Die aktuelle Wanderausstellung „was ich anhatte…“ im Bonner Stadthaus soll auf sexualisierte Gewalt aufmerksam machen. Betroffene erzählen ihre Geschichten in Schriftform, daneben werden die Kleidungsstücke gezeigt, die die Betroffenen bei der Tat getragen haben.
„Ooops, didn’t expect that“, steht auf dem T-Shirt von Bambi. Bambi ist 20 Jahre und nicht binär. „Das T-Shirt benutzte ich als Schlaf-Shirt, da ich es super niedlich fand“, schreibt Bambi. 2020 wurde Bambi von dem eigenen Freund vergewaltigt, bei der Tat trug Bambi das T-Shirt. Jetzt hängt es im Foyer der Stadthalle in Bonn. Daneben hängen an schlichten Drahtbügeln, die Kleidungsstücke von elf Frauen. Alle sind Betroffene von sexualisierter Gewalt. In der Ausstellung „Was ich anhatte…“ erzählen sie ihre Geschichte. Sie sind keine Opfer. Sie kämpften nach der Tat mit ihrem Schicksal, mit Ängsten und sich selbst. Jetzt sprechen sie und möchten ankämpfen gegen die traurige Realität.
Die Idee zur Ausstellung
Die Journalistin Beatrix Wilmes hat von Schicksalen wie denen der Betroffenen aus der Ausstellung alltäglich gehört. Sie hat selbst in einem Frauenhaus gearbeitet, danach in den Medien, unter anderem in der Redaktion FrauTV (WDR). Schon lange gab es die Idee für eine Ausstellung, die auf sexualisierte Gewalt aufmerksam machen sollte. Im Zuge der Corona-Pandemie hatte Beatrix Wilmes dann die Zeit, die Idee in die Tat umzusetzen.
Gemeinsam mit einer Studentin hat sie auf Social-Media die Idee für eine Ausstellung öffentlich gemacht. Darüber und über das eigene private Netzwerk, haben sich viele Frauen bei ihr gemeldet, um die eigene Geschichte zu erzählen. Für die Umsetzung hat sie mit den Betroffenen telefoniert. Die Geschichten sind auf Wunsch anonym und mit einem Fake-Vornamen in der Ausstellung zu sehen. Dabei, so betont Beatrix Wilmes, ist es ihr wichtig, den Fokus nicht auf die Tat zu legen, sondern die Geschichte der Frauen und Betroffenen danach zu erzählen: Wie Sie gegen das Trauma ankämpfen und sich aus diesem herausarbeiten oder es schon geschafft haben. Die Ausstellung soll anderen Betroffenen Mut machen, auch ihre Geschichte zu erzählen.
Der Kampf gegen Victim Blaming
Was sie anhatten, werden die Betroffenen von sexueller Gewalt häufig gefragt: „Alle haben diese Frage gestellt bekommen, es gibt nicht eine, die das nicht gehört hat“, sagt Beatrix Wilmes. Die Ausstellung soll mit dem falschen „victim blaming“, das in dieser Frage mitschwingt und mit dem die Betroffenen konfrontiert werden, aufräumen. Die Betroffene Desiree schreibt: „Die wohl meist gestellte Frage an mich: War mein „Nein“ nicht klar genug?“ Erst mit der Zeit hat sie gelernt, dass sie keinerlei Schuld hat. „Meine Geschichte öffentlich zu machen, ist ein Teil meiner Verarbeitung. Aber es hilft, weil ich niemandem die Macht geben werde, mein Leben zu zerstören“, so schreibt sie weiter.
Der traurige Alltag
Das erste Mal wurde die Ausstellung im November 2020 anlässlich des Tags gegen Gewalt an Frauen gezeigt. In jeder Ausstellung werden die Geschichten von zwölf Betroffenen erzählt, die meisten von ihnen sind Frauen. Die Betroffenen sind unterschiedlichen Alters, die jüngste war bei der Tat 6 Jahre alt, die Älteste über 80. Sexualisierte Gewalt kann jede Frau treffen. Zum Teil liegt die Tat weit in der Vergangenheit, zum Teil liegt sie nur ein paar Jahre zurück. „Es liest sich furchtbar alltäglich und es ist auch furchtbar alltäglich“ sagt Beatrix Wilmes. „Über 70 % der Fälle passieren im näheren Umfeld“. Sie variiert die Geschichten in jeder Ausstellung, auch, da manche Frauen ihre Kleidungsstücke nach einer Zeit wieder zurückhaben möchten.
Die Ausstellung im Bonner Stadthaus
Die Wanderausstellung wird aktuell auf Initiative der Gleichstellungsstelle der Stadt Bonn in Kooperation mit der Beratungsstelle gegen sexualisierte Gewalt im Foyer des Stadthauses gezeigt. Interessierte können die Ausstellung noch bis 5. Dezember von Montag bis Freitag zu den Öffnungszeiten des Stadthauses besuchen.
An folgende Stellen können sich Betroffene von sexualisierter Gewalt wenden:
Beratungsstelle gegen sexualisierte Gewalt e.V.: Telefon 0228 – 63 55 24
Frauen helfen Frauen e.V.: Telefon 0228 – 65 95 00
Hilfe für Frauen in Not e.V.: Telefon 0228 – 23 30 97 Bundesweites Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“: Telefon 08000 – 116 016