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Bild: bonnFM

Hörsaalbesetzung: „Ein großes Dilemma“ – Diskussion zwischen UniversitätsvertreterInnen und AktivistInnen

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Vergangenen Mittwoch haben sich VertreterInnen der Universität Bonn im besetzten Hörsaal 17 den Forderungen der AktivistInnen von „End Fossil Occupy“ (https://bonn.endfossil.de/) gestellt. Ein Versuch der Annäherung. BonnFM-Reporterin Chiara Lichter war bei der Suche nach Lösungen vor Ort.

Klare Forderungen

Am dritten Tag der Besetzung hängen beschriebene Plakate an der Tafel des Hörsaals. Darauf die Forderungen der Besetzenden, gerichtet an die drei anwesenden Vertreter*innen der Universität: Der Kanzler der Uni Bonn, Holger Gottschalk, der Prorektor für Studium, Lehre und Hochschulentwicklung, Prof. Dr. Klaus Sandmann und die Prorektorin für Nachhaltigkeit, Prof. Dr. Annette Scheersoi.

Die Ziele sind deutlich: Eine Bekenntnis zum Erhalt von Lützerath, eine Verkehrswende, und außerdem das Stoppen jeder Kooperation mit Fossilen Energien – also auch mit Unternehmen, die jene fördern oder durch sie Umsatz machen. Insgesamt wird eine Transformation der Uni hin zu einer sozial- und klimagerechten Institution gefordert. Startzeitpunkt: Jetzt sofort.

Was die Universität schon tut

Die Prorektorin für Nachhaltigkeit, Prof. Dr. Annette Scheersoi hat mit Blick auf die Forderugen drauf hingewesen, dass die Universität in Sachen Nachhaltigkeit bereits einiges tut. Ein im Leitbild festgelegtes, zentrales Ziel der Uni ist Nachhaltigkeit. Darunter gibt es Formate wie das Green Office oder BOOST, das Bonn Program for sustainable Transformation. Dazu wird die Universität zu 100% mit Ökostrom versorgt. Auch versichern die Vertreter*innen, dass die Universität nicht finanzell abhängig von Unternehmen wie Bayer sei, weil sie überwiegend öffentlich finanziert werde. Nur weniger als 1% komme demnach von Unternehmen.

Zwischen Zeitdruck und demokratischen Prozesse

Die Vertreterinnen sprechen sich deutlich gegen eine Besetzung aus, da es die Lehre einschränke. Stattdessen weisen sie auf alternative Anlaufstellen, wie den AStA, das Studierendenoffice, die Fachschaften und besonders das Studierendenparlament hin – also auf den demokratischen Prozess, den Vorschläge durchlaufen müssen um verwirklicht zu werden. Einbringen könne sich aber jeder. Die Diskurssuche und die Forderungen an sich verurteilen sie nicht – im Gegenteil. Das Problem der Aktivistinnen: Das dauert. Aktivist Adrian sieht „ein großes Dilemma“ in der Abstimmung von Zeitdruck und den langwierigen Entscheidungsprozessen.

Haltung zu Lützerath

Lützerath wird von den Aktivistinnen als wichtigstes, dringlichstes Thema vorgestellt. Es sticht im Gespräch als besonders emotionales Thema heraus. Die drei Vertreterinnen haben sich nicht – wie von den Aktivist*innen gefordert – direkt gegen den Kohleabbau in Lützerath ausgesprochen. So könnten sie nicht zu dritt für die Universität als Institution sprechen. Auch mit Aussagen als Privatpersonen haben sie sich zurückgehalten.

Die Stimmung im Hörsaal

Insgesamt war das Miteinander respektvoll. Alle Beteiligten offen für die andere Seite. Einen Ausrutscher hat sich Prof. Dr. Sandmann geleistet, als er gleich zu Beginn der Diskussion die besetzenden Aktivist*innen, mehr oder weniger direkt, mit den antidemokratischen Bestrebungen in Brasilien und in den USA vergleichen hat. Die darauffolgende Gegenrede und Distanzierung hat den lautesten Applaus der Veranstaltung geerntet.

Ein optimistischer Blick nach vorne

Eine Aktivistin von End Fossil Occupy blickt zufrieden auf die Diskussion zurück, im Interview verrät sie: „Ich denke es ist sehr deutlich geworden, dass die Uni Bonn sich verpflichtet nachhaltig zu handeln und [,dass] da noch viel Handlungsbedarf besteht […] . Und ich denke auch die Notwendigkeit und Dringlichkeit ist hoffentlich in diesem Gespräch durchgekommen.“ Meinungen treffen aufeinander, Menschen tauschen sich aus – das ist vielversprechend. Beide Seiten sind weiterhin gesprächsbereit. Hoffentlich dann auch konkreter zu den einzelnen Forderungen und mit überprüften Zahlen im Gepäck.