Als Liedermacher ist Götz Widmann schon lange in der Alternativen Szene bekannt. Er ist damals mit dem Duo Joint Venture groß geworden, hat eine lange Zeit in Bonn gewohnt und steht schon seit über 20 Jahren auf der Bühne. Am Freitag ist er wieder im Phanteon – Grund genug, ihn mal zu interviewen!
bonnFM: Götz, du hast einige Zeit hier in Bonn gelebt. Würdest du sagen, das hier ist deine „Hood“?
Götz: Ja, das ist tatsächlich so was wie ein Heimspiel hier.
bonnFM: Was macht Bonn so besonders?
Götz: Ich hab hier einfach über 20 Jahre gelebt und freue mich immer wieder da zu sein. Das ist so ein Eintauchen in ganz, ganz uralte Passagen meines Lebens. Ich hab hier damals mit Joint Venture – mit meinem Partner Kleinti zusammen – angefangen. Wir haben hier unsere allerersten Schritte gemacht. Eigentlich ist jeder Quadratmeter hier mit irgendeiner Erinnerung aufgeladen. Wenn man so lange an einem Ort gewohnt hat, dann hat man an jeder Ecke eigentlich irgendwas mal erlebt.
bonnFM: Du sprichst Kleinti an und damals deine Zeit mit Joint Venture. Wie ist es jetzt als Solokünstler, hier wieder herzukommen?
Götz: Naja, ich mach das jetzt schon 15 Jahre. Ich hab das neulich mal ausgerechnet – ich bin schon doppelt so lange Solokünstler, wie ich das ganze Joint Venture-Ding gemacht habe.
bonnFM: Aber du wirst immer wieder drauf angesprochen…
Götz: Ja, natürlich. Das ist ja auch meine Vergangenheit. Rio Reiser muss sich ja auch immer wieder zu Ton Steine Scherben äußern. Ist doch okay. Ich bin auch echt im Einklang mit den Sachen, die wir damals gemacht haben. Ich hör mir ab und zu auch noch ’ne alte Platte an und freu‘ mich dann drüber.
bonnFM: Wir sind ja jetzt kurz vor deinem Auftritt. Wie bereitest du dich für deine Auftritte vor?
Götz: Ich finde gutes Essen ist ganz wichtig. Erst guckt man, dass der Sound stimmt und dann versucht man was Vernünftiges in den Bauch zu kriegen. Und heute – das ist aber eher eine Ausnahme – hab ich den ganzen Tag im Bett gelegen, weil ich so ein kleines bisschen angeschlagen bin. Bonn ist immer was besonders für mich – es wird auch gleich ziemlich voll – da will ich das heute auch in Bestform durchstehen. Deswegen hab ich gestern Abend zum Beispiel auf die After Show Party verzichtet – auch nicht geraucht. Das ist zwar ein bisschen artfremdes Verhalten, wenn man auf Tour ist, aber ich wollte heute einfach ein schönes Konzert hinlegen und jetzt geht’s einigermaßen. Ich freu‘ mich drauf!
bonnFM: Du wurdest früher gerne mal mit einer Tüte auf der Bühne gesehen. Gibt’s das heute auch?
Götz: Das gibt es eher selten. Irgendwann hab ich festgestellt, dass ich besser bin, wenn ich nüchtern auf die Bühne gehe, dass ich mich vielleicht besser fühle, wenn ich auf der Bühne breit bin. Aber die Selbstwahrnehmung weicht da von der Realität ab! Ich bin dann auch irgendwie schlagfertiger, kann besser auf Zurufe reagieren, vergesse meine Texte nicht und die Leute zahlen ja auch eine Menge Eintritt für die Konzerte. Die sollen dann auch was Vernünftiges dafür bekommen…
Ich kann das jetzt auch gar nicht mehr. Früher waren wir zu zweit. Da konnte man während der andere gesungen hat so ein bisschen Abschalten und mal nur Gitarre spielen… Seit ich alleine auf der Bühne bin, hab ich mir das nach und nach abgewöhnt.
bonnFM: Nach über 20 Jahren Bühnenerfahrung ist es da überhaupt noch geil auf die Bühne zu gehen?
Götz: Ich finds jedes mal geil! Zur Zeit hab ich so ein Hochgefühl tatsächlich. Jetzt im Herbst hab ich nicht so viel gespielt – war noch mal im Urlaub und gab ein paar kleinere Konzerte weggelassen einfach um mal ne Pause lassen und jetzt ist einfach jedes Konzert ein Erlebnis.
bonnFM: Du hast ja dein BWL-Studium damals abgeschlossen und bist dann Sänger geworden… Unsere Hörer sind hauptsächlich Studenten… Also lieber Studium fertigmachen oder sollten sie direkt Sänger werden? Und wenn, wie werden sie Sänger?
Götz: Das kommt wirklich auf den Einzelfall an. Also es ist echt so, dass das natürlich ein Traumleben ist, aber die meisten Leute, die das probieren, schaffen es dann am Ende doch nicht so ganz. Es gibt nur ganz, ganz wenige Leute, denen ich wirklich raten würde ihren Day-Job oder ihr Studium aufzugeben, um Sänger zu werden. Da muss schon echt ne Menge Talent und Glück zusammenkommen damit es dann am Ende auch wirklich reicht. Also ich würde sagen: „Don’t quit your dayjob (im Normalfall)!“.
bonnFM: Was würdest du sagen, ist so der Charme von Bonn?
Götz: Bonn ist einfach, wie das ganze Rheinland, eine sehr, sehr liebenswerte Gegend. Es sind einfach die Menschen, die das so attraktiv machen. Nordrhein-Westfalen ist das bevölkerungsreichste Bundesland. Wer tolle Natur haben will muss eigentlich woanders hingehen. Aber die Menschen sind einfach so toll! Man kann hier so schnell Anschluss bekommen und ich bin hier immer auf so viel Wohlwollen gestoßen… Ich bin Wahl-Rheinländer! Seit kurzem bin ich wieder in Köln und das ist irgendwie auch immer so ein warmes Gefühl, wenn man hier weggeht.
bonnFM: Ist also das Rheinland für dich der perfekte Ort zum Leben?
Was mich so ein bisschen nervt zurzeit, ist dieses absolute Rauchverbot! Das finde ich zu radikal. Geht mir echt auf die Nerven. Dass es zum Beispiel im Januar nicht mal einen Raucherraum geben kann und man da auf der Straße stehen muss. Dann sind da immer diese Heizpilze und das ist ja auch schlecht für die Umwelt! Also ich bin da dagegen und wäre dafür, dass mal ein bisschen zu enthysterisieren. Der Minderheit der Raucher sollten wenigstens wieder ein paar Mindestmenschenrechte eingeräumt werden! Das ist mein großer Kritikpunkt an Nordrhein-Westfalen zurzeit!
bonnFM: Vielen Dank!
[Dieses Interview haben wir auf seiner letzten Tour geführt (Dez. ’15)]
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Am Freitag, den 13.05. spielt er im Phanteon. Tickets hier.
Eindrücke gibts hier, hier und hier.
Radio: Seit 2011.
bonnFM: Ehem. Chefredakteur, jetzt Moderator und Eventmanager.
Studium: Medienwissenschaft und Musikwissenschaft.
Sonst: Musiker und Journalist.