Die dritte Sitzung des Studierendenparlament (SP) dieses Jahres zog sich in die Länge – knapp 5 Stunden wurde diskutiert. Insgesamt 25 Punkte standen auf der Tagesordnung und am Ende wurde der letzte Tagesordnungspunkt auf die nächste Sitzung vertagt. BonnFM-Reporter Jan Kandyba trägt die spannendesten Anträge zusammen.
Die Sitzung begann mit kleineren Finanzanträgen, die meisten davon wurden einstimmig verabschiedet. Das SP hat aber nicht nur über das Geld beraten, sondern über teilweise auch bundespolitische Themen. Die den Anträgen vorausgehenden Berichte aus den Ausschüssen und Referaten waren relativ unspektakulär. Was viele von uns jedoch in nächster Zeit betrifft, ist die Kooperation mit Nextbike. Die muss vom Allgemeinen Studierendenausschuss (AStA) dieses Jahr neu verhandelt werden.
Antisemitismus und Konsens
Die alljährliche Antisemitismusresultion wurde dieses Jahr zu einem sehr kontroversen Punkt. Zwar würde kaum eine Fraktion allein die Notwendigkeit einer solchen Resolution anzweifeln – was das Thema an sich sehr konsensfähig macht – jedoch finden durch die Nahost Thematik seit 2023 vor allem die beiden Linken Hochschulgruppen die Liste undogmatischer Student*innen (LUST) und der Sozialistisch-Demokratischer Studierendenverband (SDS) keinen Konsens zur Israelkritik mehr. Im Vorfeld haben dieses Jahr alle Fraktionen durch Beratungen versucht, gemeinsame Punkte zu finden, jedoch ist in Punkto Israelkritik kaum eine Fraktion konsensfähig mit dem SDS. Leider musste mitten in der hitzigen Debatte aus Zeitgründen die Sitzung vertagt werden.
Besprochen wurde hier aber ein Antrag der Regierungskoalition, bestehend aus der Liste Poppelsdorf (LP) und der Juso-Hochschulgruppe und Links-Grüne Liste (JLGL). Wie immer beziehen sich die Bonner SP-Beschlüsse zu Antisemitismus auf einen antisemitischen Vorfall auf einen jüdischen Professor aus dem Jahr 2018. Ganze vier Änderungsanträge des SDS mussten besprochen werden. Im Kern ging es in der Auseinandersetzung um die Streichung des “israelbezogenen Antisemitismus” aus der Resulution. Der Ring Christlich-Demokratischer Studenten (RCDS) kritisierte das mit Verweis auf existenten israelbezogenen Antisemitismus, worauf der SDS beinhart darauf verwies, dass die antisemitische Gewalt in Deutschland von Rechts käme, und verwies klar zurück an den RCDS. Direkt gerieten die beiden Parteien an den Rändern des Parlaments in Unruhe. Das Präsidium hat auch im Sinne der Zeit kurz überlegt, die Sitzung wegen “Unruhe im Saal” zu vertagen.
Neoliberalismus und Demokratismus
Im Gegensatz dazu liefen die Debatten zu den zwei Anträgen der Liberalen Hochschulgruppe (LHG) sehr konstruktiv ab. Beide Anträge waren sehr kurz und unausgereift formuliert, aber hatten die Zielsetzung, das Interesse an den SP-Wahlen innerhalb der Studierendenschaft zu erhöhen.
Da vor allem die Umsetzung des SP-O-Mat keinen Wortlaut im eigentlichen Antrag fand, fand die Debatte darum im Plenum statt; wer bestimmt die Fragen und framed damit die Ergebnisse? Direkt wurde von einigen auf bonnFM verwiesen. Einige andere zweifelten die Erfolgschancen an. Die LHG beteuert aber, wie auch beim darauf folgenden Antrag, dass ähnliche Lösungen an anderen Hochschulen Erfolg bieten. Konkrete Fälle wurden aber nicht genannt. Auch wenn der Antrag mehrheitlich abgelehnt wurde, habe ich später nach der Sitzung von einigen wenigen gehört, dass sie die Idee an sich gutheißen, wäre nur die Umsetzung im Antrag durchdachter.
Der zweite Antrag stieß bei den Parlamentarier*Innen auf durchaus mehr Gegenwind: der Antrag für eine Liveübertragung der Sitzungen. Auch dieser hatte Luft nach oben; statt einen Vorschlag für die Umsetzung zu machen, was zu einem gut durchdachten Antrag durchaus dazu gehört, wird in ganzen drei Zeilen gefordert, diese zu prüfen. Viele hatten Sorge, viral zu gehen und mit Klarnamen öffentliche Aussagen zu tätigen, was an sich unter demokratischen Aspekten eines Parlamentes – einem öffentlichen Raum des Diskurses – kein Problem sein sollte. Aber durch den unfertigen Antrag war auch diese Debatte schnell vorbei und der Antrag abgelehnt.

Bild: Studienparlament
Bundeswehr und Karriere
Wie ein gut orchestriertes Theaterstück begann die Debatte zu dem vorletzten Antrag. Der Punkt stand nicht auf der Tagesordnung, war also ein sogenannter Tischantrag. Im Kern geht es um eine Karrieremesse am Juridicum in etwas weniger als 2 Wochen. Da soll die Bundeswehr einen Stand bekommen, und der SDS hat beantragt, sich als SP dagegen auszusprechen. Der RCDS und die LHG haben sofort prompt betont, wie wichtig eine Bundeswehrpräsenz auf dem Campus sei. Ein Abgeordneter des RCDS hat noch die Attraktivität und die “kurzen” Kündigungsfristen bei der Bundeswehr positiv als attraktiven Arbeitgeber hervorgehoben. Da gerieten schon die beiden politischen Lager an die Fronten.
Der Antrag, der Bundeswehr keine Bühne zu bieten, wurde jedoch nach ein paar Beratungen zwischen der AStA-Koalition und dem SDS von allen Parteien bis auf die LHG und den RCDS angenommen.
8. Mai – der alljährliche Versuch
Hier glückte der Beschluss eines Antrags, den linke Hochschulgruppen im SP seit Jahren stellen. Es geht darum, den 8. Mai als Befreiungstag vom deutschen Faschismusregime zu feiern – ein Herzensprojekt der LUST. Die Fachschaftenkonferenz (FSK) sieht jedoch den Feiertag aus praktischen Gründen schwierig. Vor allem in zentral regulierten Studienfächern wäre es praktisch unmöglich, zwischen Anwesenheitspflichten und Laborpraktika einen Feiertag einzuführen. Nach einigen Debatten über die Benennung des Tages, einigte sich das SP auf einen Tischantrag der LP für einen universitären Tag zu Seminaren zu diesem Thema. Aber auch das ist nur eine Aufforderung an das Rektorat.
Schlussstrich
Da die Zeit am Ende rannte, endete die Sitzung abrupt während des letzten Antrags. Nichtsdestotrotz war die Sitzung prall gefüllt mit verschiedenen Anträgen und Diskussionen.
Das war die erste SP-Sitzung, die ich besucht habe. Später habe ich noch mit einigen Vertretern der Hochschulgruppen gesprochen, und dadurch wurde mir erst klar, welchen Stellenwert der AStA, doch im studentischen Leben einnimmt: Verwaltet wird ein Budget von 16 Mio. Euro, von denen etwas mehr als 15 Mio. für das D-Ticket ausgegeben werden. Der Großteil von dem übrig gebliebenen Geld geht für den Verwaltungsunterbau des AStA drauf.
Es stimmt also, der Einfluss der dort potentiell getroffenen Entscheidungen kann direkten Einfluss auf die Gestaltung des Hochschullebens nehmen. Der Elefant im Raum der Hochschulpolitik wurde auch genau deshalb im SP besprochen: Das Interesse der Studierendenschaft an der Hochschulpolitik steht in keinem Verhältnis zu ihrer Bedeutung.