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Bild: Pressefoto (c) Anna Spindelndreier

„In meinem Studium war ich immer der erste und einzige Mensch mit Behinderung“ – Inklusionsaktivist Raúl Krauthausen im Interview

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Raúl Krauthausen ist seit mehr als 15 Jahren Inklusionsaktivist und setzt sich unter anderem mit seinem Verein „Sozialheld*innen“ für mehr Teilhabe und Barrierefreiheit in der Gesellschaft ein. Nach seiner Autobiographie, die er 2014 geschrieben hat, folgt jetzt sein zweites Buch „Wer Inklusion will, findet einen Weg. Wer sie nicht will, findet Ausreden.“ Thisbe Westermann und Marie Zabel haben mit ihm über seine Motivation zum Buch und über seine eigenen Erfahrungen im Studium gesprochen.

„Warum sind die Dinge eigentlich so wie sie sind?“

Die Motivation, in einem Buch über Inklusion aufzuklären, zieht Raúl Krauthausen vor allem aus seiner eigenen Betroffenheit:

„Mutmaße nicht die Probleme, die andere haben könnten, sondern fang mit deinen Problemen an.“

Raúl Krauthausen im Interview mit bonnFM

Als Mensch, der im Alltag durch so viele Barrieren behindert wird, ergeben sich die Probleme recht schnell. Den Antrieb zum Schreiben des Buchs zieht er einerseits aus seinem eigenen Zorn darüber, warum sich im Bereich Inklusion und Barrierefreiheit so wenig tut. Andererseits aus seiner Neugier, Fragen zu beantworten und neue Lösungen zu finden. Er möchte Dinge anders machen – besser machen. Für Menschen mit und ohne Behinderung.

„Lasst euch nichts ausreden!“

Seine Neugier war auch der entscheidende Punkt, warum er mit Motivation in sein Studium gegangen ist. Er wollte alles ausprobieren und überall mal reinschnuppern. Er hat aber auch gemerkt, Menschen mit Behinderung wird weniger zugetraut – zum Beispiel ein Auslandssemester mit Rollstuhl? Ne das geht nicht. Im Nachhinein fragt er sich: Warum habe ich das geglaubt? Daher möchte er Studierenden mit Behinderung raten, sich zu vernetzen, einfach um alle Möglichkeiten mitzubekommen. Und: sich nichts ausreden zu lassen, und stattdessen nach Lösungen zu suchen. Als Aktivist ist es sein Ziel, Menschen im wahrsten Sinne des Wortes zu aktivieren, zur Diskussion anzuregen – um einen Schritt näher an neue Lösungen zu kommen.

Perspektivwechsel

Für sein zweites Buch war ihm vor allem wichtig, nicht nur aus seiner eigenen Perspektive zu schreiben. Sein Buch gibt Raum für Geschichten von Menschen mit Behinderung und für Expert*innen. Mit Sven Papenbrock beispielsweise spricht Raúl Krauthausen in seinem Buch über die Arbeit in Behindertenwerkstätten. Sven Papenbrock hat 13 Jahre lang in einer solchen Einrichtung gearbeitet und fordert eine gerechte Entlohnung für die Arbeit von behinderten Menschen. Der durchschnittliche Verdienst liegt bei 1,35€ pro Stunde – dass das nicht für den Lebensunterhalt reicht, ist klar.

Den Status quo in Frage stellen

„Meine Hoffnung ist, dass sowohl behinderte als auch nichtbehinderte Menschen neue Denkanstöße aus diesem Buch mitnehmen – ganz unabhängig davon, wie tiefgehend man sich bereits mit dem Thema „Inklusion“ beschäftigt hat.“

Raúl Krauthauen in seinem Buch “Wer Inklusion will, findet einen Weg. Wer sie nicht will, findet Ausreden.”

Sein Buch soll aufklären, ganz allgemein über den Begriff der Inklusion, aber auch tiefergehend über das Leben mit Behinderung – in der Schule, auf dem Arbeitsmarkt, in privaten Beziehungen oder in der Kulturbranche. Es stellt den Status quo in Frage und zeigt Lösungsideen auf, wie Menschen mit und ohne Behinderung in Zukunft miteinander und nicht nebeneinander leben können.