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bild: Leonie Scheufler

Sommervibes mit politischem Statement: Die Dortmunder Band Drens im Interview

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Ein entspannter Flair aus „Cocktails am Abend“ und red bathing shorts, trotzdem auch Songtexte mit politischem Tiefgang und einer klaren Botschaft. Das sind Drens. Ein Interview mit Frontsänger Fabian Livree und seiner Dortmunder Band

Cristina: Fabian, schön, dass du heute hier bist. Drens hat ja trotz Corona ein ordentlichen Karriereschub gemacht, einige konnten euch letztens bei der 1 Live Session sehen und hören – brav mit Masken natürlich. Was gibt es denn so zu erzählen über Drens?

Fabi: Wir sind vier Leute, kennen uns aus dem Studium und uns gibt es seit Ende 2017. In erster Linie machen wir Gitarrenmusik. Auf einem unserer Konzerte wurde uns mal gesagt: Das klingt wie Surf-Punk! Wir fanden das cool und beschreiben unsere Musik seit dem so.

Cristina: Gibt´s denn irgendeine coole Band Geschichte?

Fabi: Also Musik machen wir schon länger zusammen, vor allem Arno, Patrick und ich. Joël ist Ende 2017 dazugekommen und wir haben durch Zufall gemerkt, dass wir einen ähnlichen Musikgeschmack haben. Als wir zu mehreren auf dem Weg zur Bahn waren, hatte Joël einen Klingelton von einer Band an, die ich sehr viel gehört hab, die aber kaum jemand anderes kannte. Ich sagte nur: „Hey cool, du hörst die auch?“ Und dann kam eins zum anderen.

Cristina: Welche Band war das?

Fabi: Das war Mac DeMarco. Wir haben uns noch am selben Abend zum Musikmachen getroffen und direkt gemerkt: Das passt einfach perfekt. Auch wenn sich das schmalzig anhört, aber dass ich die drei gefunden und wir alle dasselbe cool finden ist wirklich ein Geschenk.

Die Band als Sprachrohr

Cristina: Ihr habt nicht nur alle die Vorliebe für einen entspannten Sound à la „red bathing shorts“ sondern seid auch politisch motiviert, was sich in euren Texten widerspiegelt. Besonders eure neue Single beschäftigt sich vorwiegend mit dem Thema Rechtsextremismus und sagt ganz klar, da müssen wir was gegen tun. Gab es einen Auslöser für euch, eure Songs als Statements zu nutzen?

Fabi: Auslöser gibt es trauriger Weise genug. Es ist manchmal deprimierend, was man fast jeden Tag lesen muss. Dazu kommt, dass wir zum Großteil aus Dortmund kommen und dort oft Berührungspunkte mit dem Thema hatten. Die Band gewissermaßen als Sprachrohr zu nutzen war schon länger unser Wunsch. Wir sind auch privat Leute, die gerne demonstrieren gehen und zum Thema den Mund auf machen.

Cristina: Genauso sieht es auch im neuen Musikvideo zu „I can barely see“ aus: Ihr als Videospielfiguren gegen Rechtsextremisten. Vielleicht etwas abgefahren, aber ihr sagt ja auch ganz klar, das ist ein Kampf, den wir kämpfen müssen.

Fabi: Richtig. Wir waren stolz, dass wir bei I can barely see unseren Slang und Flair der anderen Songs beibehalten konnten und trotzdem das sagen können, was wir in dem Song sagen. Es ist wie ein Schwur an uns selbst, auf der guten Seite zu bleiben und sich weiterhin stark zu machen gegen rechtes Gedankengut. Gekoppelt an das bedrückende Gefühl, dass man oft hat, dass alles irgendwie zurückkehrt. Da hatten wir das Bedürfnis zu sagen: Bis hier hin und nicht weiter, wir müssen handeln.

Cristina: Sehr Ausdrucksstark war auch das Datum, an dem ihr die Single rausgebracht habt.

Fabi: Als wir wussten, dass wir am 15. Mai unsere EP „Pet peeves“ rausbringen, brauchten wir ein Datum, um vorher die neue Single zu veröffentlichen. Wir haben uns auf den 8. Mai geeinigt, denn da hat sich zum 75. Mal der Tag der Befreiung von den Nationalsozialisten gejährt. Wir fanden, das Datum passt perfekt, um zu dem Thema unsere  Meinung zu sagen.

Cristina: Du hast eben schon die Demos erwähnt. Da gibt es ja eine Organisation bzw. Kampagne „Kein Bock auf Nazis“, die ihr ebenfalls unterstützt. Kannst du uns dazu etwas erzählen?

Fabi: Die Kampagne betreibt viel Aufklärungs- und Informationsarbeit zum Thema wie man geht man mit rechten Strukturen um, vor allem im Alltag. Ab wann ist etwas gefährlich, wie erkenne ich es und was kann ich tun. Wir haben die Kampagne schon als Teenager kennengelernt, als sie die erste DVD rausgebracht haben, auf der mehrere bekannte Bands sind. Wir kennen sie also schon eine Zeit und finden die Arbeit unterstützenswert. Daher wollen wir unseren Teil dazu beitragen, dass sie ihre Arbeit fortsetzen können.

Zwischen Spaß und Ernst

Cristina: Zu einem anderen Thema. Auf eurer Facebook-Seite hab ich gelesen, dass man euren Bandnamen ins spanische übersetzen soll. Das einzige was beim Übersetzer rauskam war „dress“. Ich vermute mal fast, das ist es nicht?

Fabi: Das ist eine gute Frage. Nein, mit einem Kleid hat es nichts zu tun. Es tut mir echt leid aber ich werde es nicht verraten. Ich sag aber so viel: Es ist ein Wortspiel und im Video unserer neuen Single wird es auch aufgegriffen. Inwiefern es was mit spanisch oder anderen Sprachen zu tun hat… Ich würde sagen wen es interessiert, der kann mal rumprobieren und uns schreiben! Wir haben es eigentlich noch nie wirklich verraten… So ein bisschen Mythos ist doch auch ganz cool.

Cristina: Apropos Musikvideo, was hat es damit auf sich? Erst kämpft ihr gegen einen dreiköpfigen Pepe-Frosch, der ja tatsächlich auch als rassistisches Hasssymbol verwendet wird. Da war ich überrascht, dass das Video trotz Videospielcharakter so tiefsinnig ist. Und plötzlich regnet es Pizzastücke. Was hatte es damit auf sich?

Fabi: Kampf ist vielleicht ein zu starkes Wort, aber man braucht definitiv Kraft und Mut, um Widerstand zu leisten. Wir wollen uns in diesem Video gar nicht als Helden darstellen, die das alles alleine schaffen, dafür braucht es ganz klar Zusammenhalt. Und vielleicht steht die Pizza da ein Stück weit für. Wie ein Boost bei einem Level, wenn alle an einem Strang ziehen, dann schafft man ein Level up. Ich will nicht sagen, dass Pizza generell für Zusammenhalt steht (er schmunzelt), aber es ist eine Metapher für das, was dir hilft, deinen Mut zu behalten.

Cristina: Also hat doch alles wieder einen Sinn?

Fabi: Genau. Wir haben in dem Video auch wieder unseren Slang mit einfließen lassen. Es ist wichtig, sich gegen rechte Strukturen zu stellen und es ist uns auch ernst damit. Aber, man kann dabei ja trotzdem lächeln und ein bisschen Spaß haben.

Über Prokrastination und Motivation

Cristina: Apropos Spaß: Wie feiert ihr denn, dass eure neue EP „Pet peeves“ jetzt draußen ist?

Fabi: Das wird auf jeden Fall ein langes Zoom Meeting mit den anderen. Man kann sich zwar noch nicht treffen aber zumindest anstoßen. Eigentlich hätten wir jetzt auch ein paar Konzerte gespielt. Die wurden auf November/Dezember verlegt und sind damit unser kleiner Lichtblick und macht uns gute Laune. Wir kommen auch nach Köln und spielen im Sonic Ballroom.

Cristina: Was für Songs sind denn neben „I can barely see“ drauf auf der EP?

Fabi: Insgesamt sind sechs Songs drauf. Die neue Single bezieht als einziger Song ganz klar gesellschaftlich Stellung. Die anderen Songs sind eher persönlicher Natur und etwas schneller und lauter. Wer also auf sowas steht, ist gut aufgehoben.

Cristina: Saditsfiction wird auch drauf sein und ich habe mir sagen lassen, es ist kein Rechtschreibfehler sondern ein weiteres Wortspiel von euch. Worum geht´s?

Fabi: Ums Prokrastinieren im groben Sinne. Dass man sich selbst viel im Weg steht bei Zielen, die man eigentlich erreichen will. Daher auch der eigentliche Titel sad it´s fiction – es könnte alles so schön sein, wenn ich mir nicht selbst im Weg stehen würde. Es ist aber auch eine Art Motivationssong. Wir wollten auch sagen, sei nicht zu streng mit dir selbst, und lass dir von der Gesellschaft keine Ideale einsuggerieren, zu sein oder auszusehen wie xy. Sei wie du bist und bleib positiv.

Cristina: Ein Motivationssong passt ja perfekt für die derzeitige Lage, würde ich glatt behaupten.

Fabi: Das war auch ganz witzig. Das Video, was wir zu saditsfiction gedreht haben, war deutlich vor Corona, aber es sieht original aus wie ein Quarantäne-Video. Da wurden wir auch schon von vielen drauf angesprochen, als hätten wir´s gewusst. Aber nein, es war einfach ein Zufall.

Cristina: Gibt es noch irgendwas, was du gern sagen möchtest? The stage is yours.

Fabi: Danke. Also wir würden uns einfach total freuen, wenn sich jemand noch mal mit „Kein Bock auf Nazis“ und deren Arbeit auseinander setzen möchte. Ansonsten, bleibt gesund und ich hoffe man sieht sich im November/Dezember, wenn wir wieder auf Tour gehen können.