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bild: bonnFM

Ich fühle mich in meiner Nische sehr wohl – Tom Gaebel im Interview

Lesezeit: 4 Minuten

Am 16.11. ging Quatschkeineoper in die nächste Runde, dieses mal mit dem Swingsänger Tom Gaebel. Wir haben mit „Dr. Swing“ über alte und neue Musik, Auftritte für russiche Oligarchen und die Weihnachtszeit geredet.

Weihnachtszeit ist Swing-Zeit. Die Musikrichtung, die in den 30ern durch Größen wie Frank Sinatra sehr bekannt wurde, erlebt in den Wintermonaten jährlich ein großes Comeback. Doch Tom Gaebels Leben dreht sich das ganze Jahr um Swing. Zwar steigt im November und Dezember die Zahl der Konzerte, aber er arbeitet das ganze Jahr an seiner Musik. Bald erscheint auch passend zu den Feiertagen seine neue Single „Swinging Christmas“.

Obwohl er Weihnachten liebt, kommt er leider selten dazu, diese Zeit auch zu nutzen. Für Weihnachtsmärkte oder Sightseeingtouren ist da  meistens keine Zeit. „Das ist natürlich das Los des Musikers und das macht uns auch riesig viel Spaß“. Das ganz private Geschenk für Tom ist dann, dass die Zuhörer um Weihnachten herum besonders motiviert mitswingen. Er selbst muss sich aber auch motivieren, fit zu bleiben, da das Jetsetten zwischen Konzerten doch sehr anstrengend wird. Neben den Bundespräsidenten, für die er schon gespielt hat, wurde er nun auch für einen Auftritt in Moskau gebucht. „Das sind sehr reiche Leute, die sich nur das Feinste vom Feinen leisten und sie wünschen sich einen Auftritt von Tom Gaebel and his Orchestra.“ Swing ist also auch international noch sehr gefragt, das Internet schlägt dann die digitale Brücke zwischen Russland und Deutschland.

„Ich bewege mich in der Nische und fühle mich da sehr wohl“

Swing hört man natürlich nicht in den Charts. Dass die Musikrichtung speziell ist, sieht Tom als eine Chance um sich in seiner Nische ganz frei auszuleben. Doch es ist auch nicht so einfach, Swing zu produzieren. „Viel Musik heutzutage wird ja am Computer gemacht […] diese Art Musik aufzunehmen, wie ich das mache […], das gibts heute kaum noch.“ Tom ist also kein großer Fan von der modernen Methode, Musik zu machen. Er selbst nimmt mit einem Orchester auf, dafür braucht man schonmal andere Räumlichkeiten, als der neue Megahit, der mit einem Mac und Fruityloops produziert wurde. „Der normale Hörer weiß gar nicht, wie leicht es ist, teilweise so hippe Sounds zu machen. Deswegen machen natürlich auch immer mehr Leute Musik, die eigentlich nicht so richtig Ahnung haben […]“ Bewerten möchte Tom das nicht, denn Musik ist ja immer subjektiv und natürlich finden auch Musiker ohne eine Ausbildung eine Hörerschaft. Doch Swing bedeutet Chor, Streicher, Big Band und natürlich den gewissen Flair, der auch bald in der Bonner Oper verbreitet wird. Dass Swing mit der Zeit aussterben könnte, denkt Tom nicht. „Das Gute bleibt, das Schlecht vergeht, deswegen wird Swing auch immer bleiben“ sagt er mit Selbstbewusstsein. Man merkt wirklich, dass dieser Mann seine Musikrichtung tief in sein Herz geschlossen hat.

Privat hört er aber nicht nur Swing, sondern hauptsächlich ältere Songs, beispielsweise von Queen. Da viele Lieder des zwanzigsten Jahrhunderts momentan wieder Aufschwung erfahren, liegt er damit auch voll im Trend. Trotzdem hat Tom auch mit Fanta 4 ihren Song „Hitisn“ neu interpretiert, er wagt sich also auch in andere Genres herein.

„You love me, I love you, dabadee dabadoo“

Als ich Toms Album gehört habe, bekam ich sofort gute Laune. Songs wie „A Perfect Day“ oder „It‘s a good life“ lassen nicht darauf schließen, dass es in unserer Gesellschaft Probleme gibt. „Grundsätzlich habe ich eher einen locker leichten Blick, nicht nur auf die Musik, sondern auch auf das Leben“. Diese lebensbejahende Einstellung möchte Tom auch an seine Hörer weitergeben. Dies schafft er aber nicht mit politischen Songs, sondern dadurch, dass er seine Hörer glücklich stimmt. „Es ist draußen kalt, es ist kurz davor, nass zu sein, ich bin durchgefroren – da möchte man doch ein bisschen fröhliche Musik hören“ Und vielleicht ist gerade das auch der Grund, aus dem Swing an Weihnachten die Hochzeit erlebt. Einen Song über Wut oder Hass zu schreiben wäre im Swing gar nicht wirklich möglich – es geht meistens um die Liebe. Und Liebe ist ja auch ein Thema, das niemals die Aktualität verlieren wird. „Es geht natürlich auch darum, wie etwas gesagt wird, nicht immer nur ‚You love me, I love you, dabadee dabadoo’…nächstes Jahr kommt die Single raus!“ scherzt er am Ende. Seine Texte stehen oft auch im Hintergrund, da beim Swing eher die Melodie zum Tragen kommt. Manchmal braucht man aber auch gar keinen eigenen Text, sondern die Songs sind Swing-Versionen von bekannten Liedern. So hat Tom beispielsweise auf seinem letzten Album „Eye of the Tiger“ in ein hard-swingendes Stück verwandelt. Er erklärt, dass es früher viel üblicher war, auch Songs anderer Künstler zu covern, einfach weil man Lust hatte, sie zu singen. „Ich entscheide sowas nur nach dem, was mir Spaß macht“. Auch diesen Song dürfen die Zuhörer in der Oper belauschen.

Quatsch in der Oper

Tom ist aber nicht nur ein begabter Sänger, sondern auch Entertainer. Er hat schon mit seinem Bruder, Colin Gäbel von den RocketBeans, witzige Videos produziert und plant, dies auch weiterhin zu tun, wenn es sich ergibt. Auch auf seinem Instagramkanal, den er nicht mit Selfies überströmt, gibt es unterhaltsamen Content. Unter anderem aus diesem Grund ist er auch zu Gast bei „Quatsch keine Oper“. „Ich liebe an dieser Nische, dass man so viel Spaß zwischendurch machen kann. Da gibt’s natürlich kleine Showeinlagen“. Die Zuschauer erwarten Anekdoten, Soli und allerlei Spielereien, die nur im locker-leichten Swing möglich sind. Trotz Smoking und Fliege soll der Abend im Pantheon nämlich nicht zu steif, sondern ein Spaß für alle sein.