In der Nacht zum vergangenen Dienstag ist der Regenbogen-Zebrastreifen am Bonner Hauptbahnhof in den Farben der deutschen Nationalflagge überklebt worden. Für die Aktion verantwortlich ist die rechte Gruppierung Revolte Rheinland. Zusätzlich wurden Flyer mit der Aufschrift „Stolz statt Pride“ ausgelegt. Die Polizei wurde alarmiert. Schon bis zum nächsten Morgen konnten die Klebestreifen und die Flyer rückstandslos entfernt werden.
Dienstagnacht, gegen 01:15 Uhr: Zeug*innen beobachten eine Gruppe von etwa zehn jungen, mit weißen Sturmhauben vermummten Männern, die den Regenbogen-Zebrastreifen auf der Maximilianstraße am Zentralen Omnibusbahnhof (ZOB) mit schwarz-rot-goldenen Folien überkleben. Passant*innen alarmieren die Polizei. Als diese mit einem Streifenwagen eintrifft, flüchtet die Gruppe. Zuvor werfen die Täter mitgebrachte Flyer in die Luft. Drei Männer können von der Polizei gestellt werden.
Ermittlungen werden eingeleitet
Nach erkennungsdienstlicher Behandlung im Polizeipräsidium werden sie wieder entlassen. Sie erhalten außerdem Platzverweise für die Bonner Innenstadt. Gegen alle Beteiligten werden Ermittlungen aufgenommen. Laut Polizei Bonn bestehe der Verdacht der Durchführung einer Versammlung ohne Anzeige und der Verstöße gegen das bei Versammlungen geltende Vermummungsgebot. Die Polizeibeamt*innen konnten die aufgeklebten Folien sofort rückstandslos entfernen. Die Ermittler*innen des Staatsschutzes der Bonner Polizei bitten um weitere Hinweise zum Tatgeschehen und der Identität der Täter.
„Stolz statt Pride“ – Transfeindliche Flyer ausgelegt
Die Täter weisen sich mit den am Tatort aufgefundenen Flyern als Mitglieder der rechten Gruppierung Revolte Rheinland aus. Die Flyer rufen mit der Aufschrift „Stolz statt Pride“ zum sogenannten Stolzmonat auf. Dies ist eine Protest-Kampagne, die gezielt gegen den aktuell weltweit begangenen Pride Month Stellung bezieht. Mit der Umdeutung des Begriffs soll stattdessen Nationalstolz ausgedrückt werden. Revolte Rheinland bezeichnet sich selbst als „patriotisch, aktivistisch und sozial“ und tritt seit 2021 mit verschiedenen rechten und rechtsextremen Aktionen unter anderem im Bereich Bonn in Erscheinung. Auf der Rückseite der Flyer findet sich unter anderem eine Sammlung transfeindlicher Falschinformationen.
„Aktive Drohung gegen die queere Community“
Das Queer-Referat des AStA der Uni Bonn bezeichnet die Geschehnisse als „absolut widerlich“ und fasst sie als „aktive Drohung gegen die queere Community“ auf. Die „Hemmschwelle zur Gewaltbereitschaft innerhalb Bonns“ sinke. Die Studierendenvertreter*innen zeigen sich außerdem besorgt um die Sicherheit der queeren Pride-Veranstaltungen im August. Sie fordern von der Stadt Bonn eine „konkrete, öffentliche Positionierung“ und einen Dialog der Stadt mit queeren Vereinen hinsichtlich potenzieller Schutzmaßnahmen und -räume.
OB Dörner: „Eine schäbige und intolerante Aktion“
Auch die Bonner Oberbürgermeisterin Katja Dörner zeigt sich von der Tat erschüttert. In einem schriftlichen Statement, das bonnFM vorliegt, äußert sie sich wie folgt: „Das Überkleben ist eine schäbige und intolerante Aktion, die im Widerspruch steht zu unserer weltoffenen Stadtgesellschaft. Der Regenbogenzebrastreifen ist ein fröhliches Symbol für die Vielfalt und Diversität unserer Stadt, auf die wir stolz sind und die uns ausmacht.“
Am Tatort am ZOB selbst finden sich ebenfalls Solidaritätsbekundungen mit der queeren Community. Mit Kreide stehen am Dienstagabend auf der Straße neben dem Zebrastreifen Sätze wie „Love Wins“ oder „Bonn bleibt proud“.
Studi-Community „krass schockiert“
Die Tat am Bonner Regenbogen-Zebrastreifen hat die Studi-Community in Bonn sehr bewegt. Viele Student*innen sind vor allem „schockiert“ oder haben Angst um Freund*innen. Es sei „krass, wie sehr sich Menschen in ihrem Stolz gekränkt fühlen können nur durch das Anderssein von anderen Menschen“. Eine Studentin wünscht sich, dass sich „mehr Leute, die […] vielleicht gar nicht so viel auf den ersten Blick mit der queeren Community am Hut haben, über das Thema aufregen und sich darüber Gedanken machen“. Es bedeute etwas für die Gesellschaft, wenn Menschen andere Teile der Gesellschaft, „einfach unsichtbar machen wollen, einfach überkleben, einfach ausgrenzen“. Für eine andere Studentin steht der „Regenbogen für Toleranz und Wertschätzung von Vielfalt“. Das Ereignis passe nicht zur „weltoffenen Stadt Bonn“.
Zebrastreifen erst im Februar eingeweiht
Der nun betroffene Regenbogen-Zebrastreifen in der Bonner Innenstadt ist erst am 9. Februar diesen Jahres aufgebracht und feierlich eingeweiht worden. Allerdings handelt es sich bei dem Zebrastreifen eigentlich nur um eine Markierung ohne verkehrsrechtliche Funktion. Die Deutsche Straßenverkehrsordnung lässt nämlich keine farbigen Zebrastreifen zu. Dennoch wollte die Stadt Bonn, ein „sichtbares Zeichen für Solidarität und Wertschätzung der queeren Community in Bonn“ setzen. Die Stadt Bonn stehe für „Toleranz, Vielfalt und Diversität“, so Oberbürgermeisterin Katja Dörner damals.
Verschiedene Pride-Aktionen in Bonn und Umgebung
Wie jedes Jahr findet im Juni der Pride Month statt. LGBTQ+-Communities auf der ganzen Welt schließen sich zusammen, um sich und ihre Diversität zu feiern oder um gegen Diskriminierung zu protestieren. Auch in Bonn und Umgebung gab und gibt es noch den ganzen Sommer Veranstaltungen, bei denen ihr dabei sein könnt. Im Rahmen des bereits laufenden ColognePride 2023 in Köln findet vom 7.-9. Juli das große CSD-Straßenfest statt. Den Höhepunkt bildet am 9. Juli die größte Pride-Parade Deutschlands mit etwa 1.000.000 erwarteten Besucher*innen. Doch auch in Bonn erwarten euch Pride-Events. Am 5. August findet auf dem Münsterplatz das große CSD-Sommerfest Beethovens Bunte organisiert von r(h)einqueer statt, am 12. August die Parade Pride Bonn.
