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Bild: bonnFM

Zwischen Moshpits und Melancholie – Schmyts “Heimkunft” nach Köln

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Am Mittwoch feierte Schmyt seinen Tourabschluss im Kölner Palladium. Es ist ein Wechselbad der Gefühle, von langsamer Traurigkeit zu ausgelassener Euphorie. Ein Abend voller Tanz, Dankbarkeit und poetischer Texte.

Tourabschluss mit Rekord

Die Schlange der Wartenden ist lang, als es zum Einlass um 18:30 Uhr anfängt zu regnen. Die halbleeren Bierflaschen, die entlang der Mauer des ausverkauften Palladiums stehen, beginnen sich mit Regenwasser zu füllen. Rund 4000 Menschen kommen zum Tourabschluss der Frühjahr 2023-Tour. Es ist das größte Schmyt-Konzert jemals.

Support Act ist Tristan Brusch. Nur mit Stimme und Gitarre auf der Bühne verpackt er Geschichten in seinen ruhigen Liedern.

Schmyt liefert tanzbare Traurigkeit

Es stauen sich Tanzlust und Hitze zwischen den unpraktischen Säulen im Palladium. Das Bühnenbild ist schlicht, ein großes Auge blickt auf das Publikum zurück. Um kurz vor 21 Uhr betritt Schmyt die Bühne unter großem Jubeln.

Er startet mit Liebe verloren. Das Publikum setzt direkt textsicher ein. Eine angenehm ruhige Melancholie schwappt von der Bühne und hängt sich in die bereits heiße und feuchte Luft der Halle. Mit Medusa dröhnt danach plötzlich der Bass vom Boden in den Bauch.

Die Setlist liefert gute Abwechslung zwischen ausgelassenem Schwitzen und ruhigen Momenten, in denen große Dankbarkeit für gelegentliche (und dringend nötige) Luftzüge herrscht. Besonders traurige Lieder wie Scherben und Schnittwunden teilen sich den Abend mit Liedern wie Tangobounce Freestyle, die Moshpits und Gequetsche entstehen lassen – auch, wenn man das bei einigen Liedern gar nicht unbedingt vermutet hätte. Es ist der Bass, der auch ruhige Lieder an diesem Abend tanzbar macht. Und seine einzigartige Stimme, die er stellenweise mit Live-Autotune verfremdet.

Abwechslung gibt es auch zwischen “Alt” und Neu. Seine erste Single Niemand wird gefeiert wie sein letzter Release Panikweiß, zusammen mit MAJAN. Mit Ich wünschte, du wärst verloren gibt es dann auch den typischen, aber immer schönen, Handylichter-Moment.

Sonst lässt diesiges, vor allem blaues Licht die Bühne erleuchten. Die Farbe Blau passt zum oft schweren, poetischen Ton seiner Musik. Und zum Cover seines ersten und aktuellen Albums Universum regelt, was er 2022 veröffentlicht hat und aus dem er an diesem Abend kein Lied auslässt. Auch von der 2021 erschienenen EP Gift werden alle Lieder gespielt.

Für Fans der allerersten Stunde gibt es Schmyts ältestes Projekt als Solokünstler zu hören. Am Song Monoton mit MAJAN und Megaloh hat er 2020 schon mitgearbeitet, als es Schmyt noch gar nicht gab, wie er verrät.

“Heimkunft” nach Köln und “sentimentale Scheiße”

“Ich habe mal in Köln gewohnt deswegen habe ich das Recht zu sagen, dass ich Köln ein kleines bisschen assi finde.” sagt Schmyt, der eigentlich Julian Schmit heißt, um zum Song Sternenstaub überzuleiten. “Aber auf die beste Weise.” versichert er.

Gegen Ende des Konzerts muss Schmyt “sentimentale Scheiße loswerden”. Für ihn ist das Konzert in Köln ein besonderer Termin. Eigentlich sollte die Tour schon vorbei sein, aber dann wurde ein Stopp in Köln als Tourabschluss hinzugefügt. Dort zu spielen fühlt sich für ihn an wie eine “Heimkunft”, sagt er.

Dann blickt er auf seine Anfänge zurück. Auf Zweifel und seinen Plan B, Musiklehrer zu werden. Das braucht er jetzt nicht mehr. “Ich bin euch unfassbar dankbar”. Sein letztes Lied des Abends ist Keiner von den Quarterbacks. Es geht ums Außenseiter-Dasein. Darum, dass jeder irgendwas nicht gut kann. Aber Schmyt betont auch, dass diese Schwächen uns besonders machen. Er macht deutlich, dass der Song für ihn eine Verarbeitung echter Erfahrungen ist, als er ein “true story” vor den ersten Zeilen ins Mikrofon murmelt. Dann singt das Publikum mit. Und das klingt – auch, wenn nicht alle gut singen können – richtig schön.

Tulpen zum Abschied

Nach knapp 1 1/2 Stunden verlässt Schmyt die Bühne mit einem Blumenstrauß in der Hand. Aus Blumen, die er zuvor zugeworfen bekommen hat. Als die Ersten sich schon in Richtung Ausgang bewegen, kommt er nochmal zurück und gibt die Tulpen ins Publikum. Damit zeigt er, was er zuvor gesagt hat: “Ich hab euch wirklich, auch wenn ich euch nicht kenne, ganz schön krass lieb”