Sophie Passmann ist Radiomoderatorin, Kolumnistin und Mitglied im Ensemble vom Neo Magazin Royale. Vergangenen Sommer hat sie ihr erstes Buch „Alte weiße Männer“ veröffentlicht, für dass sie mit vermeintlich alten weißen Männern über Feminismus gesprochen hat. Im bonnFM-Interview erzählt Sophie Passmann, welches Gespräch ihr dabei am schwersten gefallen ist, wie es als Frau in der Medienbranche ist und warum man nicht mit jedem diskutieren muss.
Lesezeit: 7 Minuten
bonnFM: Wie war dein Studium? Hast du deine Studienzeit gemocht?
Sophie Passmann: Ich habe meine Studienzeit sehr gemocht. Ich habe aber nicht so lange und auch nicht so klischeemäßig studiert. Ich war sehr wenig feiern, ich war sehr wenig schwänzen. Ich habe tatsächlich viel studiert, ich war viel an der Uni. Nicht weil ich ein Streber war, sondern weil ich’s immer wahnsinnig spannend fand. Ich saß oft im Hörsaal und dachte „Geil, das ist jetzt gerade mein Job!? Dafür bezahlen meine Eltern mich, dass ich jetzt hier drinsitze und mir schlaue Sachen anhöre!?“. Ich habe aber auch nur zwei Jahre studiert, deswegen habe ich eine abgespeckte Studienversion gehabt.
bonnFM: Was hast du aus dieser Zeit mitgenommen? Was hat dich geprägt?
Sophie Passmann: Ich habe Politik und Philosophie studiert. Mich haben vor allem natürlich die ganzen Texte und alles was ich lernen musste und durfte geprägt. Ich glaube, ich bin einer von den wenigen ehemaligen Politikstudent*innen, die ihr Studium fast jeden Tag braucht und irgendwas, was ich gelernt habe, kann ich fast jeden Tag anwenden. Das ist schon ganz schön cool. Und dann auch die Zeit im Studium, um über sich selbst nachzudenken. Gerade in der Geisteswissenschaft bekommt man ein bisschen Zeit, um mal Lebenskrisen auszuleben. Ich glaube, das bringt einem ganz viel – mir hat das zumindest viel gebracht.
„Viele Männer haben Probleme damit, den Begriff Feminismus anzunehmen“
bonnFM: Woher kam die Idee, ein Buch zu schreiben?
Sophie Passmann: Ich hatte immer wieder im Hinterkopf, dass ich irgendwann ein Buch schreiben möchte. Das war aber gar nichts, was ich so ganz angestrengt forciert habe. Ich habe ich mich dann mit meinem jetzigen Verlag getroffen, eher weil ich mir mal anhören wollte, was die so sagen. Und dann war da zufällig so eine kreative Wellenlänge. Wir waren alle glücklich mit meiner Idee mit den alten weißen Männern, dass das dann so automatisch kam. Manchmal trifft man einfach Leute und dann muss man mit denen zusammenarbeiten.
bonnFM: In deinem Buch sprichst du mit vermeintlich alten weißen Männern über Feminismus. Dafür hast du auch deinen eigenen Vater interviewt. War das für dich schwieriger als die restlichen Gespräche?
Sophie Passmann: Ja, das war auf jeden Fall schwieriger. Man ist glaub ich schnell mit seinen Eltern strenger, als man es mit anderen Leuten ist. Das kennt man ja auch, wenn Freunde zuhause zu Besuch sind, dann finden die die eigenen Eltern meistens wahnsinnig cool und man regt sich selbst total auf. Ich hatte so ein bisschen die Sorge, dass ich mit meinem Vater viel härter ins Gericht gehe. Andererseits habe ich natürlich auch viel mehr Vorwissen bei meinem Vater. Es gibt so eine Stelle im Kapitel, wo er mir versucht zu erklären, dass er sowieso nie Witze über Minderheiten macht. Da kenne ich meinen Vater einfach lang genug, um zu wissen „Nö, das hast du schon öfter gemacht“. Und deswegen war das glaube ich herausfordernder, weil ich nicht ungerecht sein wollte, weil ich aber auch nicht zu lasch mit ihm sein wollte, nur weil er mein Vater ist.
bonnFM: Welches der Gespräche hat dich am meisten überrascht oder ist dir nachhaltig im Gedächtnis geblieben?
Sophie Passmann: Unterschiedliche aus unterschiedlichen Gründen. Aber ich glaube, wo ich am meisten von den Positionen meines Gegenübers überrascht war, war beim Fußballkommentator Marcel Reif. Weil er, schon bevor wir uns getroffen haben, so angedeutet hat „Ohhh Feminismus, da habe ich gar nix mit am Hut“. Und eigentlich waren die Sachen, die er gesagt hat, teilweise so feministisch reflektiert und so theoretisch, dass ich überrascht war.
bonnFM: Was ist dein persönliches Fazit zu deinem Buch?
Sophie Passmann: Das Fazit kurz zusammengefasst ist, dass ganz viele Männer sich zwar mit Positionen vom Feminismus gut identifizieren können, aber ganz große Probleme haben, den Begriff anzunehmen. Ganz viele haben gesagt „Ja, also wenn du‘s so sagst. Klar, ich bin auch dafür und dafür aber Feminismus, das finde ich schwierig“.
„Der Trick ist, sich nicht davon abhängig zu machen, ob man gemocht wird“
bonnFM: Du hast an einer Stelle geschrieben „Die deutsche Medienwelt ist eine brutale Jungsclique“. Wie schaffst du es, dich in dieser Jungsqulique zu behaupten und vor allem auch durchzusetzen?
Sophie Passmann: Das ist wie bei jeder anderen Frau in jeder anderen Branche auch. Ich glaube, der Trick ist, sich nicht so sehr davon abhängig zu machen, ob man gemocht wird oder nicht gemocht wird. Frauen kriegen viel mehr als Männer beigebracht, wenn sie klein sind oder wenn sie gerade heranwachsen, dass Beliebtheit und Nettigkeit und Umgänglichkeit ganz ganz wichtig sind. Und ich glaube, gerade in dieser Branche muss man das einfach über Bord werfen. Dann muss man einfach damit leben, dass Leute einen blöd finden und solange man am Ende des Tages sich selbst nicht blöd findet, ist das glaub ich schon genug.
bonnFM: War das bei dir ein Prozess?
Sophie Passmann: Das ist immer noch ein Prozess. Ich bin keine Frau, bei der ich sagen würde, ich habe die Weisheit mit Löffeln gefressen, ganz im Gegenteil. Ich merke immer wieder in Situationen, dass ich da handle, weil ich gelernt habe, so handeln zu sollen. Und ich glaube, das ist für jede Frau eine lebenslange Aufgabe. So wie es für jeden Mann eine lebenslange Aufgabe sein sollte, immer wieder drüber nachzudenken, wie man sich durch diese Welt bewegt.
„Ich mache da ganz klar die Grenze bei Rechtspopulisten und AfD-Leuten“
bonnFM: Am Anfang deines Buches schreibst du einen Appell an den Dialog und dass man auch mit Leuten ins Gespräch kommen sollte, die anderer Meinung sind. Wie kann man das in seinem Alltag umsetzen?
Sophie Passmann: Wenn ich sage, man sollte mit vielen Leuten sprechen und ins Gespräch kommen, dann ist die Kehrseite von der Medaille aber, dass man auch ganz klar für sich hat, mit wem man aber eben nicht spricht. Und ich mache da ganz klar die Grenze bei Rechtspopulisten und AfD-Leuten. Also ich laufe jetzt nicht durch die Welt und sage „ich höre mir jetzt alle Meinungen an“. Wenn sich jemand mit mir nicht auf die Grundannahme einigen kann, dass alle Menschen gleich viel wert sind, dann habe ich da auch nicht viel zu diskutieren.
Wenn man dann diese Gruppe von seinem persönlichen Gespräch ausgeschlossen hat, dann hilft mir zumindest das Ganze mit ein bisschen Gelassenheit und Humor zu sehen. Nur weil jemand etwas sagt, was nicht der eigenen Meinung entspricht, ist man nicht in seiner eigenen Meinung angegriffen. Natürlich könne Gespräche einen weiterbringen. Aber andererseits darf man auch nicht einer einzelnen Meinungsäußerung so viel Bedeutung beimessen, dass man sofort aus der Haut fährt.
bonnFM: Gibt es für dich in Gesprächen den Punkt, an dem du das Gefühl hast, das bringt jetzt auch nichts mehr und an dem man dann den Dialog auch eher beenden sollte?
Sophie Passmann: Klar, total. Es kann schnell so klingen, als würde ich so einen weltumarmenden Wir-müssen-alle-miteinander-sprechen-Standpunkt habe. Das ist eher nicht so. Ich höre mir erstmal gerne an, was andere Leute sagen, weil ich auch davon überzeugt bin, dass ich nicht immer und überall Recht habe. Aber ich finde es auch völlig legitim, wenn man mit einem offenen Kopf mit jemanden diskutiert hat und dann an einem Punkt sagt „das war jetzt zwar ganz nett aber das lassen wir jetzt besser auch“. Da geht die Welt auch nicht von unter.
bonnFM: Du hast jetzt dein erstes Buch geschrieben, daneben noch einen Podcast, eine Kolumne und eine eigene Radiosendung. Was kommt jetzt noch, was wünschst du dir für die Zukunft?
Sophie Passmann: Urlaub! (lacht) Ach, ich mach jetzt erstmal so weiter, ich bin jetzt erstmal ganz glücklich, mit dem was ich so habe.
Am 24.09. kommt Sophie Passmann nach Bonn und liest im Pantheon aus ihrem Buch „Alte weiße Männer“ vor. Tickets gibt es ab 12 Euro.
Geführt haben das Interview Lena Kohlwes und Laura Meyer
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