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Bild: Barbara Frommann

Beat-Boxen und Beatboxen – bonnFM beim Beatmachines-Konzert

Lesezeit: 4 Minuten

Musik ist eigentlich nur eine Aneinanderreihung einzelner Klänge. Klänge, die entweder von einem Instrument, unserer Stimme oder etwas ganz anderem erzeugt werden. Das Schülermanagerkonzert „Beatmachines“ hat dies effektiv zur Schau gestellt.

Lesezeit: 4 Minuten

Beatmachines, so heißen die kleinen Kästen, die der georgische Künstler Koka Nikoladze mit auf die Bühne brachte. Die meisten von ihnen sind winzig kleine Kästchen, die nicht so aussehen, als hätten sie irgendwas in der Nähe eines Orchesters verloren. Sie sind gespickt mit merkwürdigen Spiralen, Drähten, Stäben und Ähnlichem. Erst wenn sie vor mehrere Mikrofone gestellt werden, entfalten sie ihre Wirkung: Sie produzieren Geräusche, die verstärkt werden und somit eine Melodie produzieren. Ein kleiner Stab aus Eisen klingt wie ein „Kick“ und eine Box voll mit Spiralen erzäugt eine „Snare“, während der Bass durch ein Teelicht erzeugt wird, in das Gas hereingeblasen wird.

Das Ganze klingt auf dem Papier vielleicht wie eine low-budget Kopie von Musik, aber das Ergebnis spricht für sich. Wenn man die Augen verschließt, klingt es, wie ein Beat, der mit FruityLoops Studios erstellt wurde und für den Produzenten im Internet eine Menge Geld verlangen. Koka bedient seine Maschinen, die alle eine verschiedene Bandbreite an Lauten erzeugen können, mit einem Pad voller Regler, das sehr an ein DJ-Pult erinnert. Auch seine Bewegungen beim Mixen lassen ihn wirken wie den David Guetta der Gebrauchsgegenstände. Koka durfte seine Beatmachines damals im beliebten Format TEDx präsentieren, erregt damit aber nicht ganz so viel Aufmerksamkeit wie sein anderer Teil der Show.

Der Muhammed Ali der Beatboxer

Tom Thum kommt aus Australien und auch er war bei TEDx zu sehen. Doch nicht nur das, er hat sogar das meistgeklickte Video des Youtubekanals. 70 Millionen mal haben sich die Leute rund um die Welt sein besonderes Talent angeschaut: Er ist ein begabter Beatboxer. Tom öffnet seinen Mund und heraus kommen Geräusche, die man sonst nur aus Lautsprechern kennt. Auch er ist in sofern eine Beatmachine, dass er seinen eigenen Mund als Instrument benutzt. Bei seinen tiefen Basslines und Geräuschen, die nach einem Raumschiff klingen, bleibt kein Auge und auch das Mikro in seiner Hand nicht trocken. Jeder, der einen „Kick“ und „Bass“ mit dem Mund nachmachen kann, sei ein Beatboxer, erzählt uns Tom im Interview. Ganz nach diesem Motto brachte er auch dem Publikum die Grundzüge seiner Profession bei und motivierte alle „Boots and Cats“ zu sagen. Mit weniger Vokalen und einer höheren Geschwindigkeit kann so auch der Laie einen sehr simplen Beat mit der Stimme erzeugen.

Tom war jedoch nicht alleine aus Australien angereist. Sein Freund und Kollege Gordon Hamilton und das „Podium Strings“-Streicherensemble hatte er als Unterstützung im Schlepptau. Gordon selbst ist Komponist und Dirigent und kontrollierte mit einem Schwund seines Zeigestocks sowohl die talentierten Streicher, als auch das Orchester in Toms Mund. Auf der Bühne bot sich ein faszinierendes Zusammenspiel von Klassik und Beatboxing, das seine Wurzeln eher im HipHop hat. Beides harmonierte miteinander, wenn das Cello Toms tiefen Bass imitierte oder die Violinen mit ihren hohen, schnellen Melodien den rhythmischen Beat unterbrachen. Doch nicht nur im Zusammenspiel konnte man sie genießen, auch ohne Toms Hilfe versetze beispielsweise das von Gordon bei einer Polarexpedition komponierte Stück „Seven“ das Publikum in die tiefe Arktis. Das Ganze wurde untermalt mit stimmungsvollen Bildern des ewigen Eises auf der Leinwand im Hintergrund und die Temperatur des Saales schien sofort um einige Grade zu sinken.

Musik sind nur aufeinander abgestimmte Töne, die unser Gehirn nicht mehr segmentieren kann

Das wurde an diesem Abend klar. Wenn wir einen Song hören, dann hören wir ihn als Gesamtheit an und denken gar nicht mehr an seine einzelnen Elemente. Doch nach diesem Konzert, lernt man, die einzelnen Töne besser zu schätzen. Nicht nur wegen Kokas Beatmachines, die dieses Phänomen wohl am besten zur Schau stellen, sondern auch durch die Darbietung der Streicher, die auch mal gemeinsam an ihren Saiten zupften, wodurch wieder eine neue Art von Ton entstand. Nicht zuletzt konnte auch Tom einzelne Geräusche, die alleine nicht viel hermachen, an seiner Loop-Machine so multiplizieren, dass er nur mit wenigen Handgriffen einen kompletten Song aus dem Boden stampfen konnte.

Wer hat’s erfunden? Die Schüler!

Um solch ein innovatives Programm, gespickt mit internationalen Größen, auf die Beine zu stellen, muss man mutig und kreativ sein. Und auf wen würde diese Beschreibung besser zutreffen, als auf Schüler? Dieses Konzert wurde von den „Schülermanagern“ organisiert, die jedes Jahr im Rahmen des Beethovenfests eine der zahlreichen Musikveranstaltungen betreuen dürfen. Sowohl hinter, als auch vor den Kulissen gaben sich die verantwortlichen Schüler sehr professionell. Neben der Schulzeit noch kurz ein tolles Konzert auf die Beine zu stellen, wäre den meisten von uns damals wahrscheinlich nicht in den Sinn gekommen. Und da der Saal voll war, keine technischen Schwierigkeiten auftraten und wir im Vorfeld ausreichend mit Pressematerial versorgt wurden, kann man mit gutem Gewissen sagen, dass die Organisatoren ganze Arbeit geleistet haben. Dies gilt übrigens auch für die involvierten Techniker des Telekomforums. Die Auftritte wurden den ganzen Abend von drei hochauflösenden Kameras live gefilmt und auf die Leinwand hinter der Bühne geworfen. In der Regie wurden alle Bilder gekonnt übergeblendet, sodass die Musik von kunstvollen Nahaufnahmen der Geigen und Geigenspielerinnen begleitet wurden. Auch kleine Internetclips konnten problemlos abgespielt werden und die durchaus aufwändige Technik, mitsamt Loop- und Beatmachines lief einwandfrei.

Eine Veranstaltung für die ganze Familie?

Wir Deutschen sind nicht gerade für unser Rhythmusgefühl und unsere Offenheit bekannt. Das deutsche Publikum lehnt sich lieber zurück, genießt jeden Moment der Show und belohnt das Ganze im Anschluss mit Applaus. Diese Art wurde beim Konzert auf eine harte Probe gestellt, denn sowohl Tom als auch Koka animierten zum Mitmachen. Das war leider nur mäßig erfolgreich, da das Publikum zu großen Teilen aus älteren Semestern bestand, die sich an diesem Abend wohl nicht mehr auf Beatboxübungen eingestellt hatten. Zumindest hat Koka es geschafft, das Publikum auf die drei klatschen zu lassen, was immerhin eine Verbesserung zur sonstigen Schlager-Klatsch-Kultur der Deutschen ist. Der Auftritt endete zwar mit verdienten Standing-Ovations, aber hier und da schlief auch ein müdes Kleinkind auf dem Arm seiner Mutter ein.

Das Konzert war nicht der klassische Spaß für Jung und Alt und konnte wahrscheinlich von den jüngeren Personen am meisten geschätzt werden, da diese Tom Thum sicherlich auch schon als Youtubestar kannten. Auch die techno-ähnlichen Beats und der Remix eines georgischen HipHop Songs fanden sicherlich nicht bei allen Altersklassen den gleichen Anklang. Nichtsdestotrotz war für alle etwas dabei und vielleicht wurde der ein oder andere im Anschluss auch dazu motiviert, sich Koka und Tom mal im Internet anzuschauen. Für Schüler und Studierende hat dieses Konzert aber alles geboten, was man sich wünschen kann. Die Künstler charmant und lustig, die Musik kreativ, interessant und genreübergreifend – ein sehr gelungener Abend!