Auch in diesem Sommer erscheinen fast täglich neue Berichte über Waldbrände in Deutschland. 2018 war besonders extrem. Häufig wird dabei auf den Klimawandel verwiesen. Doch die Faktoren sind vielfältig.
Lesezeit: 7 Minuten
von Christoph Liedel
Ich geh in Flammen auf
Enorme Waldgebiete in Kalifornien, Truppenübungsplätze in Deutschland oder Campingplätze in Südeuropa. Viele Gebiete sind von Waldbränden betroffen. Besonders 2018 hatte die Bundesrepublik einen traurigen Rekord. Dies Zeigt auch die Statistik des Umwelt Bundesamtes. Über 1.700 Mal standen Waldflächen in Brand, der höchste Wert seit 15 Jahren.
Klimakrise! So lautet auch in den Medien schnell die Diagnose. Doch für einen Trend, der auf die Ursache Klimawandel schließen ließe, reicht ein einzelner Ausreiser in der Statistik nicht aus. Zumal es auch schon in früheren Jahren wie 2003 oder 1992 Extremwerte gab.
Was ist also der Grund für die vielen Feuer? Zur Beantwortung dieser Frage hilft ein Blick in die “Waldbrandstatistik 2018” der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung. Dort wird aufgeschlüsselt, welche Ursachen es für die vielen Brände gab:
Insgesamt wurden 1708 Waldbrände registriert. Bei etwa 840 davon konnte die Ursache nicht geklärt werden. Ca. 440 wurden fahrlässig und 220 vorsätzlich entzündet. Sonstige handlungsbedingte Einwirkungen, zu denen auch Militärunfälle zählen können, waren für 170 Brände verantwortlich. Lediglich 80 haben natürliche Ursachen wie Blitze, Selbstentzündung oder (in Deutschland nicht relevanter) Vulkanismus.
Der Mensch ist das Problem
Aus diesen Zahlen lassen sich zwei Schlüsse ziehen: Zum einen kann ein großer Teil der Brandursachen nicht identifiziert werden. Zum anderen spielen natürliche Faktoren bei der Entzündung selbst eine untergeordnete Rolle. Dies bestätigt auch der WWF in dem 2012 erschienenen Bericht “Wälder in Flammen”. Dort heißt es: “Weltweit haben nur etwa 4% aller Waldbrände natürliche Ursachen wie beispielsweise durch Blitzeinschlag.”
Fast immer ist der Mensch der Initialfunke, im wörtlichen, wie im übertragenen Sinne. Vorsätzliche Gründe können die reine Lust am Zündeln, gezielte Schädigung, Versicherungsbetrug oder andere wirtschaftliche Interessen sein.
Die 440 fahrlässigen Brände stammen aus Land- und Forstwirtschaft, elektrischen Leitungen, Bahnlinien, Industrie und zu mehr als der Hälfte von der Allgemeinheit. Darunter fallen Camper, die ihr Lagerfeuer nicht ordentlich löschen, Spaziergänger, die ihre Zigaretten in den Wald werfen, Kinder die mit Feuer Spielen oder andere Unfälle. Hier die Schuld dem Klimawandel in die Schuhe zu schieben lenkt vom eigentlichen Problem ab: Uns.
Die Rolle des Klimawandels
Der Verweis auf das Klima ist dabei nicht gänzlich falsch. Dieses beeinflusst das Wetter, welches auf lange Sicht vermutlich extremer, beispielsweise wärmer und trockener, werden könnte. Dennoch ist die Rechnung “Klimawandel gleich mehr heißes, trockenes Wetter gleich mehr Waldbrände” nicht korrekt.
Allein Lufttemperaturen von 30°C oder auch 40°C reichen nicht aus, einen Wald zu entzünden. Umgekehrt können Waldbrände auch bei Frost im Winter vorkommen. Eher selten sind sie hingegen in den deutlich heißeren Tropen. Denn entscheidend ist nicht die Lufttemperatur, sondern die Feuchtigkeit. Vereinfacht gesagt: trockenes Gestrüpp in der Taiga brennt leichter als eine Pflanze im immerfeuchten Regenwald.
Aber auch Hitze und Trockenheit zusammen machen in der Natur noch kein Feuer. Andernfalls müsste sich regelmäßig das Backpapier im Ofen entzünden, der Bedingungen erzeugt, die wir in unseren Wäldern nicht vorfinden werden.
Daraus lässt sich folgendes schließen: Trockene Bedingungen begünstigen die Ausgangssituation für Waldbrände. Der Einfluss der Lufttemperatur ist zu vernachlässigen. Den Zusammenhang von Klima und Waldbränden erklärte Waldbrandspezialist Johann Goldhammer im Deutschlandfunk-Interview:
“Durch die Abschwächung des Jetstream wird es dazu kommen, dass wir wie im vergangenen Jahr dann eben sehr langanhaltende Hochdruckwetterlagen haben. Und das bedeutet, dass sich dann über Tage und Wochen hinweg diese Trockenheit aufbaut und damit das Risiko, die Gefährdung von Landschaftsbränden, auch von Waldbränden, steigt.”
Der Klimawandel schafft lediglich die passenden Rahmenbedingungen. Die Waldbrände selbst sind fast immer Folge eines unachtsamen, ignoranten oder böswilligen Menschen. Der Grund für vermehrte Brände im Sommer (über 900 von 1700 in Juli und August 2018) ist hauptsächlich, dass sich im Sommer mehr Menschen im Wald aufhalten, als im Winter. Nicht die Temperatur.
Mythos Glasscherbe
Eine letzte Sache gilt es noch aufzuklären: Waldbrände durch Glasscherben. Denn obwohl zahlreiche Medien und zum Teil auch Forstbetriebe davor warnen, gibt es keinen Anlass zu glauben, dass zurückgelassene Glasflaschen einen Brand verursachen könnten. Insbesondere nicht in einem lichtgeschützten Raum wie einem Wald.
Wären diese Warnungen korrekt, so würde dies bedeuten, dass durch den Brennglaseffekt Temperaturen von ca. 300°C entstehen könnten. Wäre das ohne spezielle Bearbeitung des Glases möglich, so würden massenweise Autos, Gardinen und Dachböden Feuer fangen. Dennoch wurde von der Zeitschrift AFZ Der Wald auf dem Gelände des Deutschen Wetterdienstes (DWD) ein Experiment unter Idealbedingungen durchgeführt.
Zu den Erkenntnissen zählte, dass jegliche Farbflaschen gänzlich ungeeignet sind. Auch von durchsichtigen Glasflaschen eignete sich nur der Flaschenboden um eine Lichtfokussierung zu erzielen. Am Boden liegende Flaschenteile sind Aufgrund der Brennweite nicht in der Lage Licht optimal zu bündeln. Die ideale Höhe beträgt etwa 20 bis 30cm über dem Boden. Zusätzlich muss der Einstrahlungswinkel der Sonne genau passen, um den Effekt maximal nutzen zu können. Bedingungen, die durch unsachgemäß entsorgte Flaschen im Wald kaum zu erfüllen sind. Doch selbst unter den bestmöglichen Voraussetzungen kam die Studie zu folgendem Ergebnis:
“Obwohl die Versuche unter Optimalen Bedingungen, d.h.
- Bei sommerlich-trockenem Wetter mit ungehindertem Strahlungseinfall,
- Mit lichtbündelnden farblosen Flaschenböden,
- Mit optimalen lichtfokussierenden Abständen zwischen Glas und Streuoberfläche und
- Lufttrockenen Streumaterialien
durchgeführt wurden, ließ sich keine Zündung beobachten.”
Für Waldbrände können Glasflaschen folglich ausgeschlossen werden. Dass man seinen Müll aus anderen Gründen nicht im Wald liegen lassen sollte, ist selbstverständlich.
Zusammengefasst
Waldbrände entstehen vorwiegend unter sehr trockenen Bedingungen. Durch den Klimawandel sind längere Trockenphasen in Deutschland in der Zukunft möglich. Auslöser sind aber nur in den seltensten Fällen natürliche Prozesse. In erster Linie sind es Menschen, die aus Fahrlässigkeit oder mit Vorsatz ein Feuer entfachen. Für Waldbrände irrelevant sind die Lufttemperatur und Glasscherben auf dem Boden.
Quellensammlung:
- AFZ-Der Wald: Verursacht Glas Waldbrände
- Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung: Waldbrandstatistik der Bundesrepublik Deutschland für das Jahr 2018
- Deutscher Bundestag: Mehr als 1.700 Waldbrände in 2018
- Deutschlandfunk: “Das Risiko von Waldbränden steigt”
- Umwelt Bundesamt: Waldbrände
- WWF: Wälder in Flammen – Ursachen und Folgen der weltweiten Waldbrände
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