Der Science Slam bringt mit Begeisterung Wissenschaft auf die Bühne und beim 24. Bonner Science Slam im Pantheon konnte einiges gelernt werden: was ein Aphantasist sich vorstellen kann, wie ein Statistiker Zeitung liest und woher das Glück kommt.
Die wenigsten haben wahrscheinlich Lust sich abends nochmal in die Uni zu schleppen und sich eine Vorlesung anzuhören. Anders war es Montagabend im Pantheon, hier sind die Leute zahlreich erschienen und es waren nicht nur Studierende dabei. Der Grund: Science Slam, denn hier wird Wissenschaft wieder sexy gemacht und Lust am Lernen verbreitet. Anstatt langatmigen oder fachspezifischen Vorträgen, haben begeisterte Wissenschaftler/innen hier die Möglichkeit von ihrer Forschung zu erzählen – mit viel Humor und gerne auch ein paar Memes…
How to: Science Slam
Was einen Science Slam ausmacht wird am Anfang erklärt: es soll leicht verständlich und möglichst witzig sein, dafür haben die Slammer/innen jeweils zehn Minuten Zeit. Fünf Kandidat/innen treten im Pantheon an, sowohl die Geistes- als auch die Naturwissenschaften sind vertreten und das wissenschaftliche Spektrum gut abgedeckt. Der oder die Gewinner/in soll am Ende durch das Publikum mit Applaus gekürt werden, Hauptgewinn sind die begehrten goldenen Boxhandschuhe.
Den Anfang macht das Geld
Moderator Niklas Fauteck führt mit viel Charme und Humor durch den Abend. Sein erstes Opfer ist aber keiner der Slammer, sondern arglose Zuschauer, denn jemand soll zuerst ganz unparteiisch die Reihenfolge der Auftritte durch Auslosen festlegen.
Der Abend beginnt mit Rufina Fingerhut, die sich mal für die Forschung zwei Wochen in eine Mensa im englischen Leeds gesetzt hat und den Studierenden beim Essen kaufen zugeschaut hat. Was sie dabei erforscht hat erzählt sie in ihrem Science Slam, denn als Wirtschaftspsychologin ging es nicht um das Essverhalten, sondern vielmehr um das Kaufverhalten der Studierenden. Die konnten das Mensaessen nämlich entweder mit Karte oder per Handyapp kaufen. Herausfinden wollte Rufina, welcher Zahlungsschmerz, der z.B. größer beim bar als mit der Karte zahlen ist, beim Bezahlen mit dem Handy empfunden wird. Wie smart es wirklich ist mit dem Smartphone zu bezahlen, darum ging es in ihrem Slam.
Umlaute und Glück
Weiter geht es mit der im Saarland lebenden, ursprünglich aus Wisconsin kommende Linguistin Carrie Ankerstein. Sie erklärt, warum das Erlernen der deutschen Sprache so schwer sein kann, vor allem für jemanden mit einem Englisch-sprechenden Gehirn. Da sind Umlaute, zahlreiche Morpheme und Binde-S dabei. Dass es andersrum für Deutsche auch nicht so einfach ist, englische Wörter richtig auszusprechen, zeigt Carrie auch und erklärt ganz nebenbei und sehr charmant wie Sprache systematisch funktioniert.
Johannes Feindler nimmt das Publikum mit auf seine Suche nach dem Glück, allerdings nicht dem Glück an sich, sondern viel mehr seiner Wortherkunft. Dabei landet er im 12. Jahrhundert und bei einer Menge Wein.
Starke Statistiken
Nach der Pause geht es weiter mit Lars Koppers, einem Statistiker, der erklärt wie er Zeitung liest. Wahrscheinlich ein bisschen anders als der Rest des Publikums, denn ihm geht es nur um die Schlagwörter in Artikeln, die er dann alphabetisch sortiert und in Zahlen verwandelt. Ziel seiner Arbeit ist es nämlich, die Berichterstattung von Journalist/innen zu analysieren und bestimmte Muster darin zu finden. Auf sehr humorvolle Weise erklärt er, wie bei seiner Analyse von Artikeln zur Bankenkrise ihm Jogi Löw auf seiner TrainerBANK oder TaliBANKämpfer in die Quere kommen.
Warum ca. 3% aller Männer doch nicht alle 7 Sekunden an Sex denken, mit dieser steilen These beginnt Merlin Monzel seinen Slam. Die 3% bezieht sich auf den Anteil an Aphantasisten in unserer Gesellschaft und Merlin ist selbst einer davon. Ein Aphantasist kann willentlich keine Vorstellungen abrufen, das heißt während bei den meisten Menschen beim Wort Hund direkt Bild von einem Dackel oder vielleicht Mops ins Gehirn schießt, bleibt es bei Aphantasisten einfach schwarz. Daten und Fakten, die können abgerufen werden, aber eben keine visuellen, geruchlichen oder geschmacklichen Erinnerungen. Das Ganze machte Merlin zum Thema seiner Masterarbeit, was bei seinem Professor die Frage provozierte, wie es denn mit sexuellen Fantasien sei.
Geteilter Goldhandschuh-Sieg
Gewinner gibt es diesen Abend sogar zwei, denn das Publikum klatscht so enthusiastisch, dass sich die Richter nicht festlegen können wer den meisten Applaus bekommt. Lars und Carrie kriegen somit jeweils einen goldenen Handschuh und gehen als siegreiche Doppelspitze aus dem Slam heraus.
Wer jetzt Lust bekommen hat, entweder selbst mitzumachen oder sich einen Science Slam anzugucken muss sich noch ein bisschen gedulden. Der nächste Slam wird am 5. Mai erneut im Pantheon stattfinden. Wichtig mitzubringen sind dabei vor allem Begeisterung an Wissenschaft, das gilt für Slammer/innen und Zuschauer/innen.