Man kennt ihn von ausgelassenen Bühnenshows der norwegischen Indie-Pop-Band “Kakkmaddafakka”: Gitarrist, Sänger, und Maler Axel Vindenes. Zum Erscheinen seines neuen Songs “Yesterday” haben wir mit ihm über sein neues Solo Projekt geredet.
bonnFM: Dein neuer Song „Yesterday“ hat uns sehr gefallen. Er bringt eine schöne Atmosphäre in den Tag. Wie war dein Morgen?
Axel Vindenes: Wow, vielen Dank. Das freut mich sehr. Ich hatte einen schönen Morgen. Habe auf meinem Handy die Nachrichten gelesen, mir Frühstück gemacht. Gerade bin ich von einem Spaziergang mit dem Hund zurückgekommen.
bonnFM: Wie kommst du mit der Corona Situation zurecht?
Axel Vindenes: Natürlich ist es in letzter Zeit bedrückend gewesen. Aber ich bin nicht die Art Mensch, die sich davon runterziehen lässt. Ich wende viel Energie für mein Solo-Projekt auf, ich male und habe angefangen im Garten eine große Terrasse und ein Becken zu bauen, alles aus Holz.
bonnFM: Das klingt nach einem ganz schön vollen Tag: Du malst, du bist am werkeln – und produzierst auch noch Musik.
Axel Vindenes: Jeden Tag, stimmt. Ich bin ein aktiver Typ, ich liebe das – viele Dinge zu tun, keine Angst zu haben. In dieser Hinsicht bin ich ein aggressiver Typ. Ich übernehme die Kontrolle über mein Leben.
bonnFM: War das auch ein Grund dafür, deine Solo-Karriere zu starten – damit du mehr Kontrolle darüber hast, was du tust?
“Ich habe viel Energie in die Band investiert und hatte das Gefühl, es wäre interessant für die Welt, mich zu sehen, nur mich”
Axel Vindenes: Nein, das kam einfach natürlicherweise. Mein Bruder hat auch eine Solo-Karriere gestartet, wir haben viel mit Kakkmaddafakka gemacht. Ich habe viel Energie in die Band investiert und hatte das Gefühl, es wäre interessant für die Welt, mich zu sehen, nur mich. Und auch für mich wär es spaßig, nur meine eigene Musik zu machen – Hundertprozent ich. Ich liebe es Teil eines Teams, eines Kollektivs zu sein und sicherzustellen, dass jeder sich sein Brot verdient. Aber dann muss man auch auf eine etwas andere Weise denken, als wenn man sein eigenes Ding macht. Und für mich wurde es Zeit, individualistisch zu denken, nachdem ich für eine sehr lange Zeit kollektivistisch gedacht habe. Fünfzehn, Sechzehn Jahre habe ich mein Bestes in die Gruppe geleitet.
bonnFM: Wie fühlt es sich an, nochmal ganz neu loszulegen?
Axel Vindenes: Gerade ist alles sehr aufregend. Ich habe bis jetzt noch kein Konzert solo gespielt. Natürlich habe ich für einige Freunde Solo-Auftritte hingelegt – jetzt kann ich es wirklich nicht erwarten, meine Musik den Menschen da draußen zu zeigen und zu sehen, ob es ihnen gefällt. Das ist ein Abenteuer für mich. Ich bin es gewohnt, diese Band mit dem merkwürdigen Namen zu haben – Jetzt benutze ich meinen eigenen Namen, der auch merkwürdig ist, aber nicht so sehr wie “Kakkmaddafakka”. Ich bin bekannt dafür, viele Spitznamen zu haben, aber ich wollte kein Aufheben um den Namen. Es ist dazu ein deutscher Name, darauf bin ich stolz.
bonnFM: Du wolltest dich also auf deinen eigenen Musikstil konzentrieren. In welche Richtung möchtest du stilistisch gehen?
Axel Vindenes: Das Tolle an diesem Projekt ist, dass ich darüber selbst entscheiden kann – welche musikalische Essenz von Axel ich wirklich will. Ich versuche Inspiration aus Songs zu ziehen, an die ich mich wirklich gut erinnere. Eines dieser Lieder stammt aus der Zeit, als ich vier Jahre alt war und mein Vater die Band Gipsy Kings auflegte mit dem Song “Bamboleo”. Dieser Song ist 100% ich, in einem kleineren Rahmen – Er beschreibt sehr gut, wie ich mich häufig fühle. Ich habe eine ganze Menge Lieder in meinem Leben, an die ich mich sehr gut erinnere. Daraus ziehe ich Inspiration und versuche Musik zu schaffen, bei der ich mich fühle, wie ich mich bei diesen Liedern fühle. Andere Songs dieser Art sind zum Beispiel “Saturday Night” von Whigfield, “You’re My Heart, You’re My Soul” von Modern Talking oder “Rasputin” von Boney M. So viele Songs, bei denen ich gleich beim ersten hören dachte: “Wow!”.
bonnFM: Das ist es ja auch, was den Menschen an eurer Musik und euren Konzerten gefällt – Diese lebendige Atmosphäre. Meinst du, du kannst auch als Solo-Act diese Art von Energie rüberbringen?
Axel Vindenes: Ich werde es versuchen. Ich weiß nicht, ich kann nichts versprechen. Ich liebe DJing und die Musik, die ich gerade produziere, ist auch dafür gedacht, dass man sie mit einem DJ-Set spielen kann. Mein Traum ist es, gleichzeitig live und DJ sein zu können. Natürlich werde ich meine ganze Energie und mein Geplapper von KMF mitbringen, aber mit KMF ist das etwas anderes. Wir sind schon seit 16 Jahren unterwegs – Das ist etwas ganz spezielles, da werde ich gar nicht erst versuchen, dasselbe zu erzeugen. Mich mit KMF zu messen, ist ziemlich schwer für mich.
bonnFM: Gibt es etwas, worüber du dir wirklich Sorgen machst, wenn es um deine Solo-Karriere und deine eigenen Konzerte geht?
Axel Vindenes: Ich mache mir nie Sorgen. Ich mache mir nur Sorgen um den negativen Scheiß, der wirklich passiert. Und davon passiert sehr viel. Aber ich mache mir nie Sorgen über Dinge, die nur möglicherweise schiefgehen könnten. Sehr viele Leute tun das – ich nicht. Das habe ich dadurch gelernt, herumzutouren und der Chef zu sein – Eine Menge Scheiß passiert, und das die ganze Zeit. Wenn du deine Energie darauf verwendest, dir auch noch Sorgen um den Scheiß zu machen, der vielleicht passieren könnte, hast du keine Energie mehr für das Konzert, da habe ich strikte Regeln..
“Aber ich mache mir nie Sorgen über Dinge, die nur möglicherweise schiefgehen könnten”
Ich akzeptiere keine schlechten Nachrichten um mich, das ist wieder eine Art der Kontrollübernahme. Setz dich nicht in mein Wohnzimmer und mach dir Sorgen. Ich bin ein starker Typ, ich lasse mich nicht von irgendwem oder der Gesellschaft von meiner Freude abbringen, davon, ich selbst zu sein.
bonnFM: Was für eine Message hat der Song “Yesterday” und wie hast du ihn produziert?
“Es gibt nur sehr viele gebrochene Herzen da draußen, die viele Lieder brauchen”
Axel Vindenes: Das, was ich am liebsten mache, sind traurige Liebeslieder. Und “Yesterday” ist eines davon. Aber auch ein bisschen anders. Es schwingt ein bisschen mehr Veränderung mit. Im Grunde geht es darum, sein Herz gebrochen zu bekommen. Ein gebrochenes Herz ist ein starkes Gefühl, und es braucht viele Songs. Ich bin sehr glücklich damit, wie das Lied letztendlich geworden ist. Darin steckt nichts neues, was ich probieren möchte. Es gibt nur sehr viele gebrochene Herzen da draußen, die viele Lieder brauchen.
bonnFM: Wie hast du den Song produziert?
Axel Vindenes: Ich habe mich viel inspirieren lassen von Abba, Boney M. und Modern Talking, und dann habe ich einfach angefangen. Dieser Song hatte ursprünglich einen anderen Refrain, der mir zu simpel war. Also habe ich einen ganz anderen Refrain gemacht, der absolut beschissen war. Und so funktioniert Kunst manchmal: Du machst etwas wirklich gutes und merkst gar nicht, dass es gut ist – Dann machst du etwas, von dem du denkst, dass es gut ist, und letztendlich kommt aber heraus, dass das gute Zeug beschissen und das beschissene Zeig doch gut war. Das Leben ist ganz schön mysteriös. Musik und Malerei sind im Grunde dem Leben sehr ähnlich.
bonnFM: Als studentisches Radio ist ein Großteil unserer Hörer*innen in seinen frühen Zwanzigern. Du bist 33 Jahre alt – was sind deine prägendsten Erinnerungen an deine Zwanziger?
Axel Vindenes: Oh, ich hatte so viel Glück – ich hatte eine Band. In meinen frühen Zwanzigern wollten wir also einfach in einer Band spielen. Schon von Anfang an hatten wir das Gefühl, eine der besten Bands der Welt zu sein, und das Gefühl haben wir immer noch. Und im Grunde habe ich einfach nur ja gesagt, zu egal welchem Konzert in den letzten 16 Jahren. In den letzten sieben Jahren sind wir teurer geworden, aber anfangs haben wir mal in Marburg gespielt, auf einer winzigen Bühne, für 300 Euro. So haben wir das gemacht- zwei bis drei Mal pro Jahr sind wir auf Tour in Deutschland, in Europa gegangen, haben in Hostels geschlafen, hatten kleine Autos, haben Leute getroffen, Dinge getan. Darum geht es – das Leben zum Laufen bringen. Ich habe tausende Geschichten.
“Schon von Anfang an hatten wir das Gefühl, eine der besten Bands der Welt zu sein, und das Gefühl haben wir immer noch”
bonnFM: Wenn dich also jemand darum bitten würde, in deren Wohnzimmer zu spielen, würdest du es machen?
“Mein Rat an junge Menschen ist also: Seid wie ich”
Axel Vindenes: Das ist irgendwo mein Plan mit diesem Solo-Projekt. Das Geld muss natürlich stimmen, aber dann fliege ich da runter, bringe mein Mikro mit und starte eine verdammt geile Party. Mein Rat an junge Menschen ist also: Seid wie ich. Übernehmt die Kontrolle über euer Schicksal. Wenn ihr keine Band habt – startet eine. Sagt ‘Nein’ zu negativem Scheiß. Akzeptiert auch nicht die Angst vor Dingen, die noch gar nicht passiert sind und dich eigentlich nur von deinem Spaß abhalten.
Tretet die Türen der Negativität ein und öffnet die zur Positivität. Als ich jünger war hatte ich ein bisschen zu viele negative Menschen um mich herum. Die haben mich auch stärker gemacht, klar, aber wenn ich könnte, würde ich jetzt andere Menschen um mich herum wählen.Das ist das einzige, was ich bereue. Es gibt viele Menschen, die sind einfach negativ drauf und denen kann auch nicht geholfen werden und das tut mir leid, aber für mich bist du tot, wenn du ein negativer Mensch bist. Wenn du aber ein positiver Mensch bist, dann bist du auch willkommen und wir können für den Rest unseres Lebens Spaß haben. So mach ich das, und ich bin stolz drauf. Ich mach es immer, wie ich will und Gott sagt mir, ich soll weitermachen.
bonnFM: Möchtest du unseren Hörer*innen noch etwas sagen?
Axel Vindenes: Danke an alle, die Interesse an mir haben. Musik ist ein Lebensretter. Ich habe über fünf Freunde, die sich umgebracht haben. Ich kenne hingegen bisher niemanden, der am Coronavirus gestorben ist, darauf liegt nicht mein Fokus. Eins der besten Dinge dagegen, dass sich Leute umbringen ist es, Live-Konzerte zu spielen. Das ist ein großes Problem hier in Norwegen. Viele meiner weiblichen Freundinnen kommen zu mir und sagen, dass es nur noch schwache Männer gibt. Ich bin zwar kein schwacher Mann, aber ich kann das bestätigen. Es gibt viele Theorien darüber, warum das so ist, aber ich denke es ist sehr wichtig, bei ihnen Selbstvertrauen aufzubauen.
Anmerkung der Redaktion:
Bis zum 29.08.2020 meldete die John Hopkins University weltweit insgesamt 24.795.970 Corona-Infizierte, darunter 838.441 Todesfälle. In Norwegen gibt es bisher insgesamt 10.599 Infizierte und 264 Tote.
Als Redaktion von bonnFM stehen wir nicht hinter allen Ansichten und Aussagen, die Axel Vindenes an einigen Stellen des Interviews trifft. Dennoch wollten wir das Interview so vollständig wie möglich veröffentlichen, damit sich jede*r eine eigene Meinung bilden kann.
Das passende Musikvideo zu Axel Vindenes neuem Song “Yesterday” findet ihr hier:
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