Unsere Reporterinnen Maike Velden und Farangies Ghafoor haben die Europaabgeordnete Alexandra Geese interviewt. Seit 2019 gestaltet die Bonnerin als Mitglied von Bündnis90/ Die Grüne die europäische Politik mit. Im Interview spricht sie über die veränderte Arbeit des EU-Parlaments, Gefahren der künstlichen Intelligenz und Chancen für den Klimaschutz.
Alexandra Geese berichtet wie plötzlich die Corona-Maßnahmen den Alltag der Parlamentarier*innen ändert. Es fänden keine Präsenzsitzungen statt, sodass die Abgeordneten aus ihren Wahlkreisen arbeiten. Geese nutzt ihr Wahlkreisbüro in Bonn als Arbeitsplatz. Sitzungen werden in Videokonferenzen abgehalten, aber dem EU-Parlament fehlen Strukturen für digitale Arbeit. Das eröffne Probleme im Datenschutz und der Geheimhaltung. Es führe auch dazu, dass der Umfang der parlamentarischen Arbeit reduziert und so die Handlungsfähigkeit des EU-Parlaments durch nationalen Maßnahmen beeinflusst wird.
Digitale Strukturen sollen mit dem Digital Services Act reguliert werden
Zum Stand der Digitalisierung zeigt Geese sich besorgt. Die Bundesregierung trage die Verantwortung, für die Verschleppung der Entwicklung. Sie betont zudem die soziale Komponente der Digitalisierung. Die Perspektive müsse ebenfalls eingearbeitet werden in digitale Strukturen. Alexandra Geese ist Schattenberichterstatterin für den Digital Services Act (DSA). Unteranderem helfe das DSA einheitlich gegen Hass und Hetze im Internet vorzugehen. Gleichzeitig soll es die Rechte von Nutzer*innen wahren. Übrigens auch bei Online-Bestellungen würden Verbraucher*innen geschützt werden.
Geese blickt auf gesellschaftliche Komponente der künstlichen Intelligenz
Im Hinblick auf soziale Netzwerken vermutet sie, dass Empfehlungsalgorithmen zu einer Veränderung des gesellschaftlichen Umgangs beitragen. Sich selbst hat Geese das Gebiet der künstlichen Intelligenz (KI) auf die Fahnen geschrieben, ein Grund, weshalb sie sich dazu entscheid, für das Europaparlament zu kandidieren. Es gäbe Hinweise darauf, dass KIs nicht-männliche, nicht-weiße als auch nicht-wohlhabende Menschen benachteilige. Geese erklärt welche Strategie sie nutzt, um von dem Prinzip „Code is Law“ abzurücken und Diskriminierung durch KIs zu verhindern. Sie zeigt auf, wie tiefgreifend sich die Benachteiligung auswirkt und wie der Gesetzesvorschlag dies verhindern soll. Mit solch einem Gesetz könne Europa Vorreiter auf diesem Gebiet werden.
Veränderte Lebensweisen als mögliche Chance für Klimaschutz
Im Hinblick auf die Corona-Pandemie sieht Geese Chancen im Klimaschutz. Sie ist der Auffassung, dass das Zurückstellen der Maßnahmen des Green Deals „[…] dumm […]“ sei in der derzeitigen Lage. Geese beschreibt, wie fatal Investitionen in eine Infrastruktur seien, die Teil eines Wirtschaftssystems sind, das sich als verwundbar herausstellte. Arbeits- und Lebensweisen veränderten sich. Diese Veränderungen würden Kapazitäten eröffnen, um gegen die Klimakrise zu arbeiten. Dennoch warnt sie davor, angesichts des vielschichtigen menschlichen Leids die Corona-Pandemie als positive Entwicklung für das Klima abzustempeln. Aber die Erkenntnisse aus den Veränderungen können uns helfen „[…] unsere Wirtschaft so wiederaufzubauen, dass Wachstum nicht auf Kosten der natürlichen Ressourcen geht, sondern, dass alle Menschen gut versorgt sind und […] nicht […] wenige sehr viel Geld verdienen […]“.