You are currently viewing “Vergiss die Planerei, es kommt eh alles anders”
Foto: Rock am Ring

“Vergiss die Planerei, es kommt eh alles anders”

Lesezeit: 6 Minuten

Die DONOTS haben Rock am Ring 2022 eröffnet – und dabei ordentlich Wirbel gemacht. Mitten im Konzert wird der Tote Hosen-Song “Hier kommt Alex” angestimmt und die Menge grölt sofort mit. Dann steht plötzlich Campino auf der Bühne, und es geht erst richtig los: Die Toten Hosen und die DONOTS covern zusammen den Ärzte-Song “Schrei nach Liebe”, dann ist Campino auch schon wieder runter von der Bühne. Aber die DONOTS sind noch lange nicht fertig: Zum krönenden Abschluss wird noch ein großes Banner heruntergelassen und die Band kündigt ihr neues Studioalbum “Heut ist ein guter Tag” an. Nach diesem explosiven Eröffnungskonzert hat bonnFM Reporterin Marlene Peine den Bassisten Jan-Dirk Poggemann und Drummer Eike Herwig auf ein Interview getroffen.

Rock am Ring 2022 – Die DONOTS im Interview über ihren Auftritt mit den Toten Hosen, ihr neues Album und Tattoos für das Publikum

bonnFM: Die erste Frage liegt mir nach eurem Konzert natürlich schon auf der Zunge: Was war da los, wie kommen die Toten Hosen auf eure Bühne?

Jan-Dirk: Das war so eine Schnapsidee, die Ingo Anfang des Jahres hatte. Wir haben da sehr mit uns gehadert – Erst meinten wir ‘Boys, mega geile Idee, wie cool wäre das!’ Aber der Fan in uns sagt dann vor lauter Respekt, wir können ja nicht einfach fragen ‘Wollt ihr bei uns mitspielen? Um 14:00, Hauptbühne in Rock am Ring’. Dann fanden wir die Idee aber doch irgendwie so geil, dass Ingo einfach Campino eine WhatsApp geschrieben hat. Da kam super schnell zurück “Mega geile Idee! Besprechen mit den Jungs, wir haben Bock!” Und keine drei Tage später haben wir gesagt: Wir machen das. Und das Heftige ist, dass die eigentlich gerade in ihren Tour-Proben sind und überhaupt keine Zeit haben, aber trotzdem haben sie gesagt: Wir haben zugesagt, wir machen das und wir haben Bock! Und das war einfach super. Wir haben “Hier kommt Alex” dann für uns selber ein paar Mal durchgespielt, gestern einmal zusammen und dann war schon klar, das wird super laufen.

bonnFM: Wie habt ihr diesen Auftritt mit zwei Bands denn koordiniert?

Jan-Dirk: Wir haben gesagt, wir spielen einfach und unser Sound-Mann vorne soll entscheiden, wer an oder aus ist oder wie viel. Und bei Campi und Ingo haben dachten wir auch, die müssen sich doch irgendwie absprechen, wer wann singt und so – Die haben gestern einfach gesagt: Wir machen das auf Zuruf, scheißegal, irgendwie wird’s schon gehen und sonst singen wir zusammen (lacht).

bonnFM: Für euch war heute ja ein großer Tag: Ihr konntet den Ring eröffnen und gleichzeitig habt ihr auch das neue Album angekündigt. Da ist einiges zusammengekommen, oder?

Jan-Dirk: Ich hatte gerade wirklich Gänsehaut, als du das gefragt hast. Wir sind auch ehrlich gesagt selber ein bisschen überrumpelt, weil wir das gar nicht so geplant haben. Wir hatten mal vor ein paar Monaten ein Gespräch darüber und meinten ‘Ach komm, das wird alles zu stressig. Wir spielen einfach Rock am Ring und bringen irgendwann im Laufe des Jahres das Album raus.’ Dann dachten wir aber doch wieder ‘Weißt du was? Es wäre auch geil, das einfach an dem Tag zu machen.’ Also haben wir einfach innerhalb von drei Stunden letzte Woche entschieden: Das wird das Cover, wir drucken noch ein Banner und wir bringen das Album jetzt einfach raus. Wir hatten das Banner auch noch nie richtig oben hängen gesehen; als ich es dann heute gesehen hab, dachte ich: Ja, heute ist wirklich ein guter Tag.

Eike: Das kam dann Anfang der Woche durch. Das Album heißt ja ‘Heut ist ein guter Tag’ und alle haben gedacht ‘Ohne Scheiß, wenn die Hosen jetzt noch kommen und die Festival Saison wieder eröffnet – geiler kann es nicht sein!’ Und jetzt ist das Wetter sogar noch krass gut. Also wir wären so saumäßig dumm, wenn wir das nicht an dem Tag mit dem Album verbinden könnten. Weil das Feeling für das ganze Album jetzt die zwei Jahre, die wir es aufgenommen haben, auch einfach krass war. Alle Bands waren im Koma vorher, heute hat sich das dann alles entladen.

bonnFM: Du nennst es zwei Jahre Koma – Wie habt ihr die Pandemie verbracht? Ihr habt ja zum Beispiel euer Buch “Heute Pläne, morgen Konfetti” geschrieben.

Jan-Dirk: Wir hatten das Glück, dass wir 2020 eh erstmal ein Jahr frei machen wollten. Deswegen sind wir nicht so wie alle anderen in diese Pandemie reingestolpert, sondern wir hatten praktisch eh nichts vor. Trotzdem ist diese ganze Zeit natürlich für uns und auch für unsere Crew heftig gewesen. Wir haben als allererstes ein Live Album rausgebracht und die Erlöse davon gingen an unsere Crew. Dann haben wir das Buch geschrieben und konnten die Zeit auch noch dazu nutzen, es fertigzustellen und rauszubringen. Wir haben dann zwei, drei Lese-Konzerte gespielt und relativ schnell gemerkt, dass Kino-Konzerte und sowas nichts für uns ist, und deswegen haben wir einfach mit den Hufen gescharrt und abgewartet. Und nebenbei waren wir immer mal wieder in Sessions, wann es ging und wann nicht mit den Restriktionen, in unserem Studio und haben das Album aufgenommen. Es hat alles ein bisschen gezogen, aber wir haben es dann letztendlich endlich geschafft. Und ich glaube, das ist mit allem, was da dranhängt, auf jeden Fall unser emotionales Album.

bonnFM: Warum das?

Jan-Dirk: Weil da so viel darin steckt. Es war eine sehr schwierige Zeit, die wir versucht haben, positiv zu nutzen. Es ist in der Zeit auch viel passiert, was uns persönlich nahe gegangen ist und auch deswegen haben wir versucht, trotz der ganzen Scheiße ein sehr positives Album zu machen, das uns sehr am Herzen liegt. Deswegen sind wir umso stolzer, dass wir es heute hier so präsentieren konnten.

bonnFM: Ihr habt euch ja auch, als ihr das Buch geschrieben habt viel zurückerinnern müssen, viele Kindheitsgeschichten auspacken müssen, Geschichten aus den Anfängen. Seid ihr da nostalgisch geworden?

Eike: Es tut schon echt gut, 25 Jahre Bandgeschichte noch mal selbst zu überdenken – was hat man erlebt? In wie viel Ländern war man, wen hat man überall kennengelernt, mit welchen Bands war man schon unterwegs? Das ist schon krass. Mein Vater hat das Buch auch gelesen und meinte, so viel wusste er ja gar nicht. (lacht)

Jan-Dirk: Das haben meine Eltern auch gesagt.

(Ingo kommt vorbei uns singt “Alles Lüüge” ins Mikro)

Eike: Das war der Sänger, der kann einfach nie das Maul halten (lacht).

Jan-Dirk: Nee kann er nicht, der muss einem immer ins Wort fallen, das alte Schweinchen. (lacht)

bonnFM: Ingo war ja auch heute der größte Bühnen-Kasper. Du bist aber auch ganz schön abgegangen, Eike. Wer von euch steht denn am meisten unter Strom auf der Bühne?

Eike: Das sind schon Ingo und unser Gitarrist Guido. Die beiden sind auf der Bühne immer auf 1000, das ist echt heftig.

Jan-Dirk: Die sind dann auch nicht mehr ansprechbar, sondern wirklich weg im Tunnel. Nach der Show kannst du sie wieder ansprechen, aber während der Show ist da nix zu holen.

Eike: Jan-Dirk und ich, wir sind ja Bass und Schlagzeug. Wir müssen eh gut miteinander auskommen und wir haben auch Mikrofone, damit wir uns auf der Bühne unterhalten können. Dann quatschen wir manchmal eine Runde. Und die beiden Brüder haben wirklich ihren ganz eigenen Film, wir lachen einfach drüber und lassen die machen.

bonnFM: Guido hat ja mal während eines Interviews ein Crewmitglied tätowiert. Hat er auch Leute aus der Band tätowiert?

Jan-Dirk: Aus der Band noch nicht, aber aus der Crew wirklich schon fast alle. Vor allem tätowiert er Leute aus dem Publikum. Ich weiß gar nicht, wann das losging. Irgendwann hat wollte Guido mal das T-Shirt von jemandem haben. Der meinte dann ‘Wenn du mein Shirt kriegst, krieg ich ne Tätowierung von dir’, und weil an dem Tag zufällig ein Tätowierer da war, ein Freund von uns, haben wir das dann gemacht. Das haben die Leute irgendwie spitz gekriegt, und jetzt ist immer mal wieder ein Tätowierer mit dabei und irgendjemand wird von Guido tätowiert. (…) Guido hat dann die Maschine in der Hand, aber er hat die Situation nicht im Griff.

Eike: Die Leute wissen, worauf sie sich einlassen. Hoffentlich. (beide lachen)

bonnFM: Du wohnst ja in Köln, Eike. Bist du auch mal in Bonn unterwegs?

Eike: Ich wäre gerne öfter in Bonn, weil ich mir immer denke „Ey, das ist ja voll schön hier“, wenn ich mal da bin. Ich hab auch ein paar Freunde die da leben, wir machen auch manchmal mit der Familie einen Ausflug Richtung Drachenfels oder in die Bonner Innenstadt. Da gibt es auch das BaseCamp Bonn, einen Indoor Campingplatz, der ist richtig geil, wo Wohnmobile und ein ganzer Zug mit Schlafwagen in einer großen Halle stehen. Also die Bonner Innenstadt ist gegenüber der Kölner Innenstadt auf jeden Fall viel schöner. Und auf dem KUNST!RASEN sind ja auch immer geile Bands.

bonnFM: Jetzt geht es mal um unsere Hörer:innen – Habt ihr einen Lebenstipp für junge Leute Anfang Mitte Zwanzig? Aber nicht das typische „Folge deinem Herzen“, das hört man ja immer schon.

Jan-Dirk: Ich glaube, man muss eigentlich genau in dem Alter mal abwarten und cool bleiben. Letztendlich kannst du noch so viel planen und tun, aber wir als Band haben gemerkt, und das ist seit so vielen Jahren unser Credo: Vergiss die Planerei, es kommt eh alles anders. Und gerade jetzt in Zeiten von Pandemie und Krieg und was nicht allem hätte ich mir vor zwei Jahren niemals vorstellen können, was heute für eine Welt ist. Also fahrt doch alle mal wieder Fuffzig, schaltet ‘nen Gang zurück – Et kütt wie et kütt.

bonnFM: Als letztes hätte ich gern eure Tipps für Must-See-Acts beim Rock Am Ring.

Jan-Dirk: Ich bin am Freitag super gespannt auf Måneskin, weil die für ihr junges Alter einen sehr altbackenen Musikstil haben, was ich sehr spannend finde.

Eike: Ich muss echt sagen, Jan Delay und Disko No. 1 gucke ich mir immer wieder gerne an. Der Schlagzeuger ist super, die Band ist super, da ist immer ne gute Stimmung.

Jan-Dirk: Ich muss es einfach sagen: Muse. Muse ist eine unfassbare Band mit einem übrigens un, un, unfassbaren Bassisten. Das ist unglaublich, was der kann und spielt und dabei noch so unaufgeregt ist.

Eike: Am Sonntag auf jeden Fall Billy Talent angucken, mit denen haben wir eine super geile Europa Tour gemacht vor vielen Jahren, das war der Wahnsinn. Das sind mega nette Jungs und es ballert eh tierisch.

Jan-Dirk: Und dann natürlich, das ist ja auch kein Geheimnis, die Beatsteaks. Wer sich die Beatsteaks nicht anguckt, ist einfach hohl.