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Bild: Jörg Ossenbrüggen

Sprich „Freund“, zahle Geld und tritt ein!

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Zum dritten Mal eröffnet an diesem Freitag die MagicCon im Bonner Maritim Hotel. Fans des Fantasy-Genres reisen aus ganz Deutschland, aber auch aus Belgien, Frankreich und England an, um das Spektakel zu erleben. Wie jedes Jahr locken die Veranstalter mit Stargästen, Vorträgen und Workshops – und das kann ganz schön ins Geld gehen. Worauf es aber wirklich ankommt, ist und bleibt der Austausch mit anderen Fantasy Fans. So kommt es auch, dass man in einem ausgiebigen Gespräch mit einem Aragon-Cosplayer plötzlich über die europäische Flüchtlingspolitik diskutiert. Wie passt das zusammen? bonnFM erklärt es Euch!

Das Maritim Hotel steht mal wieder ganz im Zeichen der Fantasy. Die opulent gestalteten Flure und Veranstaltungsräume des Gebäudes sind gefüllt mit Ständen, Bildrequisiten und vor allem: Cosplayern. Am Wochenende wird es voll und so kann man am Freitag noch die Ruhe vor dem Sturm genießen – und nutzen! Der erste Tag ist ideal für Neulinge und Orientierungslose, um sich in den spiegelkabinettartigen Gängen zurechtzufinden. In dieser Ruhe findet sich auch genug Zeit, mit den ersten Verkleideten ins Gespräch zu kommen. Die Gewandungen sind schon jetzt beeindruckend, da sparen Cosplayer nicht für morgen auf. Auch die ersten Vorträge, Panels und Workshops finden in den verschiedenen Sälen des Hotels statt: Viele Vereine und Fan-Gruppen sind an diesen Tagen durch Redner vertreten, so zum Beispiel die Deutsche Tolkien Gesellschaft und die German Superfans der HBO-Serie Game of Thrones. Letztere repräsentiert Frank Müller, der am frühen Nachmittag Schwänke aus seinen Erlebnissen mit den verschiedenen Serienschauspielern erzählt, die er bisher für Interviews treffen durfte. Kurz darauf und ein Stockwerk höher motiviert die Schauspielerin Lori Dungey, die selbst schon an Sets wie Peter Jacksons Herr der Ringe oder Xena mitgearbeitet hat, interessierte Besucher in ihrem Workshop zu kurzen Theaterimprovisationen. Die Interaktion und das Mitmachen stehen auch bei anderen Veranstaltungen im Vordergrund, wie beim magischen Poetry Slam (Freitag), beim Kostümwettbewerb (Samstag) und bei den Parties mit DJ, die jeden Convention-Abend in der Pianobar ausklingen lassen.

Nicht für das Cosplay, sondern fürs Leben lernen wir

Wer auf der ersten Party am Freitagabend feststellt, dass seine/ihre Moves zu wünschen übriglassen, für den gibt es am Samstag einen Tanzworkshop, bei dem auch Fortgeschrittene noch etwas lernen können. Ziel hier sind natürlich keine Choreografien für das 21. Jahrhundert à la Floss Dance und Macarena. Der Charme der Workshops liegt hier im Versuch der Immersion: Das Eintauchen in die Tanzpraktiken des Mittelalters oder fiktiver Kulturen aus Fantasy-Universen. Neben täglichen Chorworkshops finden außerdem auch ruhigere Hobbies ihre Berücksichtigung: An mehreren Tagen bieten Autoren wie Robert Corvus und Mary Cronos Vorträge und Schreibwerkstatt-Kurse für interessierte Hobbyschriftsteller an und auch handwerkliche Arbeiten wie die Glasgravur können erprobt werden.

Die meisten Kursleiter und Experten stehen für ein offenes Gespräch zur Verfügung. Neben solchen Leuten, die aktiv an einer Fantasy-Produktion mitgewirkt haben, finden sich auch Literaturwissenschaftler und solche, die selbst langjährige leidenschaftliche Fans sind und diese Leidenschaft teilweise zum Beruf machen konnten. Aber auch unter den Besuchern der MagicCon tummeln sich reichlich kundige Liebhaber des Fantasy-Genres: Viele der gewandeten Gäste sind langjährige Fans, verfolgen das Cosplay als wichtiges Hobby und/oder fertigen die hochwertigen Kostüme beruflich. So ist es völlig normal, dass man sich mit einem weißen Wanderer über die materielle Beschaffenheit seiner „Haut“ unterhalten kann und mit Aragon über die Bedeutung seines Charakters und der Handlungsstrukturen des Herrn der Ringe für die moderne Gesellschaft.

Fiktion und Fantasy, utopische und dystopische Romane zählen zu den beliebtesten Lektüren für junge Leser, die sich bereitwillig in den Nervenkitzel und das Abenteuer einer fantastischen Welt entführen lassen. Diverse Generationen des 20. und 21. Jahrhunderts wurden geprägt durch den Mut eines Frodo, die Intelligenz einer Hermine und den Kampfesgeist von Katniss, Mulan, Jon Schnee, Thor, Ashitaka – You name it. Diese Vorbilder beeinflusst die persönliche Entwicklung der LeserInnen und vermittelt Wertevorstellungen, die für gesellschaftliche und politische Belange essenziell sind: Geduld, Verständnis, Mitgefühl.

Da gingen kurz die Fangirl-Pferde mit mir durch. Zurück zur Convention.

Die eiserne Bank von Braavos

Was Aragon (aka Rudi) auch sagen kann, ist, dass Cosplay ganz schön was kostet. Fan zu sein ist nicht umsonst und neben den Gewandungen wird auch der Eintritt zur MagicCon dem normalsterblichen Studierenden nicht gerade geschenkt – um einen Kredit bei der eisernen Bank müssen wir uns gar nicht erst bemühen. Will man dann noch ein Autogramm oder sogar ein Foto mit seinem Lieblingsschauspieler, ist man schnell im dreistelligen Bereich. Für unschlüssige Fantasy-Laien sind solche Zahlen eine klare Hürde.

Aber die leidenschaftlichen Besucher der Convention wissen sich zu helfen: Es wird genäht, gepinselt und gebastelt was das Zeug hält. So spart man sich zumindest die Kosten für teure Kostüme. Wahres Fan-Dasein braucht also nicht unbedingt ein hohes Budget – abgesehen von der obligatorischen Eintrittskarte.

Wo wir gerade dabei sind: Wen das Interesse gepackt hat, der kann für Samstag und Sonntag noch Karten an der Tageskasse kaufen! Alle weiteren Infos findet Ihr unter www.magiccon.de