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Bild: bonnFM

„Die Geschichten der Menschen machen Stadtgeschichte aus“ – Bonner Geschichte neu erleben

Lesezeit: 3 Minuten

Das Projekt „citystories“  erzählt die Bonner Stadtgeschichte neu – das Stadtmuseum Bonn hat das Projekt zusammen mit dem fringe ensemble im letzten Jahr ins Leben gerufen. Die Idee: Bonner Bürger*innen erzählen ihre Geschichten, die sie an bestimmten Orten in Bonn erlebt haben. Mit Svenja Pauka vom fringe ensemble habe ich genauer über das Projekt gesprochen.

Nah an den Menschen

Stadtgeschichte im Museum wird wohl häufig eher mit verstaubten Dokumenten als mit spannenden Geschichten der Bürger*innen verbunden. Das Stadtmuseum Bonn will weg von diesem Narrativ und sich neu ausrichten. Dabei werden sie vom fringe ensemble unterstützt – das Theaterensemble des Theaters im Ballsaal in Endenich. Die Idee entstand aus einem anderen Projekt des Ensembles:

 „Wir hatten in Bad Godesberg das Projekt „citizenmap“ gestartet, wir haben dabei Menschen in Bad Godesberg interviewt zu bestimmten Orten oder Geschichten, die in Bad Godesberg spielen. Das Stadtmuseum hat von dem Projekt erfahren und uns angefragt, ob wir sowas ähnliches auch für Sie machen können. Nämlich Geschichten von Bonner Bürgern sammeln und dann veröffentlichen.“

Svenja Pauka im Interview mit bonnFM

Das Ensemble hat in den letzten 20 Jahren schon öfter auch dokumentarisches Theater gemacht – also Menschen interviewt und diese Interviews dann mit einem Theaterstück auf die Bühne gebracht. Den Ansatz, auch bei der Erzählung der Stadtgeschichte Menschen aktiv miteinzubeziehen, findet Svenja Pauka super.

„Ich glaube, dass man den Menschen tatsächlich die Geschichte ihrer Stadt näherbringt, wenn man näher an Ihnen dran ist.“

Svenja Pauka im Interview mit bonnFM

Die City-Stories

Um an die Geschichten für das Projekt zu kommen, braucht es natürlich auch die Menschen, die sie erzählen. Dafür ist das fringe ensemble ganz klassisch mit einem Aufnahmegerät auf die Straße gegangen und hat die Menschen gefragt „Gibt es einen Ort mit dem sie eine persönliche Geschichte verbinden?“. Dabei wurden ihnen die unterschiedlichsten Geschichten erzählt, aber nicht alle Geschichten eignen sich für das Projekt. Wichtig war dem Ensemble einerseits, dass die Geschichten sich im ganzen Stadtgebiet befinden. Ziel war es, am Ende verschiedene Spaziergangrouten zu erstellen, sodass die Bonner*innen ihren Sonntagsspaziergang mit der citystories-App verbringen können. Andererseits hat das fringe ensemble vor allem nach tiefgründigen Geschichten gesucht.

„Natürlich muss die Geschichte auch irgendwas erzählen. Es gab auch Menschen die uns nur ganz kurz in drei Sätzen was erzählt haben. Das bleibt dann – ich nenn das jetzt mal so – eine Fassade. Wir wollten gerne noch ein bisschen dahintergucken und hören, wie die Menschen sich auch gefühlt haben.“ 

Svenja Pauka im Interview mit bonnFM

Zwischen Liebe und Katastrophe

Am Ende ist eine bunte Mischung aus witzigen, spannenden, aber auch traurigen Geschichten entstanden. Die Geschichten sollen das Leben wiederspiegeln – und das Leben ist eben nicht immer nur witzig, sagt Svenja Pauka. Ihre Lieblingsgeschichte ist die Geschichte vom Jagdweg in Poppelsdorf über die Maibaumtradition. „Rheinisch, herzlich und berührend“ – so beschreibt sie die Geschichte. Besonders bewegend ist für Svenja Pauka die Geschichte an der Kennedybrücke, die im Jahr 1986 eine Woche nach der Tschernobyl-Katastrophe spielt. Ein Mann erzählt, wie während des Feuerwerks „Rhein in Flammen“ Panik ausgebrochen ist, weil es regnen sollte und durch den Regen die atomare Strahlung Bonn erreicht hätte. Die Polizei rief alle Menschen auf, nach Hause zu gehen – er konnte aber seine Freundin nicht finden und weil es noch keine Handys gab auch nicht erreichen. Svenja Pauka war noch ein Kind, aber weiß trotzdem noch, welche Ängste sie damals hatte. Die Geschichte lässt bestimmt nicht nur Svenja Pauka an eine bewegende Zeit zurückdenken.

“studio_bnx” in der Franziskanerstraße (Bild: bonnFM)

Teil Bonner Geschichte werden

Die Stories von der Straße wurden von Schauspieler*innen möglichst originalgetreu und ungekürzt nachgesprochen. Insgesamt gibt es fast fünfzig verschiedene Orte mit Geschichten zum Anhören. Die jeweiligen Orte können in der citystories-App gefunden werden, sind aber auch durch die gelben Schilder im ganzen Stadtgebiet gekennzeichnet – vor Ort kann dann der QR-Code gescannt und sich die Geschichte angehört werden. Das StadtmuseumBonn hat das Projekt mit der Eröffnung des „studio_bnx“ erweitert. Bonner Bürger*innen sind eingeladen in das Studio in der Franziskanerstraße 3 zu kommen und aktiv Bonner Stadtgeschichte durch ihre eigenen Stories mitzugestalten.