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Foto: Katharina Sterl

Karnevalskonzerte in Bonn: „Ist da einer? Hier sind viele!”

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Karneval feiern und Corona-Pandemie wirken erstmal wie zwei gegensätzliche Dinge. Die Karnevalskonzerte von BonnLive in Festzelten und auf Bierbänken versuchen jetzt, diese Gegensätze zu vereinen. Der Samstagabend stand auf jeden Fall unter dem Motto „Kumm mer lääve, bevür mer stirve, als wär das hück der letzte Daach“.

Open-Air Konzerte mit Dach

Es ist der erste ausverkaufte Abend bei den Bonner Karnevalskonzerten und die Stimmung der hereinströmenden Meerjungfrauen, Ritter, Aliens, Wölfen und Kölner FC-Fans ist von Beginn an ausgelassen. Insgesamt 42 Karnevalskonzerte stellt BonnLive im Februar auf die Beine, 21 jeweils in Köln und Bonn. Das Konzept ist angelehnt an den Bonner Kulturgarten im Sommer: Besucher*innen können sich Bierparzellen buchen und dort gemeinsam tanzen, singen, feiern und essen und (Bier) trinken.  „Ich nenne es immer Open-Air mit Dach“ sagt Julian Reininger, Geschäftsführer der Bonner Eventagentur fünfdrei, die die BonnLive Konzerte auf die Beine gestellt hat. Alles ist überdacht unter einem riesigen Festzelt, aber die Seitenwände bleiben weitestgehend geöffnet. Wer von der eigenen Bank aufsteht, trägt eine Maske und auf dem Gelände herrscht die 2G Regel. Innerhalb der Bänke wird aber geschunkelt, als sei Corona noch immer nur ein Bier. „Wir sind froh, unseren kleinen Beitrag leisten zu können, dass die Leute ein bisschen leicht und frei sein können“ sagt Julian Reininger. Sie wollten Veranstaltungen mit ähnlich guter Stimmung und Leichtigkeit erschaffen wie im Sommer im Kulturgarten und nicht wie im letzten Jahr auf das Konzept der Autokonzerte zurückgreifen. Julian Reininger betont, wie gewissenhaft sie sich in der Planung und Umsetzung an die Corona-Schutzmaßnahmen halten. Sicherheit für alle ginge vor, doch Spaß dürfe man trotzdem noch haben. Die Konzertreihe geht noch bis zum 28. Februar und für die meisten Abende sind noch Karten verfügbar.

Der Abend beginnt

Den Auftakt am heutigen Abend macht Björn Heuser und während er „Mein Stammbaum“ covert trudeln die letzten Gäste ein. Kurz vorher wurde verkündet, dass die neuen Corona-Maßnahmen es jetzt erlauben, auch zu tanzen und von den Bierbänken aufzustehen, was die Stimmung weiter anheizt. Danach singen Klüngelköpp ihren neuen Song „Straßenjunge“, in der Bridge gendern sie ganz woke und adressieren auch alle „Straßenmäädsche“. Generell steht der ganze Abend auch unter dem Zeichen der Liebe: „Ihr seid die schönsten Menschen der Welt“ ruft uns Mo Torres zu, kurz bevor sie „Liebe deine Stadt“ singen. Überall um uns herum wird geschunkelt und getanzt und gestrahlt. „Seid sexy und lieb“ fordert uns Cat Ballou auf und singen in ihrem neuen Song „Oh wie schön, dich widder laache zu sinn“ und Nico Jansen, der Moderator des Abends ruft „Das ist too wholesome“, als ein verlorener Personalausweis abgegeben wird und zu seinem Eigentümer zurückfindet. Den Abschluss machen an diesem Abend Kasalla, die mit ihrem Hit „Kumm mer lääve“ starten und damit die Stimmung auf den Punkt bringen: alle im Zelt sehnen sich nach Leichtigkeit und Nähe und Wärme und zumindest für diesen Abend ist es all das auch: warm, trotz eisigem Wind, der durch die Zeltwand kommt, nah trotz der eingeteilten Parzellen und leicht, weil die Musik alles vergessen lässt. Auch, dass man zwischen den Parzellen beim Bierholen die Maske tragen sollte.

Besucher*innen schwelgen im Glück

Ausnahmslos alle, die um uns herum schunkeln und feiern und mit denen wir nach dem Konzert sprechen sind voller Glückseligkeit. „Wir sind ja schon froh, dass wir überhaupt feiern können, dieses Jahr“, sagt der Mann in der Parzelle neben uns, der als Karnevalsprinz verkleidet ist. „Das hier ist ja unsere Identität und dass das doch möglich ist, macht uns so glücklich“. Das scheint auch der Konsens zu sein: Ein weiteres Jahr ohne Karneval scheint undenkbar. Die Karnevalskonzerte sind zumindest ein kleiner Trost für ausgefallene Karnevalszüge und Auftritte. Zwei Mitglieder von der Tanzgarde erzählen von ihrem Frust, dass sie nicht auftreten können, aber von der Erleichterung, wenigstens ein wenig Karneval im Leben haben zu können. „Wir suchen uns jetzt noch eine Kneipe, der Abend kann ja hier noch nicht zu Ende sein“, erzählt uns eine Frauengruppe. Alle, die wollen, könnten sich ihnen anschließen. Darum ginge es ja auch im Karneval.

Ungewohnt schöner Abend

Der Abend endet mit einem leicht mulmigen Gefühl, weil so viele Menschen auf einem Punkt und so eine ausgelassene Stimmung, doch ungewohnt sind nach all der Zeit. Die Besucher*innen versichern uns jedoch, sie hätten sich sehr sicher gefühlt. Aber auch ein warmes Gefühl bleibt: Karneval zu feiern ist für viele ja auch ein Gefühl des nach Hause Kommens und der Abend gibt Gewissheit, dass dieses Gefühl wieder eintreten wird, sobald die Zeit dafür reif ist. Wie Kasalla ganz passend in ihrer Zugabe singen: „Mer sinn immer noch do, weil ma su schnell nit kapott jeht und weil die Sonn immer wodder op jeht, drink mit mit op dich un mich und en neues Johr“. Und damit Prost.