Im Herbst hat mit dem neuen Museumsgebäude der Uni Bonn in der Poststraße 26 auch die erste Wechselausstellung im Erdgeschoss eröffnet. Aber was gibt es dort eigentlich zu sehen? Und was hat es mit dem Gorilla im Schaufenster auf sich?
Läuft man vom Münster an der Sürst entlang Richtung Hauptbahnhof, dann wird man seit Herbst aus einem Schaufenster heraus von einem großen Gorilla angestarrt. Was es damit auf sich hat, lässt sich im P26, dem neuen Gebäude der Uni Bonn in der Innenstadt rausfinden. Neben dem ägyptologischem Museum und dem Paul-Clemen-Museum finden sich im Erdgeschoss auch der Infopoint der Uni, und – die Ausstellung „Auf Spurensuche in den Museen und Sammlungen der Uni Bonn. Objektgeschichten“ im Knowledge Lab Uni Bonn (KLUB).
Wie der Ausstellungsname schon vermuten lässt, geht es um verschiedene Objekte aus den Sammlungen und Museen der Uni Bonn und deren Geschichte. Auf schlau also um Provenienz. Wichtige Fragen in der Provenienzforschung sind: Woher kommt das Objekt? Wie oder durch wen kam das Objekt in die Sammlung? Wem gehörte das Objekt zu welchem Zeitpunkt? Und unter welchen Umständen fanden Eigentümerwechsel statt? Die Ausstellung möchte genau diese Fragen für die gezeigten Objekte beantworten.
Ein Beispiel gefällig?
In der Ausstellung finden sich Kiefernzapfen und Nüsse von Hickorybäumen. Beides stammt aus dem Gebiet des Tagebaus Hambach. Es handelt sich dabei um inkohlte Objekte, sie befinden sich also in einer Vorstufe zum Fossil. Denn beide Baumarten – Kiefer und Hickorybaum – waren im Tertiär in Europa weit verbreitet. Kiefern sind es heute noch, die Hickorybäume findet man dagegen nur noch in Nordamerika und Ostasien.
Jetzt aber zu den Fragen der Provenienz: Gesammelt wurden die Zapfen und Nüsse vom Bürgerwissenschaftler Rolf Goßmann, der im vergangenen Jahrhundert eine private naturwissenschaftlichen Sammlung angelegt hatte. Diese Sammlung ging 2021 als Schenkung an das Goldfußmuseum der Uni Bonn. Durch die regionale Herkunft und die einvernehmlichen Besitzerwechsel kann man hier von einer unproblematischen Provenienz sprechen.
Es geht auch anders…
Nicht für jedes Objekt kann die Provenienz so lückenlos nachgezeichnet werden. Die Ausstellung zeigt so auch Augenbohnen in verschiedenen Farben. Sie gehören heute zur landwirtschaftlich-botanischen Lehrsammlung der Uni, die seit Mitte des 19. Jahrhundertsaufgebaut wurde. Die Sammlung hat einige Kriegsschäden davongetragen und ist heute kaum erschlossen. Die meisten Objekte stammen aber wahrscheinlich aus Bonn.
Die Herkunft der Augenbohnen, die nicht aus Bonn stammen, konnten dank einer Beschriftung erforscht werden: Namibia, 1901. Oberstleutnant Richard Volkmann betrieb eine Art Tauschhandel mit lokalen Autoritäten und erhielt im Rahmen dessen auch die Augenbohnen. Genaueres ist nicht bekannt. Aber Volkmann war im offiziellen Auftrag unterwegs und sollte das Land erschließen, das zu dieser Zeit eine Kolonie des Kaiserreiches war. Da nicht genau bekannt ist, wie der Tausch rund um die Bohnen genau aussah und er in einem kolonialen Kontext stattfand, liegt hier eine problematische Provenienz vor.
Lückenhaft ist die Provenienz auch bei der Frage, wie die Bohnen dann genau an die Uni Bonn kamen. Die Bohnen wechselten mehrmals den Besitzer und landeten am Ende bei August Friedrich Körnicke, dem Leiter der landwirtschaftlich-botanischen Sammlung. Die genauen Umstände dieser Besitzerwechsel sind ebenfalls nicht bekannt. Die Augenbohnen zeigen damit, dass es auch problematische und lückenhafte Provenienzen gibt, wo man sie gar nicht erwartet und dort lange unentdeckt bleiben, so eben auch in naturwissenschaftlichen Sammlungen.
Daher hat die Ausstellung ihre ganzen Objekte
Die Uni Bonn hat 11 Museen mit entsprechenden Sammlungen und Ausstellungsfläche sowie noch einmal 30 Sammlungen ohne zugehörige Ausstellung. Davon bekommt die Öffentlichkeit – abgesehen von den Museen – eher wenig mit. Die Ausstellung im KnowledgeLab Uni Bonn hat sich auch zum Ziel gesetzt, diese Sammlungen sichtbarer zu machen. Eingebettet ist die Ausstellung in das Projekt „Open Museum for Open Science“ zur digitalen Erschließung der Objekte aus genau diesen Sammlungen.
Die Leiter:innen der Sammlungen konnten so auch bei der Gestaltung der Ausstellung mitwirken, indem sie Objekte aus ihren Sammlungen vorschlugen. Teils war die Geschichte der Objekte schon erforscht, teils wurde sie extra für die Ausstellung recherchiert. Die Quellengrundlage dafür war oft dürftig, da es in vielen Sammlungen keine umfassende Dokumentation gibt oder diese verloren gegangen ist. Bei der Recherche konnten sich neben den Sammlungsleiter:innen auch Studierende einbringen.
Ein kleiner Blick in die Ausstellung
Im Folgenden werfen wir einen kleinen Blick in die Ausstellung anhand von sieben Objekten, deren Geschichte in den Audiodateien nachgehört werden kann.

Bild: Jean-Luc Ikelle-Matiba
Moaknochen: Die Herkunft dieses Moaknochens wurde im Rahmen einer Lehrveranstaltung von einer Studentin erforscht.

Bild: Jean-Luc Ikelle-Matiba
Blütenmodelle: Für die Ausstellung wurde das mündlich tradierte Wissen desSammlungsverantwortlichen über die Blütenmodelle aufgeschrieben.
Banksia serrata: Die Herkunft der Pflanze war schon vorab gut vom botanischen Garten dokumentiert.

Bild: Jean-Luc Ikelle-Matiba
Kalebasse: Die Schenkung dieser Kalebasse an die Uni fand erst vor kurzem statt. Für die Ausstellung wurde jedoch der Kontakt zum Künstler hergestellt.
China-Alligator: Das Museum König, aus dem der Alligator stand, hatte die Geschichte dieses Objekts vor kurzem selbst erforscht.
Gorilla: Auch für den Gorilla wurde auf Infos der Sammlungsdokumentation des Museum Königs zurückgegriffen.

Gandhara-Relief: Die Informationen zum Relief wurden vom Sammlungskurator zusammengetragen.