seine Kindheitsheld*innen wieder zum Leben erweckt? Da kommen bei mir Erinnerungen hoch und ich entdecke alte Leidenschaften wieder. Selbst wenn wir von der letzten Filmversion enttäuscht sind, kann das Anlass genug sein, sich dann wieder auf die nächste Interpretation zu freuen. Zum Beispiel konnte ich Ben Afflecks Batman (2016 – 2017) nie etwas abgewinnen.

Umso mehr freue mich jetzt auf das Comeback des “dunklen Ritters” mit Robert Pattinson (2022). Ich für meinen Teil freue mich, wenn Geschichten, die eigentlich aus einer anderen Zeit stammen, noch heute funktionieren. Und wer hätte ursprünglich gedacht, dass eine Figur aus den 1930ern, fast 100 Jahre später noch die Kinosäle füllt?

Das Problem mit dem feministischen Ansatz

Es gibt aber auch Revivals, die ich problematisch finde. Wenn man mal auf große Produktionen der letzten Jahre schaut, fällt auf, dass viele Revivals inzwischen einen stärkeren Fokus auf Feminismus legen.  Und ganz ehrlich, spätestens seit dem Weinstein-Skandal und #metoo ist es längst überfällig, Feminismus in Hollywood zu thematisieren. Das Problem sehe ich aber an einer anderen Stelle.

Hier ein kleines Beispiel: 2016 kam ein neuer Ghostbusters-Film ins Kino. Die ursprünglichen Geisterjäger aus den 80ern sind nicht sehr erfolgreiche Professoren für Parapsychologie. Und nein, ich habe hier nicht vergessen zu gendern. Im original Cast sind nur Männer in den Hauptrollen. So weit so gut. 2016 dachte man sich, es wäre eine gute Idee, im Ghostbusters Revival nur Frauen als Geisterjägerinnen zu besetzen.

Und wo ist jetzt mein Problem? Eben habe ich noch gesagt, dass Feminismus in Hollywood längst überfällig ist. Wenn man eine Geschichte mit ursprünglich männlichen Helden, nochmal erzählt, indem man die Story einfach auf weibliche Charaktere überträgt, sehe ich darin wenig Feminismus. Ich brauche keine Geisterjägerinnen, die zeigen, dass sie auch die Ghostbusters sein können. Was ich mir wünsche, sind neue und frische Geschichten, die wirklich auf feministische Themen eingehen. Die Hunger Games zeigen zum Beispiel, dass das sehr gut funktionieren kann. Katniss Everdeen braucht kein männliches Pendant.

Und auch unter den Revivals kann man besseren Feminismus umsetzen (ACHTUNG SPOILER): Der neueste James Bond lässt vermuten, dass es weitere Filme aus dem Bond-Universum mit einer weiblichen “007” geben wird. In “Keine Zeit zu sterben” haben wir die 007-Agentin Nomi (Lashana Lynch) kennengelernt. Im Unterschied zu der Umsetzung in Ghostbusters, stellt Nomi keine weibliche Version von James Bond dar. Stattdessen ist sie bloß seine Nachfolgerin beim Geheimdienst MI6. Damit unterscheidet sie sich meiner Meinung nach von anderen weiblichen Figuren in Revivals. Denn sie ist eine eigene Figur, die in der Welt von Bond agiert. Damit sehe ich sie als eine für sich selbst stehende und starke Frau, die lediglich unter der altbekannten Lizenz 007 arbeitet. Und ich glaube, dass diese Umsetzung von Feminismus wirklich frischen Wind und neue Perspektiven in ein Franchise bringen kann.

Für neue Perspektiven und authentischen Feminismus im Kino

Wieso also nicht das Potential von Revivals weiter ausbauen und interessanten Charakteren Raum geben für ihre eigenen Geschichten? Gerade die Welt der Comicverfilmungen bietet sich dafür perfekt an. Neben Batman gibt es so viele spannende Charaktere in diesem Universum, die einen eigenen Film verdient hätten. Joaquin Phoenix hat uns 2019 gezeigt, dass es sich lohnt einen Film nur über den Joker zu drehen.

Und das funktioniert auch mit weiblichen Figuren. Zum Beispiel kann ich kann mir einen Solo-Film der Catwoman von Anne Hathaway sehr gut vorstellen. Die Rolle der Batwoman wäre meiner Meinung nach wiederum schwierig,  da sie in den Comics lediglich ein weibliches Pendant zu Batman abbildet. 

Mit den Revivals in der Filmbranche ist es so: Die Idee ist nicht neu und manche Genres leben geradezu von Neuauflagen. In der Welt der Comicverfilmungen kann das zum Beispiel gut funktionieren. Manchmal auch nicht. Aber jede Neuverfilmung bringt ihre eigene Interpretation und neue Perspektiven mit. Und das finde ich interessant. Es zeigt, dass alte Geschichten auch heute noch aktuell sein können.

Wenn es darum geht, Feminismus in die Filmbranche zu bringen, können Revivals problematisch sein. Mir ist wichtig, dass feministische Themen authentisch von Hollywood aufgegriffen werden. Es ist nicht ehrlich feministisch, Geschichten mit ursprünglich männlichen Helden, einfach auf einen weiblichen Charakter zu übertragen. Die Filmbranche sollte sich stattdessen darauf konzentrieren, für sich selbst stehende weibliche Charaktere zu schaffen – ohne ein stumpfes Pendant zu kreieren.