Was haben ein melancholischer Matrose und zwei Cellisten gemeinsam? Sie erschaffen einmalige Kunst. Die Bonner Stummfilmtage finden zum 39. Mal statt und kreieren durch Live-Musik und Film im Arkadenhof der Uni Bonn eine besondere Atmosphäre.
Paul Rittel und Tobias Stutz sitzen in den Startlöchern. Die beiden Cellisten kennen den Film, der vor ihren und den Augen des Publikums im Arkadenhof langsam beginnt. Sie haben sich mehrmals getroffen und an der Filmmusik gefeilt, die sie anfangen zu spielen. Der Stummfilm L’Invitation Au Voyage (Einladung zu einer Reise) handelt von einer Begegnung zwischen einer verheirateten Frau und einem Matrosen. Ein Film über die Liebe, über Fantasien und Tagträume. Die Cellisten wissen genau, wie sie den Film in Szene setzen müssen, ihr Spiel reicht von Seemanns Musik zu Céline Dions unvergesslichen My Heart Will Go On. Das Publikum hört gebannt zu, während sie den Figuren auf der Leinwand zusehen.
Dass es zu diesem Moment kommt, verdanken die Zuschauer*innen dem Förderverein Filmkultur. Die Vorsitzende Sigrid Limprecht schätzt, dass etwa 100 Filme während der Vorbereitungen gesichtet wurden. Dabei ist es besonders wichtig, dass die Filme Aktualität haben. Um die neusten Restaurationen zu erhalten, wurden Archive auf der ganzen Welt zu Rate gezogen. Und um die Abende abzurunden wurden alle Musiker*innen persönlich ausgewählt und den Filmen zugeteilt. Auch das Cellisten-Duo Cellophon, das aus Paul Rittel und Tobias Stutz besteht, wurde von Sigrid Limprecht auserkoren um L’Invitation Au Voyage zu begleitet.
„Das ist jeweils eine Premiere vom Zusammenspiel von zwei Elementen.“ – Sigrid Limprecht
Cellophon hat sich zwar vorher Gedanken gemacht, welche musikalischen Themen sie aufnehmen, sie lassen sich jedoch die Freiheit zu improvisieren. Gelegentlich gibt es Pausen im Spiel der Cellisten, weil sie sich neu am Film orientieren und der Stimmung anpassen. Wohl deshalb gibt es zum Abschluss des Abends tosenden Applaus – obwohl der Matrose und seine Herzensdame nicht zusammenkommen.